Normen
Rabattgesetz §1
Rabattgesetz §2
Rabattgesetz §12
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §14
Rabattgesetz §1
Rabattgesetz §2
Rabattgesetz §12
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §14
Spruch:
Verbotener Preisnachlaß (§§ 1, 2 RabattG.). Unterschied zwischen unentgeltlicher und verbilligter Warenabgabe (Rabatt durch Gutscheine). Aktivlegitimation.
Entscheidung vom 5. Juli 1960, 4 Ob 337/60.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Die gefährdete Partei (der "Verband kaufmännischer Betriebe Österreichs") hat gegen ihre Gegnerin eine Klage eingebracht, in der sie unter anderem unter Berufung auf § 1 RabattG. und § 1 UWG. begehrt, die Gegnerin müsse es unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes einen mehr als dreiprozentigen Barzahlungsnachlaß durch Ausgabe von Gutscheinen, die auf 3 S lauten, anzukundigen. In einer Klageerweiterung verlangt die gefährdete Partei auch die Unterlassung der Einlösung der von der Gegnerin bereits ausgegebenen Gutscheine. Sie führt zur Begründung ihres behaupteten Anspruchs aus, daß sie ein Verband zur Bekämpfung aller Erscheinungsformen des unlauteren Wettbewerbes und daher nach § 12 Abs. 1 RabattG. und § 14 UWG. zur Klage legitimiert sei. Im März 1960 habe die Antragsgegnerin, eine Feigenkaffeefabrik, eine Postwurfsendung an eine große Zahl österreichischer Haushalte verschickt, worin dem Käufer ihres neu eingeführten Bali-Kaffees (reiner Bohnenkaffee) eine Preisermäßigung von 3 S gegenüber dem Kleinverkaufspreis von 9 S 80 g pro 1/8 kg auf die Weise zugesagt worden sei, daß der Ankündigung ein auf 3 S lautender Gutschein beigefügt wurde, der vom Kaufmann eingelöst werden würde. Es handle sich um einen die Grenze von drei Prozent (§ 2 RabattG.) übersteigenden Barzahlungsnachlaß, der nach § 1 RabattG., aber auch nach § 1 UWG. unzulässig sei. Zugleich mit der Klage und der Klageerweiterung beantragte die gefährdete Partei, es möge eine einstweilige Verfügung erlassen werden, mit der ihrer Gegnerin verboten werde, die angeführten Gutscheine auszugeben und die von ihr bereits ausgegebenen Gutscheine einzulösen.
Das Erstgericht bewilligte die beantragte einstweilige Verfügung gegen Erlag einer Sicherheit von 150.000 S. Es bejahte die aktive Klagelegitimation der gefährdeten Partei, da auf Grund der eidesstättigen Erklärung des Dr. T. vom 4. April 1960 und der Satzungen der gefährdeten Partei bescheinigt sei, daß sie ein mit der Bekämpfung aller Erscheinungsformen des unlauteren Wettbewerbes befaßter Verein sei, dem mehrere Unternehmen angehören, die in Österreich Bohnenkaffee vertreiben. Nach § 2 RabattG. sei ein Preisnachlaß für Barzahlung von mehr als drei Prozent des Preises der Ware unzulässig. Daher sei der von der Antragsgegnerin angekundigte Nachlaß von 3 S bei einem Warenpreis von 9 S 80 g nach § 1 RabattG. gesetzwidrig und verboten. Soweit der Preisnachlaß auch bei Kreditverkäufen gewährt werden sollte, sei er nach dem Rabattgesetz überhaupt unzulässig. Ein Achtelkilogramm Bohnenkaffee sei auch kein Probequantum. Ebensowenig handle es sich um die unentgeltliche Hingabe einer Ware. Nicht nur der Detailkaufmann, der den unzulässigen Rabatt dem Letztverbraucher vom Preis in Abzug bringe, könne sich gegen das Rabattgesetz vergehen. Wenn ein Unternehmer einer höheren Wirtschaftsstufe, also ein Großhändler oder der Erzeuger, den unzulässigen Preisnachlaß ankundige und dadurch gewähre, daß er ihn wirtschaftlich trage, und der Einzelhändler, wie hier, nur das Ausführungsorgan sei, mache sich auch der Unternehmer der höheren Wirtschaftsstufe des Verstoßes gegen das Rabattgesetz schuldig. Auf jeden Fall läge nach der Meinung des Erstgerichtes ein sittenwidriger Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG. vor. Da der Anspruch auf den verbotswidrig angekundigten Preisnachlaß nach § 879 ABGB. nichtig sei, habe die beantragte einstweilige Verfügung auch im zweiten Teil bewilligt werden müssen.
