OGH 1Ob65/61

OGH1Ob65/6122.2.1961

SZ 34/23

Normen

ABGB §469a
ABGB §469a

 

Spruch:

Wirkung der im Grundbuch nicht angemerkten Löschungsverpflichtung nach § 469a ABGB.

Entscheidung vom 22. Februar 1961, 1 Ob 65/61.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Im Lastenblatt der Bergliegenschaft EZ. 116 KG. H. des Bergbuches, deren Eigentümerin die Beklagte ist, wurde unter PZ. 25 zugunsten des Bankhauses K. im Rang der Anmerkung PZ. 22 das Pfandrecht für einen Kredit im Höchstbetrag von 2.000.000 S und eine Nebengebührenkaution von 400.000 S einverleibt. Im Rang nach diesem Pfandrecht ist für den Kläger die Reallast des laufenden Förderzinses nach Inhalt und Maßgabe der Bestimmungen des § 6 des zwischen den Streitteilen am 9. Dezember 1957 geschlossenen Aufschließungs- und Abbauvertrages einverleibt. Die Beklagte verpflichtete sich sodann in der Vereinbarung vom 17. Jänner 1958, nach Abdeckung des Kredites des Bankhauses K. die Löschung der Pfandrechtseinverleibung zu beantragen und den dem angeführten Bankhaus eingeräumten ersten Satz nach restloser oder teilweiser Abdeckung des Kredites für keine anderweitige Geldbeschaffung auszunützen. Diese Verpflichtung der Beklagten ist im Bergbuch bei der Hypothek des Bankhauses K. nicht angemerkt worden (§ 469a ABGB.). Der vom Bankhaus gegebene Kredit, ist unterdessen abgedeckt und vom Gläubiger eine Löschungsquittung ausgestellt worden. Der Kläger stellt deshalb das Klagebegehren, die Beklagte habe die Löschung des für das Bankhaus K. einverleibten Pfandrechtes und der zugrunde liegenden Ranganmerkung zu bewirken. Die Beklagte wendet dagegen ein, daß von einer Rückzahlung des Kredites im Sinne der getroffenen Abmachung keine Rede sei, weil ein anderer Kreditgeber, die A.-Bank, den Kredit zu günstigeren Bedingungen lediglich übernommen habe. Der Kläger könne daher die Löschung der für das Bankhaus K. einverleibten Hypothek nicht verlangen. Ein Konvertierungsverbot sei nicht vereinbart worden. Eine solche Abmachung wäre außerdem sittenwidrig, schikanös und daher nichtig.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte fest, daß der vom Bankhaus K. gewährte Kredit vollständig zurückgezahlt worden sei. Die A.-Bank habe die Kreditsumme auf 4 Mill. S erhöht, und die Beklagte habe die erste Pfandstelle, die ursprünglich dem Bankhaus K. zur Verfügung gestanden sei, der A.-Bank eingeräumt. Diese Bank habe für die Beklagte den Kredit an das Bankhaus K. zurückgezahlt. In der schriftlichen Erklärung vom 17. Jänner 1958 habe sich die Beklagte dem Kläger gegenüber bedingungslos zur Löschung der Hypothek des Bankhauses K. verpflichtet. Es sei ihr nicht das Recht zugestanden, die Rangstelle für eine anderweitige Geldbeschaffung auszunützen. Trotzdem habe die Klage abgewiesen werden müssen, weil die Löschungsverpflichtung der Beklagten entgegen der Vorschrift des § 469a ABGB. im Bergbuch nicht angemerkt worden sei, so daß die Beklagte mangels dinglicher Wirkung der Verpflichtung befugt sei, über den Pfandrang zu verfügen. Die Beklagte wäre nach der Meinung des Erstgerichtes dem Kläger gegenüber nur verpflichtet, Schadenersatz zu leisten.

Infolge Berufung des Klägers hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht vertrat im Gegensatz zum Erstgericht die Meinung, daß die Beklagte auf Grund ihrer mit dem Kläger getroffenen Vereinbarung vom 17. Jänner 1958 obligatorisch zur Löschung der Hypothek verpflichtet sei. Das Fehlen der im § 469a ABGB. vorgesehenen Anmerkung habe auf die obligatorischen Beziehungen der Streitteile keinen Einfluß und beziehe sich nur auf die Wirkung einem vertragswidrigen Übertragung des Pfandranges auf einen gutgläubigen Dritten. Solange aber - wie im vorliegenden Fall - Rechte eines Dritten aus dein Bergbuch nicht ersichtlich seien, müsse die Löschungsverpflichtung erfüllt werden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Beklagte beruft sich auf den Wortlaut des zweiten Satzes des § 469a ABGB., wonach derjenige, der sich einem anderen gegenüber zur Löschung einer bestimmten Hypothek verpflichtet hat, über die Hypothek nicht verfügen könne, wenn diese Verpflichtung im öffentlichen Buch bei der Hypothek angemerkt ist. Der Umkehrschluß, den die Beklagte aus dieser gesetzlichen Bestimmung zieht, ist insofern richtig, als der zur Löschung Verpflichtete über die Hypothek verfügen kann, wenn die Anmerkung unterblieben ist. Beide Rechtsfolgen beziehen sich aber nicht auf das obligatorische Verhältnis der Vertragsparteien, sondern nur darauf, daß der Vertragsbrüchige nach außen das Verfügungsrecht wirksam ausüben kann, daß also beim Fehlen einer Anmerkung im öffentlichen Buch ein Dritter die Rechte aus der Übertragung des Pfandranges trotz des Vertragsbruches geltend machen kann (so auch Klang, Bemerkungen zu den sachenrechtlichen Bestimmungen der Zivilnovellen, S. 157; Klang

