OGH 5Ob453/60

OGH5Ob453/6011.1.1961

SZ 34/9

Normen

Lohnpfändungsgesetz §4
Lohnpfändungsgesetz §5
Lohnpfändungsgesetz §4
Lohnpfändungsgesetz §5

 

Spruch:

Nach dem Lohnpfändungsgesetz bedingt pfändbare Bezüge sind bei Berechnung des Freibetrages nach § 5 dieses Gesetzes zusammenzurechnen.

Entscheidung vom 11. Jänner 1961, 5 Ob 453/60.

I. Instanz: Bezirksgericht Raabs an der Thaya; II. Instanz:

Kreisgericht Krems.

Text

Der Kläger bezieht eine Blindenrente von 450 S und eine Elternrente von 471 S monatlich. Er übergab mit Leibrentenvertrag vom 6. Dezember 1951 der Beklagten die Hälfte der ihm gehörigen Liegenschaft gegen die Leistung eines Handgeldes in der Höhe des Gegenwertes von 60 kg landesüblichen Weizens (Erzeugerpreis) und gegen das Recht auf Betreuung gemäß Punkt 2 b) des Vertrages. Ungeachtet der von ihm im Punkt 4 des Vertrages übernommenen Verpflichtung, seine Liegenschaftsanteile ohne Zustimmung der Beklagten nicht zu veräußern, schloß der Kläger einen inhaltlich gleichlautenden Leibrentenvertrag mit Maria K. bezüglich der ihm verbliebenen Liegenschaftshälfte ab. Es steht also nach den erwähnten Verträgen dem Kläger sowohl das Handgeld, das in der Höhe von 150 S von den Parteien als dem Vertrag gemäß außer Streit gestellt wurde, als auch das Recht auf Betreuung gegenüber der Beklagten und gegenüber Maria K. zu. Mit der Behauptung, die Beklagte komme ihren Verpflichtungen aus dem Vertrag insofern nicht nach, als sie die ihr obliegende Wartung und Pflege nicht leiste, erklärte der Kläger den Rücktritt vom Vertrag und stellte den Urteilsantrag, der zwischen ihm und der Beklagten abgeschlossene Vertrag vom 6. Dezember 1951 sei aufgehoben und die Beklagte sei schuldig, ihm die übertragene Liegenschaftshälfte zu übergeben (C 151/56 = C 184/58 des BG. Raabs an der Thaya).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit Urteil vom 12. September 1957 ab. Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Der Oberste Gerichtshof behob jedoch mit Beschluß vom 10. Dezember 1958 diese Entscheidung und trug dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung auf. Der Oberste Gerichtshof vertrat den Standpunkt, daß der Vertrag vom 6. Dezember 1951 seinem Inhalt nach als bäuerliche Gutsübergabe anzusehen sei. Es liege ein auf Dauer gerichteter Vertrag vor. Bei einem solchen Vertrag sei aber die Partei, die selbst ihre Verbindlichkeit aus dem gegenseitigen Vertrag erfüllt habe, nicht berechtigt, nach § 918 ABGB. vom Vertrag zurückzutreten. Das Berufungsgericht bestätigte hierauf das oben erwähnte Ersturteil. Aus diesem Verfahren stehen der Beklagten gegen den Kläger mit Urteil zuerkannte Prozeßkosten in der Höhe von 3847 S 83 g zu.

Der Kläger begehrte nunmehr von der Beklagten die Zahlung der rückständigen Leibrentenforderung von monatlich 150 S ab Juni 1959 bis einschließlich Juni 1960, das sind zusammen 1950 S. Die Beklagte wendete eine Forderung von 3207 S 50 g ein, die ihr, wie sie behauptet, gegenüber dem Kläger aus dem Titel des Schadenersatzes zustehe. Sie machte ferner aufrechnungsweise die oben erwähnte Kostenforderung im Betrag von 3847 S 83 g geltend.

Das Erstgericht stellte fest, daß die eingeklagte Forderung mit dem Betrag von 1950 S zu Recht bestehe. Es erkannte ferner zu Recht, daß auch die Gegenforderung von 3847 S 83 g bis zur Höhe der Klageforderung zu Recht bestehe. Es wies demgemäß das Klagebegehren ab.

Das Ersturteil blieb in seinem Ausspruch über die Feststellung, daß die Klageforderung mit dem eingeklagten Betrag zu Recht bestehe, unangefochten. Im übrigen hob das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung und Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es setzte seinem Beschluß einen Rechtskraftvorbehalt bei.

