OGH 6Ob368/60

OGH6Ob368/6026.10.1960

SZ 33/114

Normen

ABGB §871
ABGB §901
ABGB §871
ABGB §901

 

Spruch:

Irrtum über eine nicht ohne Mitwirkung des Vertragsgegners auf eigene Gefahr feststellbare Tatsache ist kein Irrtum im Beweggrund.

Entscheidung vom 26. Oktober 1960, 6 Ob 368/60.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin hat für den Beklagten die Einschaltung von der Kundenwerbung dienenden Zeitungsankündigungen übernommen und hat dem Beklagten hiefür in der Zeit vom 31. Oktober 1958 bis 31. Dezember 1958 sechs Rechnungen im Gesamtbetrag von 18.254 S 72 g, darunter die bestrittene Rechnung vom 25. November 1958 im Betrag von 11.000 S über eine Werbeanzeige für R.-Waschmaschinen in einer Sondernummer der Bezirkswochenblätter, gelegt, ferner am 18. Februar 1959 eine Rechnung im Betrag von 1680 S 36 g. Der Beklagte hat am 19. Dezember 1958 3275 S 36 g und am 28. Jänner 1959 5300 S gezahlt. Die Differenz zwischen den Rechnungssummen und Zahlungen ergibt den Klagebetrag von 11.359 S 12 g. Die Klageforderung wird ausdrücklich nur auf den Vertrag gegrundet; es wird damit nicht eine Vergütung bei Ungültigkeit des Vertrages verlangt. Der Vertreter der Klägerin Max U. habe am 4. November 1958 den Beklagten zur streitgegenständlichen Bestellung durch die Angabe bewogen, durch die Einschaltung werde deshalb eine beachtliche Werbewirkung erzielt werden, weil außer einem (als Konkurrenz nicht in Betracht kommenden) Waschmaschineninserat der Firma Z. nur das Waschmaschineninserat des Beklagten in der Sondernummer der Bezirkswochenblätter aufscheinen werde. Tatsächlich sei über auch noch ein Inserat der Firma B. betreffend Waschmaschinen in der Preislage der vom Kläger angepriesenen Waschmaschinen erschienen.

Das Erstgericht hat den Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 359 S 72 g s. A. verurteilt und das Mehrbegehren im Betrag von 11.000 S s. A. abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat der Berufung der Klägerin Folge gegeben, das erstgerichtliche Urteil in seinem abweislichen Teil aufgehoben und die Sache unter Rechtskraftvorbehalt zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen. Der Irrtum des Beklagten habe eine wesentliche Eigenschaft des Geschäftsgegenstandes betroffen, sei also als Geschäftsirrtum zu werten. Ob aber ein wesentlicher Irrtum vorliege, ohne den das Geschäft überhaupt nicht geschlossen worden wäre, sei noch zu erörtern. Auch ein allfälliges Verschulden des Beklagten sei noch zu erörtern, in der Richtung, ob die Erklärung des Max U., daß die Aufnahme eines Konkurrenzinserates nicht mehr in Frage komme, in einer Form abgegeben worden sei, die das ausdrückliche Ausbedingen der Nichtaufnahme eines solchen Inserates als entbehrlich habe erscheinen lassen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zunächst sieht sich der Oberste Gerichtshof veranlaßt, darauf hinzuweisen, daß die Begründung der berufungsgerichtlichen Entscheidung insofern widerspruchsvoll erscheint, als einesteils ausgesprochen wird, der Irrtum des Beklagten habe eine wesentliche Eigenschaft des Geschäftsgegenstandes betroffen, während andererseits bezüglich der Frage der Wesentlichkeit des Irrtumes das Verfahren als ergänzungsbedürftig erklärt wird. Im Ergebnis läuft aber der Standpunkt des Berufungsgerichtes doch darauf hinaus, daß die Frage, ob ohne den Irrtum der Vertrag überhaupt unterblieben wäre, noch einer eingehenderen Erörterung bedürfe, und dem ist beizupflichten.

Die Rekursausführungen gehen im Wesen dahin, daß der Irrtum des Beklagten nur ein unbeachtlicher Motivirrtum gewesen sei. Nun betrifft die Mitteilung des U., daß (abgesehen von dem Inserat der Firma Z.) kein Konkurrenzinserat erscheinen werde, nicht eine Tatsache, die der Beklagte ohne Mitwirkung der Klägerin als der Offerentin allein hätte prüfen können und deren Prüfung somit - wie etwa im Fall der im Rekurs bezogenen Entscheidung SZ. XXIII 272 dem Irrenden die Frage der Absatzfähigkeit einer Ware zu dem veranschlagten Preis - nach der Verkehrsauffassung dem Beklagten allein auf seine eigene Gefahr oblegen gewesen wäre. Der Irrtum über eine Tatsache, deren Prüfung der Irrende nach den besonderen Umständen oder nach der Verkehrsauffassung nicht allein, ohne Mitwirkung der Gegenseite, auf eigene Gefahr vorzunehmen gehabt hätte, ist kein Irrtum im Beweggrund (so zutreffend Ehrenzweig 2. Aufl. I/1 S. 227 § 89).

Diese Erkenntnis gehört der rechtlichen Beurteilung der Sache an und nicht der Beweiswürdigung, weshalb in diesem Zusammenhang die im Rekurs geltend gemachte "Umwürdigung der Beweise", durch das Berufungsgericht gar nicht in Betracht kommen kann.

Die Frage, ob ein Irrtum, die unrichtige Vorstellung von einer Tatsache, ein Geschäftsirrtum oder ein Motivirrtum ist, steht nach dem Ausgeführten mit dem Vertragsinhalt überhaupt in keinem Zusammenhang, weshalb dem Geschäftsherrn die Irreführung durch eine Person zuzurechnen ist, die für ihn und in seinem Interesse beim Vertragsabschluß oder bei der Vorbereitung des Vertrages tätig gewesen ist, gleichgültig, ob diese Person bevollmächtigt war, oder ob sie sich in den Grenzen der ihr erteilten Vollmachten gehalten hat (DREvBl. 1941 Nr. 163).

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