OGH 1Ob87/60

OGH1Ob87/6018.5.1960

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Zweiten Präsidenten Dr. Fellner als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gitschthaler, Dr. Stanzl, Dr. Zierer und Dr. Bachofner als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1.) Matthias D*****, 2. Anna D*****, 3.) Theresia D*****, sämtliche Auszügler in *****, vertreten durch Dr. Johannes Neumann, Rechtsanwalt in Schärding am Inn, wider die beklagte Partei Ferdinand W*****, Bauer in *****, vertreten durch Dr. Othmar Steinkogler, Rechtsanwalt in Ried i. I., wegen 3.500 S sA, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried i. I. als Berufungsgerichtes vom 25. Jänner 1960, GZ R 362/59-41, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Schärding vom 2. November 1959, GZ C 24/58 -24, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beklagten die mit 538 S 35 g bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger, die ein Schlägerungsrecht am Waldgrundstück 1905, Katastralgemeinde Luck, besitzen, begehren von dem Beklagten die Bezahlung eines Betrages von 3.500 S für vier zu Unrecht von ihm auf dieser Parzelle geschlägerte Tannen, wobei sie bemerken, dass anlässlich des Zusammenlegungsverfahrens in Schardenberg die Grenze zwischen dem Grundstück 1905 und dem dem Beklagten gehörigen Grundstück 1904 dergestalt einverständlich festgestellt wurde, dass die dort vorhandenen Grenzsteine die Grenzlinie bilden. Der Beklagte beantragt Abweisung des Klagebegehrens, weil nicht die Grenzsteine, sondern ein Erdwall und Graben die Grenze bilde, so dass die geschlägerten Bäume auf seinem Grunde standen. Überdies erbot er sich zum Nachweis des Ersitzungsbesitzes an dem strittigen Grundstreifen.

Das Erstgericht stellte fest:

Das im Eigentum des Beklagten und dessen Gattin je zur Hälfte stehende Waldgrundstück 1904 bildet einen schmalen von Norden nach Süden langgestreckten Grundstreifen, der auf drei Seiten, und zwar im Westen, Norden und Osten vom Waldgrundstück 1905 umschlossen wird. Im Zuge eines Grundzusammenlegungsverfahrens im Raume Schardenberg, welches im Jahre 1928 eingeleitet und im Jahre 1957 abgeschlossen wurde, sind auch die Grenzen des Grundstückes 1904 und 1905 begangen und vermessen worden. Die Agrarbezirksbehörde Gmunden, die diese Arbeiten durchführte, gelangte hiebei zum Ergebnis, dass die nördliche Grenze des Grundstückes 1904 durch zwei Grenzsteine bezeichnet wird, die auch heute noch an derselben Stelle stehen. Nach der sogenannten Fortführungsmappe, der Katastermappe, wie sie vor Durchführung des Grundzusammenlegungsverfahrens bestanden hat, verläuft die Nordgrenze des Grundstückes 1904 weiter nördlich. Dieser Grenzverlauf fällt in der Natur mit einer stufenförmigen Senkung des Terrains zum Grundstück 1905 hin zusammen. Wird diese Böschung als Grundgrenze angenommen, so standen die klagsgegenständlichen Tannen auf dem dem Beklagten gehörigen Grundstück 1904, während sie ansonsten auf dem Grundstück 1905 standen.

Dem Beklagten und dem Erstkläger, die bei der Begehung der Grenzen durch die Agrarbehörde teilnahmen, wurde vom Leiter der Vermessungsarbeiten das Ergebnis der Vermessung bekanntgegeben. Es ist jedoch nicht erwiesen, dass die Streitteile eine Vereinbarung über den Verlauf der Nordgrenze des Grundstückes 1904 getroffen haben.

Der von der Agrarbezirksbehörde ermittelte Grenzverlauf wurde in den von ihr verfertigten Lageplan aufgenommen und dieser Lageplan zusammen mit dem gesamten Zusammenlegungsoperat in der Zeit vom 30.

6. bis 29. 7. 1952 beim Gemeindeamt Schardenberg zur allgemeinen Einsichtnahme aufgelegt. Nach Rechtskraft des Zusammenlegungsverfahrens wurde die Katastermappe entsprechend den Ergebnissen dieses Verfahrens berichtigt und dann auch grundbücherlich durchgeführt.

Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht rechtlich dahin, dass nunmehr letzten Endes die in die neue Mappe gemäß den Grenzsteinen eingezeichnete Grenze maßgebend sei, wonach die Tannen auf der Parzelle 1905 standen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies. Es übernahm die erstrichterlichen Feststellungen. Rechtlich kam es jedoch zu dem Ergebnis, dass mangels einer Vereinbarung im Zusammenlegungsverfahren die Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken durch dieses nicht berührt worden seien (§§ 2, 15/2, 55 f G 25.II.1911, OÖLGBl Nr 16 u §§ 73/2, 150 V. 19. VIII. 1911, OÖLGBl Nr 40). Da den Klägern der Nachweis ihres Schlägerungsrechts an dem Grenzstreifen misslungen sei, habe ihr Begehren erfolglos bleiben müssen.

Die Kläger bekämpfen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit Revision. Sie beantragen, es dahin abzuändern, dass jenes der ersten Instanz wiederhergestellt werde, allenfalls es aufzuheben und die Rechtssache zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Kläger stehen in ihrer Revision selbst auf dem Standpunkt, dass das Erstgericht mit Recht davon ausgegangen sei, dass die gegenständlichen Waldgrundstücke nicht in das Zusammenlegungsverfahren miteinbezogen waren und dass auch ein Vergleich hinsichtlich der strittigen Grundgrenze im Rahmen des Zusammenlegungsverfahrens nicht erweislich ist. In der Tat kann weder auf Grund des Zusammenlegungsverfahrens noch eines Vergleichs ein Schluss auf die Eigentumsverhältnisse an dem fraglichen Grundstreifen gezogen werden. Wenn die Kläger weiter meinen, dass der Erstrichter hinsichtlich der Frage, ob die alte Fortführungsmappe oder die heute giltige Grundbuchsmappe der Grenzfestsetzung zugrunde zu legen sei, in freier Beweiswürdigung entschieden habe, kann ihnen nicht gefolgt werden. Die Frage der Bedeutung der Grundbuchsmappe gehört nicht in das Gebiet der Beweiswürdigung, sondern der rechtlichen Beurteilung. Dazu hat der Oberste Gerichtshof in der E vom 11. 5. 1955, 1 Ob 272/55, JBl 1956, 101 = SZ XXVIII/127, ausführlich dargelegt, dass die Grundbuchsmappe keinen Beweis über die Größe der Grundstücke macht. Ebensowenig ist sie für die Grenzen entscheidend. Es trifft daher nicht zu, dass das Berufungsgericht von der Beweiswürdigung des Erstgerichts abgegangen ist. Es hat vielmehr die Bedeutung der Grundbuchsmappe rechtlich richtig dahin gewürdigt, dass die Kläger aus ihr ihren Prozessstandpunkt hinsichtlich der Grundgrenze nicht begründen können.

Auch im Übrigen ist die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts einwandfrei. Dass es unbestritten blieb, dass das Grundstück 1905 den Ehegatten Zauner gehörte, ist richtig. Nicht darauf, sondern auf den Grenzverlauf an der streitigen Stelle kommt es aber an. Wenn hiezu die Kläger vortragen, dass dieser Grenzverlauf anlässlich des Zusammenlegungsverfahrens einverständlich festgestellt worden sei, so setzen sie sich damit mit ihrem eigenen vorangegangenen Vorbringen in Widerspruch, dass ein Vergleich der strittigen Grenze im Zusammenlegungsverfahren nicht erweislich gewesen sei. In der Tat haben die Untergerichte eine Vereinbarung im Laufe des Zusammenlegungsverfahrens nicht als erwiesen angenommen. Wenn dann schließlich die Kläger meinen, der Erstrichter habe in freier Beweiswürdigung die neue Mappe der Feststellung der Grenze zugrunde legen können, so ist auf das bereits oben Ausgeführte zu verweisen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung ergibt sich, dass die Kläger ihren Anspruch vom Eigentumsrecht der Ehegatten Zauner an dem strittigen Grenzstreifen ableiten. Sie hatten daher dieses Eigentumsrecht zu beweisen. Da ihnen dies nicht gelungen ist, hat das Berufungsgericht mit Recht ihr Begehren abgewiesen. Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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