OGH 1Ob276/60

OGH1Ob276/6025.1.1961

SZ 34/12

Normen

Handelsvertretergesetz §6
Handelsvertretergesetz §29
Handelsvertretergesetz §6
Handelsvertretergesetz §29

 

Spruch:

Durch die bloße Namhaftmachung eines Vermittlers wird auch bei Geschäftsabschluß noch kein Provisionsanspruch begrundet.

Entscheidung vom 25. Jänner 1961, 1 Ob 276/60.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger begehrte von der Beklagten eine Provision von 23.365 S 50 g samt 5% Zinsen seit 23. Oktober 1958, weil er ihr einen Kunden namens J., den Inhaber der Firma S. in New York, vermittelt und dieser der Beklagten den Auftrag zur Lieferung von Waren im Wert von mehr als 18.000 S erteilt habe. Es seien auch weitere Geschäfte mit J. getätigt worden, jedoch so, daß die Lieferungen nicht mehr an J., sondern an andere Firmen adressiert worden seien. Tatsächlich habe die Beklagte mit J. Geschäfte um mehr als 100.000 $ abgeschlossen, weshalb sich der Kläger das Recht entsprechender Erweiterung der Klage vorbehalte. Das Geschäft um 18.000 $ sei nicht nur geliefert, sondern auch schon bezahlt. Mit der Beklagten habe der Kläger vereinbart, daß ihm 5% vom Kaufpreis als Provision von der Beklagten bezahlt würden, wenn es zu Geschäftsabschlüssen mit dem Kunden J. käme.

Die Beklagte wendete ein, daß der Kläger keinen Verkaufsabschluß zwischen ihr und einem Käufer ihrer Waren vermittelt habe. Dem Kläger sei gleich zur Kenntnis gebracht worden, daß für die Beklagte im Ausland nur Selbstkäufer in Betracht kämen, ferner daß in den Warenlistenpreisen der Beklagten eine 5%ige Provision für einen Vermittler einkalkuliert sei und diese nur dann einem Vermittler gezahlt werden könne, wenn der Käufer schlußbrieflich den Listenpreis zahle, und schließlich, daß die Beklagte nur Kaufabschlüsse und Auslieferungen von Waren gegen "letter of credit" durchführe. Der Kläger sei mit diesen Bedingungen einverstanden gewesen und habe als USA-Selbstkaufinteressenten den in der Klage angeführten J. genannt. Später habe es sich herausgestellt, daß der Kläger in der Person des J. nicht einen Kaufinteressenten für Kaschmirstoffe, sondern nur einen Handelsagenten empfohlen habe. J. sei nur bemüht gewesen, die Alleinvertretungen der Produkte der Beklagten für die USA. zu erhalten. Der Klageanspruch grunde sich auf einen behaupteten Auftrag des J. zur Lieferung von Waren im Wert von mehr als 18.000 $, der den Kläger zu einer 5%igen Provision berechtigen solle. Dieser Provisionsanspruch bestehe weder dem Grund noch der Höhe nach gegen die Beklagte zu Recht. J. habe gegen Mitte April 1958 der Beklagten bekanntgegeben, daß eine Firma L. in den USA. Interesse am Ankauf von Kaschmirstoffen der Beklagten habe, jedoch keineswegs ein Verkaufsabschluß auf der Grundlage der Listenpreise der Beklagten in Frage komme. J. sei ausdrücklich aufmerksam gemacht worden, daß sich die Beklagte absprachegemäß nur unter der Bedingung verpflichte, einem Vermittler Provision zu bezahlen, wenn der Kaufabschluß zum Listenpreis erfolge. J. habe schließlich mit der schon genannten US-Firma den Kaufabschluß von Waren im Wert von 18.000 $ nur unter selbstlosem Verzicht auf jedwede Provision und unter der ausdrücklichen Versicherung, daß der den Kaufabschluß als Vertreter zur Einführung dringend benötige, erreicht. Da der Listenpreis im Schlußbrief weit untersetzt gewesen sei, habe es sich für die Beklagte um ein Verlustgeschäft gehandelt. Die Beklagte habe es immer abgelehnt, einen Anspruch auf Provision demjenigen gegenüber anzuerkennen, der einen Dritten bloß namhaft mache.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte u. a. fest:

