Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 729,38 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagten sind Eigentümer des Hauses in V*****, I*****straße Nr 12. Am 19. 12. 1955 haben die Parteien einen als "Mietvertrag" überschriebenen, in Maschinschrift ergänzten Vordruck, Beilage 2, unterfertigt, wonach der Kläger die in diesem Hause befindliche aus Küche, Zimmer, Vorzimmer, WC und einem Kellerraum bestehende Mansardenwohnung Tür Nr 10 mietete. Hinsichtlich des Mietzinses heißt es in dieser Vereinbarung im Punkt 21.): "Der Mietzins wird in Form von 45 abzuleistenden Arbeitsstunden monatlich, zum Zwecke der Reinigung des Stiegenhauses, der Kellergänge, des Hofes, der Passage und des Gehsteiges, sowie des Dachbodens, weiters zur Schneefreihaltung des Gehsteiges und des Hofes, Bestreuen bei Vereisungen, Auf- und Absperren der Haustore, Kontrolle der Stiegen- und Hofbeleuchtung und sonstige zur Hausbesorgung üblichen Arbeiten und Verrichtungen, je nach den monatlichen Weisungen des Vermieters, festgelegt". Der Kläger begehrt mit der Begründung, er werde als Hausbesorger beschäftigt, von den Beklagten (nach Ausdehnung des Klagebegehrens, ONr 17, S 61 und ONr 30 S 133) an rückständigem Entgelt zuzüglich des Rückersatzes von bezahlten Betriebskosten und einer ihm abgeforderten Vertragsgebühr insgesamt S 13.337,30 samt 4 % Zinsen aus S 7.481,22 vom 1. 4. 1958 bis 30. 4. 1958, aus S 7.852,57 vom 1. 5. 1958 bis 16. 4. 1959, aus S 12.112,84 vom 17. 4. 1959 bis 4. 2. 1960 und aus S 13.337,30 seit 5. 2. 1960. Die Beklagten haben schließlich (ONr 30, S 134) dieses Begehren der Höhe nach für den Fall anerkannt, dass ein Hausbesorgerdienstverhältnis mit dem Kläger bestünde, dessen Vorliegen sie im Übrigen bestritten. Der Kläger sei Mieter. Der Mietzins bestehe vereinbarungsgemäß aus den erwähnten Arbeitsleistungen.
Im ersten Rechtsgang war das (damals auf S 12.112,84 samt Nebengebühren lautende) Klagebegehren vom Erstgericht abgewiesen worden, weil es das Vorliegen eines Hausbesorgerdienstverhältnisses verneinte und einen Mietvertrag im Sinne der Behauptungen der Beklagten annahm. Das Berufungsgericht hatte das Ersturteil ohne Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zurückverwiesen. Es hatte die Sache im Rahmen der Parteienanträge neu verhandelt, festgestellt, dass der Kläger vertraglich in dem als "Mietvertrag" bezeichneten Vertrag vom 19. 12. 1955 Beilage 2 die Verpflichtung zur Verrichtung der wesentlichen in den §§ 2 und 3 der Hausbesorgeordnung 1957 umschriebenen Verrichtungen übernahm, insbesonders, dass ihm Wartung, Reinhaltung und Beaufsichtigung des Hauses oblag, und die übernommenen und auch tatsächlich verrichteten Tätigkeiten des Klägers rechtlich als die typischen eines Hausbesorgers qualifizierte. Das Berufungsgericht erachtete jedoch damals die Sache nicht für spruchreif, weil es noch die Stichhältigkeit und ziffernmäßige Richtigkeit der begehrten Beträge aufklärungsbedürftig befand.