Infolge Rekurses der Antragsgegnerin änderte das Rekursgericht die erstgerichtliche einstweilige Verfügung dahin ab, daß der Antrag auf Erlassung eines Verbotes der Einlösung der Gutscheine abgewiesen und eine Sicherheit nicht vorgeschrieben wurde. Im übrigen bestätigte das Rekursgericht die einstweilige Verfügung. Das Rekursgericht nahm ebenso wie das Erstgericht an, daß die gefährdete Partei aktiv legitimiert sei. Der Verbotsantrag sei entgegen der Meinung der Antragsgegnerin durch das Klagebegehren gedeckt. Im vorliegenden Fall handle es sich nicht um eine unentgeltliche Abgabe der Ware, damit sie erprobt werden könne, und nicht darum, daß sich der Erzeuger mit seiner unentgeltlichen Probegabe unmittelbar dem Urteil des Kunden gestellt und die Mühe und vor allem das Risiko der Erprobung auf sich genommen habe. In erster Linie komme es darauf an, daß der Rabatt den Letztverbrauchern angekundigt und gewährt werden müsse, damit der Tatbestand des § 1 RabattG. erfüllt sei. Gerade eine solche Ankündigung an den Letztverbraucher sei in der Werbeschrift der Antragsgegnerin enthalten. Es mache für den Tatbestand des Ankundigens auch nichts aus, daß nicht unmittelbar der Unternehmer (Letztverkäufer) und der Letztverbraucher bei der Werbung durch Ankündigung eines Vorzugspreises mit 3 S Nutzen (Preisnachlaß) für den Letztverbraucher einander gegenüberstunden. Auch der Erzeuger, der die verbotene Ankündigung herausgegeben habe, müsse sich nach Rabattrecht verantworten. Im übrigen sei dem § 1 RabattG. nicht zu entnehmen, daß nur dem Letztverkäufer die Ankündigung von unzulässigen Rabatten verboten werde. Nach der Fassung des § 1 Abs. 1 RabattG. werde vielmehr allgemein und damit jedermann die Ankündigung unzulässiger Rabatte verboten. Das Erstgericht habe daher die in Frage stehende Rabattankündigung mit Recht verboten. Der Antragsgegnerin müsse hingegen zugegeben werden, daß das Verbot, die Gutscheine einzulösen, im Gesetz nicht begrundet ist. Nicht alle Ansprüche und Verbindlichkeiten aus der Rabattgewährung seien namlich nach § 879 ABGB. nichtig. Dies gelte besonders für die Ansprüche der Letztverbraucher gegen die Antragsgegnerin und die Detailkaufleute und für jene der Detailkaufleute gegen die Antragsgegnerin auf Einlösung der Gutscheine.
Der abweisende Teil der Rekursentscheidung ist nicht angefochten worden.