2. Aufl. II 535; Hendel, Die Verfügung des Eigentümers über die Hypothek, S. 116 f.; Ehrenzweig 2. Aufl. I/2 S. 478; Schey, Verfügung des Eigentümers über die Hypothek, GerZ. 1916 S. 212; Eisner, Das Verfügungsrecht des Eigentümers über die Hypothek nach der III. TN., GerZ. 1917 S. 135). Diese Auslegung des Gesetzes, der auch das Berufungsgericht gefolgt ist, drängt sich deshalb auf, weil Anmerkungen im öffentlichen Buch grundsätzlich nicht dazu dienen, vertragliche Beziehungen existent werden zu lassen, sondern den Zweck haben, rechtliche Verhältnisse Dritten kundzumachen, damit sie außerstande gesetzt werden, gutgläubig bücherliche Rechte zu erwerben, die diesen rechtlichen Verhältnissen widerstreiten (vgl. § 20 GBG. 1955).

Das Argument der Beklagten, der Berechtigte könne, solange die Anmerkung im öffentlichen Buch nicht eingetragen sei, den zur Löschung Verpflichteten an der Ausübung des Verfügungsrechtes nicht hindern, krankt - abgesehen von der unrichtigen Auslegung des zweiten Satzes des § 469a ABGB. - noch an einem weiteren Mangel. Wenn dies wirklich der Fall wäre, müßte nämlich davon gesprochen werden, daß die obligatorische Verpflichtung zur Löschung von der Anmerkung dieser Verpflichtung im öffentlichen Buch abhinge und überhaupt erst nach der Eintragung der Anmerkung entstunde. Eine Löschungsverpflichtung hätte daher vor der Anmerkung keine Wirkung, und eine Übertretung dieser unwirksamen Verpflichtung könnte nicht zum Schadenersatz verpflichten. So weit geht aber auch die Beklagte nicht, die ihre Verpflichtung zum Schadenersatz nicht bestreitet, sondern nur meint, zur Erfüllung ihrer Löschungsverpflichtung nicht verbunden zu sein. Überhaupt ist der Standpunkt der Beklagten schon deshalb nicht haltbar, weil obligatorische Ansprüche in erster Linie zu erfüllen sind und das Ausweichen auf den Schadenersatz nur dann möglich ist, wenn nicht erfüllt werden kann. Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu, weil das Verfügungsrecht der Beklagten im Bergbuch bisher nicht ausgeübt worden ist. Auf interne, im Bergbuch nicht eingetragene Abmachungen kann es nicht ankommen, da nur durch das Entstehen des dinglichen Rechtes eines Dritten die begehrte Pfandrechtslöschung unmöglich werden könnte.

Was die Beklagte weiters in der Richtung vorbringt, daß der Hypothekarschuldner davor geschützt werden müsse, an der Konvertierung drückender Verbindlichkeiten gehindert zu werden, ist nicht überzeugend. Jeder Schuldner muß vor der Unterfertigung des Schuldscheines (hier: der separaten Verpflichtung vom 17. Jänner 1958) die Vertragsbestimmungen überprüfen. Unterläßt er es, so hat er spätere Überraschungen sich selbst zuzuschreiben. Keinesfalls trifft die Ansicht der Beklagten zu, daß bei der Anwendung des § 469a ABGB. unter allen Umständen der Schuldner berücksichtigt werden müsse. Denn es kann ein bedeutendes Interesse des Berechtigten an der Löschung der seinem Recht vorausgehenden, bezahlten Hypothek vorliegen, weil er durch sie einen besseren Rang im öffentlichen Buch erlangt.

Bei dieser Rechtslage mußte der erstgerichtliche Beschluß aufgehoben werden, da das Erstgericht zu den weiteren Einwendungen der Beklagten nur nebenbei, aber nicht erschöpfend Stellung genommen hat. Mit Rücksicht darauf kann beim jetzigen Stand des Verfahrens auf diese weiteren, nicht von vornherein abzulehnenden Einwendungen und auf die Stellungnahme des Berufungsgerichtes zu ihnen noch nicht eingegangen werden.

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