Im zweiten Rechtsgang wurde - nach erfolgter Anerkennung der eingeklagten Beträge für den Fall des Vorliegens eines Hausbesorgerdienstverhältnisses - unter Hinweis auf die Bindung an die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes in seinem Aufhebungsbeschluss dem Klagebegehren kostenpflichtig stattgegeben. Das Berufungsgericht bestätigte über Berufung der Beklagten dieses Urteil. Es übernahm im vollen Umfang die in seinem Aufhebungsbeschluss getroffenen Feststellungen und verwies auf die dort dargelegten rechtlichen Erwägungen. Nach diesen Feststellungen verrichtet der Kläger die im Vertrag vom 19. 12. 1955 übernommenen Arbeiten. Nach Auffassung der Beklagten seien dabei Nachlässigkeiten vorgekommen, weshalb das Schreiben vom 28. 9. 1957 Beilage 3 erging. Zur Zeit der Beziehbarkeit der Wohnung hätten sich die Beklagten um einen Hausbesorger bemüht. Die Absicht der Beklagten sei dahin gegangen, die Wohnung an denjenigen zu vergeben, der die Verrichtung der Hausbesorgerarbeiten übernehme. Unter einigen Bewerbern sei der Kläger als ein jüngerer Mann ausgewählt worden, über dessen persönliche Eigenschaften und Verhältnisse auf Seiten der Beklagten Erkundigungen eingeholt wurden. Die im Vertrag festgelegten Arbeitsverrichtungen habe der Kläger übernommen, nachdem der Zweitbeklagte erklärte, dass er genügend Mieter bekäme, ihm aber an einem Hausbesorger gelegen sei. Der dem Kläger bis Mai 1957 bezahlte monatliche Betrag von S 115,-- ergebe sich aus dem Entlohnungssatz von 11 g je m2 Bodenfläche und von 16 g je m2 Geschäftsfläche abzüglich eines Betriebskostenbetrages von monatlich S 20 bis S 30. Es habe sich dabei um Reinigungsgeld des Klägers gehandelt. Dem Kläger seien außer der Reinhaltung und Wartung des Hauses auch Aufsichtsbefugnisse, nämlich Kontrolle der Stiegen- und Hofbeleuchtung sowie "sonstige zur Hausbesorgung übliche Arbeiten und Verrichtungen" schon im schriftlichen Vertrag übertragen worden. Es sei ferner seitens des Zweitbeklagten der ausdrückliche Auftrag erteilt worden, wahrgenommene Schäden am Haus zu melden. Dieser Meldepflicht sei der Kläger auch nachgekommen. Aus diesen Feststellungen folge rechtlich die Qualifikation des Klägers als Hausbesorger, dem somit die geltendgemachten, nunmehr ziffernmäßig unbestrittenen Ansprüche zustünden.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird von den Beklagten aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO), Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 3 ZPO) und unrichtigen rechtlichen Beurteilung (§ 503 Z 4 ZPO) bekämpft. Der Revisionsantrag geht dahin, das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht beantragt. Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, der Revision nicht Folge zu geben, wurde rechtzeitig erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unbegründet.
Soweit in der Revision auch auf Ausführungen in der Berufungsschrift vom 16. 12. 1960, ONr 32, verwiesen wird, übersehen die Beklagten, dass nach der Rechtsprechung eine allgemeine Verweisung des Revisionswerbers auf den Inhalt seiner Berufung unstatthaft ist (SZ XXIII/89, EvBl 1951 Nr 474).
Unter dem Gesichtspunkt des § 503 Z 2 ZPO wird gerügt, das Berufungsgericht habe auf Grund der Aussagen der Zeugen Sch***** und S***** festgestellt, "dass sich die Beklagten zur Zeit, als das Haus beziehbar wurde, um einen Hausbesorger bemühten und unter einigen Bewerbern den Kläger aussuchten, weil er ein junger Mann gewesen sei", ohne jedoch dabei die mit diesen Bekundungen nach Annahme der Revision in Widerspruch stehenden Angaben der Zeugin Rosa W***** zu verwerten. Die Rüge, dass sich das Berufungsgericht mit bestimmten Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt habe, bedeutet in Wahrheit bloß eine im Revisionsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes. Wenn das Berufungsgericht auf Grund der von ihm neu durchgeführten Verhandlung die Aussagen der Zeugen Sch***** und S***** zur Grundlage einer bestimmten Feststellung nahm, so hatte es damit den Bekundungen dieser Zeugen Glauben geschenkt und den Angaben der Rosa W***** in diesem Zusammenhang keine weitere Bedeutung zugemessen, welche Entscheidung der Beweiswürdigung angehört und daher nicht mehr revisibel ist (4 Ob 1/51 = JBl 1951 S 294).
Die Heranziehung des § 503 Z 3 ZPO schließlich lässt erkennen, dass die Revision den Begriff einer Aktenwidrigkeit im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung verkennt. Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit gemäß § 503 Z 3 ZPO liegt nur vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage gezogen werden, demnach auf einem bei Darstellung der Beweisergebnisse unterlaufenen Irrtum, einem aus den Akten erkennbaren und behebbaren Formverstoß beruhen, oder wenn der Akteninhalt unvollständig wiedergegeben wurde, überdies nur wenn die Aktenwidrigkeit für das Urteil von kausaler Bedeutung ist, nicht aber dann, wenn das Gericht auf Grund richtig dargestellter Beweisergebnisse zu Feststellungen oder Schlussfolgerungen in einer bestimmten Richtung gelangt, wie hier. Einen diesen begrifflichen Bestimmungen entsprechenden Verstoß des Berufungsgerichtes vermag die Revision nicht aufzuzeigen, die in Wahrheit auch unter diesem Revisionsgrund nur den Versuch einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung unternimmt. Auch die Rechtsrüge ist unbegründet.