Der Oberste Gerichtshof gab dem gegen den übrigen Teil der Rekursentscheidung gerichteten Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Antragsgegnerin hält die Aktivlegitimation der gefährdeten Partei nicht für bescheinigt, weil nicht feststehe, ob die von der gefährdeten Partei vorgelegten Statuten noch gültig seien. Die Antragsgegnerin übersieht jedoch, daß der Sekretär der gefährdeten Partei, Dr. T., in seiner eidesstättigen Erklärung vom 4. April 1960 gerade auf die dem Akt beiliegenden Satzungen hingewiesen und damit zum Ausdruck gebracht hat, sie stunden noch jetzt in Geltung. Die Untergerichte haben daher mit Recht als bescheinigt angenommen, daß sich die gefährdete Partei die Bekämpfung aller Erscheinungsformen des unlauteren Wettbewerbes zur Aufgabe gemacht hat. Sie ist als Verband zur Förderung gewerblicher Belange im Sinne des § 12 Abs. 1 RabattG. anzusehen, wobei es nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ. XXIX 54 mit Rücksicht auf den weitgehenden Ausdruck "Verbände" in der angeführten Gesetzesstelle auf die Rechtsform der Vereinigung nicht ankommt. Die gefährdete Partei war daher befugt, die Unterlassungsklage einzubringen und zu beantragen, daß eine einstweilige Verfügung getroffen werde.
Die Antragsgegnerin meint, daß ihre Gutscheinaktion mit einem Barzahlungsnachlaß, wie ihn § 2 RabattG. im Auge habe, nichts zu tun habe. Die Gutscheine würden nämlich vom Einzelkaufmann auch beim Kreditkauf eingelöst. Diese Art des Rabattes sei aber durch die Fassung des Urteilsbegehrens nicht gedeckt, wo ausdrücklich auf den Barzahlungsnachlaß Bezug genommen werde. Die Antragsgegnerin läßt indessen unbeachtet, daß sich die gefährdete Partei allgemein auf den Tatbestand des verbotenen Preisnachlasses nach § 1 RabattG. und darauf berufen hat, es liege keiner der Ausnahmsfälle des Rabattgesetzes vor. Wenn die gefährdete Partei in der Klagserzählung den Standpunkt vertritt, im Vorgehen der Antragsgegnerin liege ein Fall des im § 2 RabattG. verbotenen Preisnachlasses für Barzahlung, und wenn sie auch im Urteilsbegehren auf den Barzahlungsnachlaß Bezug nimmt, läge darin nur eine das Gericht nicht bindende Rechtsmeinung. Das Begehren der gefährdeten Partei geht aber dessenungeachtet dahin, die Gutscheinsaktion der Antragsgegnerin unter allen Umständen zu unterbinden. Das Gesagte gilt auch von der Bemängelung der Antragsgegnerin, die gefährdete Partei habe sich im Urteilsbegehren nur auf die Ankündigung des Rabattes bezogen, obwohl doch in der Ausgabe der in Frage stehenden Gutscheine schon die Gewährung des Preisnachlasses liege. Abgesehen davon kann in der Ausgabe eines Gutscheines noch nicht die Gewährung des Preisnachlasses gesehen werden. Gewährt wird der Preisnachlaß dem Empfänger des Gutscheins erst beim Kauf des Bali-Kaffees durch den Einzelkaufmann. Dabei kommt es nur auf das Verhältnis zum Letztverbraucher und nicht darauf an, wer im internen Verhältnis zwischen dem Einzelkaufmann und dem ankundigenden Erzeuger den Preisnachlaß wirtschaftlich trägt.
Die Antragsgegnerin verweist darauf, daß sie mit der Gutscheinaktion einen neuen Artikel, den Bali-Kaffee, einführen wollte. Sie habe aber zum Unterschied von sehr großen Firmen Einführungs- oder Probewaren nicht unentgeltlich abgeben können. Zwischen der unentgeltlichen und der verbilligten Warenabgabe könne kein wesentlicher Unterschied bestehen. Diese Ansicht kann der Oberste Gerichtshof nicht billigen. Die unentgeltliche Abgabe einer Warenprobe bewirkt nämlich noch nicht, daß der Empfänger zum Kauf der Ware angeeifert wird. Er soll vielmehr nur dazu gebracht werden, die Ware ohne eigenes Risiko zu erproben, ihre Eigenschaften festzustellen und mit anderen gleichartigen Waren zu vergleichen. Da der Empfänger der Warenprobe zu keiner Geldausgabe veranlaßt wird, bleibt die Aktion der unentgeltlichen Abgabe noch außerhalb des normalen geschäftlichen Wettbewerbs und stellt bloß eine Vorstufe dazu dar, weil nicht abzusehen ist, ob sich der Empfänger der Warenprobe beeinflussen lassen wird, die Ware später zum normalen Preis zu kaufen. Beim Rabatt durch Gutscheine hingegen wird bereits der Kaufwille der Empfänger der Gutscheine angestachelt, und diese sollen auf eine vom Rabattgesetz verpönte Art gleich zu Käufern der - wenn auch erst eingeführten - Ware gemacht werden. Gratislieferung ist nicht Preisnachlaß, sondern Preiserlaß (so etwa Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 8. Aufl. S. 712 f.,
703) und unterliegt nicht den Vorschriften des Rabattgesetzes (GR. 1956 S. 54; Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, S. 141).
