OGH 3Ob416/60

OGH3Ob416/6029.11.1960

SZ 33/132

Normen

ABGB §1063
EO §37
ABGB §1063
EO §37

 

Spruch:

Der Eigentumsvorbehalt bedarf keiner für Dritte sichtbaren Kennzeichnung.

Entscheidung vom 29. November 1960, 3 Ob 416/60.

I. Instanz: Exekutionsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Das Erstgericht sprach aus, daß die von der beklagten Partei gegen die verpflichtete Partei geführte Exekution hinsichtlich des unter PZ. 1 des Pfändungsprotokolles verzeichneten LKWs. unzulässig sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige.

Festgestellt ist folgender Sachverhalt: Am 24. Juni 1958 verkaufte die klagende Partei den in ihrem, auch von der beklagten Partei für diesen Zeitpunkt nicht bestrittenen, Eigentum stehenden LKW. um den Preis von 155.000 S an die Fa. A. Es wurde vereinbart, daß der am gleichen Tag ausgelieferte Kraftwagen bis zur Auszahlung des Kaufpreises Eigentum der klagenden Partei bleibe. Vom vereinbarten Kaufpreis ist bis jetzt noch ein Rest von 24.387 S nicht bezahlt. Ein Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt wurde nicht festgestellt. Am 15. September 1959 wurde der beklagten Partei gegen die Firma A. die Fahrnisexekution bewilligt, in deren Verlauf am 2. Oktober 1959 auch der gegenständliche Kraftwagen gepfändet wurde.

Rechtlich folgerten die Untergerichte aus diesem Sachverhalt, daß die klagende Partei mit Rücksicht auf den nach wie vor wirksamen Eigentumsvorbehalt Eigentümerin des gepfändeten LKWs. und ihr Exszindierungsbegehren daher gerechtfertigt sei. Die Untergerichte nahmen an, daß auch ein Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt nicht vorliege. Auch der festgestellte Umstand, daß der Typenschein der Fa. A. bereits einen Tag vor Abschluß des schriftlichen Kaufvertrages wegen der polizeilichen Anmeldung des Kraftfahrzeuges ausgefolgt wurde, könne nicht als stillschweigender Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt gewertet werden, weil gleichzeitig festgestellt wurde, daß der Typenschein der klagenden Partei wieder hätte zurückgestellt werden sollen, worauf jedoch vergessen worden war. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes könne daher in der Übergabe des Typenscheines ein konkludenter Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt nicht erblickt werden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Wenn das Berufungsgericht feststellt, daß die Rückgabe des Typenscheines nur vergessen worden ist, so ergibt sich daraus bereits, daß aus diesem Vergessen nicht auf einen Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt geschlossen werden kann.

Die beklagte Partei meint, daß die Zurückhaltung des Typenscheines das einzige äußere Zeichen des Eigentumsvorbehalts Dritten gegenüber gewesen sei. Wenn dieses Zeichen, aus welchen Gründen immer, weggefallen sei, könne sich die klagende Partei auf das vorbehaltene Eigentum Dritten gegenüber nicht mehr berufen. Hier übersieht die beklagte Partei, daß der Eigentumsvorbehalt bis zur Zahlung des Kaufpreises nach ständiger Rechtsprechung durch § 1063 ABGB. nicht ausgeschlossen wird. Der Eigentumsvorbehalt bedarf keiner für Dritte sichtbaren Kennzeichnung.

Nach dem festgestellten Sachverhalt ist die Klägerin als Eigentümerin des LKWs. anzusehen und daher exszindierungsberechtigt.

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