Die Beklagte suchte für ihre Ware (Kaschmirstoffe) Exportmöglichkeiten in die USA. Daraus ergab sich die geschäftliche Fühlungnahme zwischen den Streitteilen. Der Kläger erbot sich, einen Absatz der Ware im Ausland zu vermitteln. Er unternahm zunächst den Versuch, mit der Londoner Firma A. ein Geschäft zustandezubringen, wofür ihm eine Provision von 5% zugesagt worden war. Nach Mitteilung der Beklagten an den Kläger war die Provision in den Listenpreisen einkalkuliert. Dem Kläger war von der Beklagten auch erklärt worden, daß nicht gegen Kredit, sondern nur gegen Akkreditiv verkauft werde. Was zu geschehen habe, wenn nicht zum Listenpreis verkauft werde, ist nicht vereinbart worden. Ebensowenig war vereinbart worden, daß nur ein Verkauf an einen Selbstkäufer in Frage komme. Das vom Kläger versuchte Geschäft mit der Londoner Firma kam nicht zustande. Im April 1958 kundigte der Kläger der Beklagten fernmündlich einen Interessenten aus New York an. Hiebei fragte er ausdrücklich, ob die für das Londoner Geschäft vereinbart gewesenen Bedingungen noch in Geltung stunden, welche Frage die Beklagte bejahte. Als der Interessent J. in Wien eintraf, stellte es sich heraus, daß er nur Agent sei. Durch seine Vermittlung kam schließlich ein Verkauf an eine Fa. L. um insgesamt etwa 18.000 $ zustande, jedoch statt zum Listenpreis von 12.67 $ nur mit 10.40 $ je Yard. Da es sich um ein Einführungsgeschäft handelte, verzichtete J. auf Provision. Die Käuferin bezahlte mit Akkreditiv.

Der Kläger, so argumentierte das Erstgericht, könnte nur dann eine Provision verlangen, wenn er unmittelbar ein Geschäft vermittelt hätte. Der Vermittler, gleichgültig ob als ständiger Handelsagent oder nur im Einzelfall tätig (§ 29 HVG.), könne eine Provision nur dann fordern (§ 6 HVG.), wenn das Geschäft durch seine Tätigkeit zustande gekommen sei, wenn er also eine verdienstliche Tätigkeit entwickelt habe, durch die es zum Abschluß des Geschäftes gekommen sei. Da der Kläger nur den Namen J. genannt habe und in einem solchen Fall eine Provision nicht gebühre (§ 6 Abs. 4 HVG.), wäre daher an sich ein Provisionsanspruch des Klägers zu verneinen. Nach der Vereinbarung zwischen den Streitteilen sei allerdings anzunehmen, daß die Namhaftmachung des J. an die Beklagte genügt hätte und der Kläger nicht verpflichtet gewesen wäre, das Geschäft weiter zu bearbeiten. Der Wille der Parteien könne nur dahin gegangen sein, daß der Kläger auch ohne weitere Bearbeitung eine Provision hätte bekommen sollen, wenn durch seine Vermittlung ein Geschäft zustande gekommen wäre. Der Kläger habe nun aber der Beklagten nicht einen Käufer vermittelt, sondern einen Agenten. Nicht durch Vermittlung des Klägers mit dem Agenten sei ein Geschäft zustande gekommen, sondern der Agent habe erst ein Geschäft vermittelt. Die Tätigkeit des Agenten sei als eine Zwischenursache anzusehen, durch die das Geschäft mit der Fa. L. zustande gekommen sei. Dieses habe somit nicht der Kläger, sondern J. vermittelt. Dafür könne der Kläger keine Provision beanspruchen, wenn er auch J. mit der Beklagten zusammengebracht habe, da für die bloße Vermittlung eines Agenten Provision nicht verlangt werden könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Erstgerichtes nicht Folge.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Entgegen der Meinung des Revisionswerbers ist der Vorwurf irriger rechtlicher Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht nicht berechtigt. Der Kläger hat durch seine Tätigkeit das Geschäft zwischen der Beklagten und der Firma L. nicht zustande gebracht. Dies war vielmehr das Werk des J., der hier weder als Machthaber des Klägers noch der Firma L., sondern als selbständiger Vermittler tätig war. Der Kläger hat nie behauptet, daß ihm die Firma L. auch nur bekannt gewesen, geschweige denn, daß durch seine Vermittlungstätigkeit ein Kontakt zwischen der Beklagten und der genannten Firma hergestellt worden sei. Dem Handelsagenten und anderen Geschäftsvermittlern gebührt aber nur für jedes durch ihre Tätigkeit zustande gekommene Geschäft eine Provision (§§ 6 Abs. 1 und 29 HVG.). Durch die bloße Namhaftmachung eines Dritten, der selbst nur Vermittler sein wollte, mögen diesem Geschäfte auch gelingen, wird noch kein Provisionsanspruch begrundet. Eine Vereinbarung aber, die dem Kläger eine solche Möglichkeit eröffnen sollte, ist weder behauptet noch festgestellt. Der Oberste Gerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung die Ansicht vertreten, daß auch für die Nachweisungsprovision die Kausalitätstheorie gilt, die in den Worten des § 6 Abs. 1 HVG. "für jedes durch seine Tätigkeit zustande gekommene Geschäft" ihren Ausdruck gefunden hat (3 Ob 327/56, SZ. XVI 219, JBl. 1934 S. 13 u. a.). Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung ZBl. 1935 Nr. 245 aussprach, muß sich der Makler gefallen lassen, daß der Kunde auch einen zweiten Vermittler in Anspruch nimmt, ohne darauf reflektieren zu können, in die Verhandlung eingeschaltet zu werden (3 Ob 327/56).

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