Die Antragsgegnerin ist der Meinung, daß der Rabatt nach dem Rabattgesetz nur in Beziehung zu einem Normalpreis gedacht werden könne, der vom Unternehmer, also vom Letztverkäufer, festgesetzt werde. Da die Antragsgegnerin auf die Höhe des Normalpreises der Letztverkäufer keinen Einfluß nehmen könne, sei es unmöglich, daß sie einen Verstoß gegen das Rabattgesetz hätte begehen können. Es ist zwar richtig, daß "der Preisnachlaß gemäß § 1 Abs.2 RabattG. so zu berechnen ist, daß von den Preisen auszugehen ist, die der Unternehmer (womit nach dieser Gesetzesstelle der Klein- oder Einzelhändler gemeint ist) ankundigt oder allgemein fordert". "Dem Rabattgesetz und insbesondere dem § 1 Abs. 1 desselben ist aber nicht zu entnehmen, ... daß nur dem Klein- oder Einzelhändler die Ankündigung von unzulässigen Rabatten verboten wird. Die Fassung des § 1 Abs. 1 RabattG. ist vielmehr so, daß allgemein und damit jedermann die Ankündigung verpönter Rabatte verboten wird" (GR. 1960 S. 114). Auf den vorliegenden Fall angewendet bedeutet dies, daß die Antragsgegnerin den Bindungen des Rabattgesetzes in derselben Weise wie der Letztverkäufer selbst unterlag, da er den jeweiligen vom Letztverbraucher zu bezahlenden Preis für den Bali-Kaffee nicht um 3 S für ein Achtelkilogramm unterbieten durfte. Die Antragsgegnerin hat ja auch nur auf dem Normalpreis von 9 S 80 g hingewiesen und durch die Art des fixen Gutscheinnachlasses die tatsächliche Höhe des jeweils vom Letztverkäufer geforderten Verkaufspreises unmaßgeblich gemacht. Gerade darauf aber kommt es auch nach Michel - Weber - Gries, Rabattgesetz, 2. Aufl. S. 54; Reimer - Krieger, Zugabe- und Rabattrecht, S. 138; Godin - Hoth, Wettbewerbsrecht, S. 350; Baumbach - Hefermehl a. a. O. S. 703, 706, an.
Schließlich verneint die Antragsgegnerin die Anwendbarkeit des § 24 UWG. über das Entfallen der Gefährdungsbescheinigung auf einstweilige Verfügungen, die auf Grund des Rabattgesetzes erlassen werden. Diese Anwendbarkeit, die in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ. XXIX 54 bejaht worden ist, aber nach der Entscheidung GR. 1960 S. 114 verneint werden könnte, spielt im vorliegenden Fall jedoch keine Rolle. Die objektive Gefährdung des Unterlassungsanspruches der gefährdeten Partei müßte nämlich auf jeden Fall bejaht werden, da ohne die einstweilige, Verfügung die Durchführung der beanstandeten Gutscheinaktion der Antragsgegnerin nicht mehr ungeschehen gemacht werden könnte.
Es ergibt sich, daß die Untergerichte die einstweilige Verfügung, mit der der Antragsgegnerin die Ausgabe der Gutscheine verboten wurde, mit Recht bewilligt haben.
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