Die Beklagte bekämpft den Beschluß des Berufungsgerichtes mit Rekurs.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten Folge und hob den Beschluß des Berufungsgerichtes auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 4 LohnpfändungsG. sind fortlaufende Einkünfte aus Ausgedingsverträgen nur nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften pfändbar, wenn die Exekution in das sonstige bewegliche Vermögen des Verpflichteten zu einer vollständigen Befriedigung des betreibenden Gläubigers nicht geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird, und wenn nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Art der vollstreckbaren Forderung und der Höhe der Bezüge, die Pfändung der Billigkeit entspricht. Nun beschwerte sich der Kläger in seiner Berufung darüber, daß bei der Berechnung des Freibetrages nach § 5 LohnpfändungsG. - das sind 500 S monatlich - das Erstgericht zu dem dem Kläger aus den Übergabsverträgen zustehenden Handgeld auch die Elternrente von 371 S und die Blindenrente von 450 S zugeschlagen habe. Der Kläger meint, daß dieser Vorgang gesetzwidrig sei. Der Oberste Gerichtshof vermag ihm hierin jedoch nicht zu folgen. Nach § 55 KOVG. 1957 ist die Zulässigkeit der Pfändung der nach diesem Bundesgesetz gebührenden Leistungen nach den Vorschriften des § 4 Abs. 1 und des § 6 LohnpfändungsG. zu beurteilen. Der Zweck des Lohnpfändungsgesetzes ist, dem Arbeitnehmer oder einer Person, die ihm gleichgestellt ist, aus den nur bedingt pfändbaren Bezügen einen pfändungsfreien Betrag von monatlich 500 S zu sichern. Es sind daher die Bezüge, die nach dem Lohnpfändungsgesetz bedingt pfändbar sind (§ 4 des Gesetzes), ebenso wie Arbeitseinkommen aus mehreren Dienstverhältnissen zusammenzurechnen.

Geht man von dieser Rechtsansicht aus, dann übersteigt bereits die Elternrente und das von Maria K. zu leistende Handgeld die Freigrenze von 500 S monatlich. Es ist daher zu untersuchen, ob nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Art der Forderung des Klägers auf Zahlung des Handgeldes und der Höhe seiner Bezüge, die Pfändung und damit die Aufrechnung mit den der Beklagten zustehenden Kostenforderungen der Billigkeit entspricht. Der Oberste Gerichtshof bejaht dies. Dem Kläger steht außer der Forderung auf Leistung eines Handgeldes gegen die Beklagte, mit der allein die Kostenforderung aufgerechnet wird, eine Forderung auf Zahlung eines Handgeldes in der gleichen Höhe gegen Maria K. zu. Er hat gegen beide Liegenschaftsübernehmerinnen einen Anspruch auf Betreuung. Darüber hinaus steht ihm ein Anspruch auf eine Blindenrente und auf eine Elternrente von zusammen 821 S zu. Bedenkt man nun, daß der Kläger von dem mit der Beklagten abgeschlossenen, Ausgedingscharakter tragenden, Leibrentenvertrag zurückgetreten ist und die Liegenschaften wieder zurückverlangt hat, in diesem Rechtsstreit aber im Hinblick auf den Standpunkt der Rechtsprechung, daß ihm ein Rücktrittsrecht nicht zustand, unterlegen ist, dann muß die Aufrechnung der aus dem erwähnten Rechtsstreit der Beklagten zustehenden Kostenforderungen mit dem dem Kläger aus dem Leibrentenvertrag zustehenden Anspruch auf Leistung eines Handgeldes als billig angesehen werden.

Daß der Kläger etwa sonst bewegliches Vermögen besitze, das zur Pfändung herangezogen werden könnte, wurde nicht behauptet. Es ist dies auch nicht anzunehmen, weil er ja außer den Gegenständen seines persönlichen Bedarfes alles, was er besaß, der Beklagten und der Maria K. übergeben hat.

Es kann daher dahingestellt bleiben, ob nicht die Aufrechnung mit den Kostenforderungen der Beklagten auch aus dem Gesichtspunkt zulässig ist, weil diese Forderungen mit den in der Klage geltend gemachten Forderungen des Klägers auf Leistung eines Handgeldes in rechtlichem Zusammenhang stehen (§ 293 Abs. 3 EO.; s. hiezu Gschnitzer in Klang 2. Aufl. VI 516; SZ. XXVI 200 u. a.). Aus diesen Erwägungen erweist sich die Sache im Sinne der Entscheidung des Erstgerichtes als spruchreif. Was den Spruch des Erstgerichtes anlangt, in dem die Aufrechnung mit Forderungen vorgenommen wird, über die bereits ein Exekutionstitel besteht, entspricht die Formulierung allerdings nicht den Auffassungen des Obersten Gerichtshofes (vgl. hiezu SZ. XVII 58, SZ. XXVI 54 und in letzter Zeit RiZ. 1960 S. 122). Darauf wurde schon im Berufungsurteil hingewiesen.

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