Nach § 1 Abs 1 HBO 1957 (und auch der vorher in Kraft gestandenen HBO) ist wesentlich für das Vorliegen eines Hausbesorgervertrages, die Beaufsichtigung, Wartung und Reinhaltung eines Wohnhauses (ZBl
1929 Nr 208, 4 Ob 119/51 = MietSlg 2102, 4 Ob 191/54 = Soz I A e S
113, 4 Ob 24/57 = ArbSlg 6691, 4 Ob 65/95 = Soz I A e S 368). Hat
jemand die wesentlichen Pflichten nach den §§ 2 und 3 HBO übernommen, so erlangt er damit die rechtliche Qualifikation eines Hausbesorgers und erwirkt damit unter anderem auch einen Anspruch auf Einräumung einer mietzinsfreien Dienstwohnung im Sinne des § 6 HBO (4 Ob 65/59 = Soz I A e S 368). Weder die Beistellung einer Dienstwohnung (ArbSlg 4508) noch die Bezahlung des Reinigungsgeldes, jetzt Entgeltes (MietSlg 2102) bzw des Sperrgeldes (Soz I A e S 113 ua) sind Essentiale (wesentliche Voraussetzung) für das Zustandekommen eines Hausbesorgerdienstvertrages. Die Bezeichnung des Vertrages ist
bedeutungslos. Maßgebend ist der vereinbarte Inhalt (1 Ob 233/36 =
JBl 1936 S 210, 1 Ob 1225/36 = JBl 1937 S 364). Nach den Beweisergebnissen ist die Absicht der Beklagten dahin gegangen, die Wohnung demjenigen zukommen zu lassen, der die Hausbesorgerarbeiten übernimmt. Diese Feststellung über die Willensrichtung der Beklagten ist ebenso tatsächlicher Natur und daher nicht revisibel wie die weitere Feststellung, dass dem Kläger auch Aufsichtsbefugnisse übertragen wurden. Denn das Berufungsgericht hat bei Prüfung der Frage, ob der Kläger auch mit Beaufsichtigungsaufgaben betraut wurde, nicht nur die schriftliche Vereinbarung vom 19. 12. 1955 Beilage 2, sondern auch die Angaben der Zeugin Elisabeth St***** herangezogen und aus ihnen unbekämpfbar festgestellt, dass der Zweitbeklagte dem Kläger den Auftrag erteilte, wahrgenommene Schäden am Hause zu melden und dass dieser Meldepflicht auch entsprochen wurde. In diesem Auftrag ist jedenfalls die Betrauung mit einer Obliegenheit zu ersehen, die zur Beaufsichtigung des Hauses und zu den allgemeinen Pflichten im Sinne des § 2 HBO gehört. Im Übrigen besteht nach dem Inhalt des Punktes 21.) der Vertragsurkunde Beilage 2, wonach der Kläger auch "sonstige zur Hausbesorgung übliche Arbeiten und Verrichtungen" vorzunehmen hatte, bei Bedachtnahme auf die festgestellte Absicht der Beklagten die Wohnung demjenigen zu vergeben, der "die Hausbesorgerarbeiten" übernimmt, kein Zweifel darüber, dass dem Kläger die Wohnung gegen Übernahme aller jener wesentlichen Verpflichtungen überlassen wurde, die das Essentiale eines Hausbesorgerdienstvertrages ausmachen. Dass diese wesentlichen Pflichten des Klägers "je nach den monatlichen Weisungen des Vermieters" erfüllt werden sollten, ändert nichts an dem Umstand, dass der Kläger im Sinne dieses Vertrages grundsätzlich allen wesentlichen Pflichten eines Hausbesorgers, daher auch der Beaufsichtigungspflicht dann nachzukommen hatte, wenn es die Vermieter in ihren Weisungen begehrten. Im Übrigen lässt die im Ermahnungsschreiben der Beklagten vom 28. 9. 1957 Beilage 3 vorgenommene Aufzählung der gemäß bisheriger Weisungen ständig zu näher bezeichneten Terminen vorzunehmenden Verrichtungen mit Sicherheit erkennen, dass die erteilten Weisungen keinesfalls auf eine Verringerung des Umfanges der einen Hausbesorger nach der Hausbesorgerordnung treffenden Obliegenheiten abzielten. In diesem Schreiben zeichnet sich mit aller Klarheit die Tendenz der Beklagten ab, von dem Kläger zumindest die Erfüllung aller jener Obliegenheiten zu begehren, die üblicherweise von einem Hausbesorger nach den Bestimmungen der Hausbesorgerordnung verlangt werden können. Da sohin feststeht, dass die Wohnung gegen Übernahme der wesentlichen Hausbesorgerpflichten (Beaufsichtigung, Wartung, Reinhaltung des Hauses) durch den Kläger diesem überlassen wurde, liegt ein Hausbesorgervertrag und nicht etwa ein Mietvertrag vor, bei welchem der Bestandzins in Arbeitsleistungen besteht. Der Kläger hat durch die vertragliche Übernahme solcher Dienste die rechtliche Qualifikation als Hausbesorger erworben (MietSlg 2101, ArbSlg 6691, 4 Ob 65/59 = Soz I A e S 368), mag auch sein Interesse in erster Linie der Erlangung einer Wohngelegenheit und nicht dem Hausbesorgerdienstposten gegolten haben. Überdies steht in diesem Zusammenhang fest, dass der Übernahme der vertraglichen Verpflichtungen durch den Kläger die Erklärung des Zweitbeklagten voranging, "dass er genügend Mieter bekomme, es ihm aber um einen Hausbesorger zu tun sei", was das - im Übrigen rechtlich bedeutungslose - Motiv für die Übernahme der hier in Betracht kommenden Arbeitsleistungen und Verrichtungen plausibel macht. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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