Spruch:
Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen. Die Rekurskosten des Klägers werden wie Prozesskosten erster Instanz zu behandeln sein.
Text
Begründung
Der am 2. 10. 1958 verstorbene Erblasser Franz H***** hat in seinen letztwilligen Erklärungen vom 11. 2. 1953 und 8. 6. 1954 die Beklagte Margarethe C***** als Universalerbin eingesetzt und erklärt, dass alle sonstigen Angehörigen und Verwandten für eine Erbschaft nach ihm nicht in Frage kommen und daher ausnahmslos als enterbt erscheinen. In dem beim Bezirksgericht Linz zu 5 A 1118/58 durchgeführten Abhandlungsverfahren haben die Beklagte auf Grund der zweiten letztwilligen Erklärung und der erblasserische Sohn Konrad H*****, der Kläger, auf Grund des Gesetzes bedingte Erbserklärungen abgegeben. Das Verlassenschaftsgericht nahm mit dem Beschluss vom 19. 3. 1959, ON 15, beide Erbserklärungen an und verwies den Kläger gemäß § 125 AußStrG zur Durchführung des Erbrechtsstreites auf den Rechtsweg. Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger den gerichtlichen Ausspruch, dass die beiden letztwilligen Erklärungen des Franz H***** ungültig seien, und ihm auf Grund des Gesetzes das Erbrecht zustehe, weil die Beklagte, die mit dem Erblasser Ehebruch begangen habe, nach § 543 ABGB erbunfähig sei, sodass die gesetzliche Erbfolge einzutreten habe.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Der Erblasser sei allerdings mit dem im Ehescheidungsverfahren ergangenen Urteil des Landesgerichtes Linz-Nord vom 15. 3. 1954, Cg 510/53-12, des Ehebruchs mit der Beklagten überwiesen worden. Der bezügliche Ausspruch sei jedoch, da die Ehescheidungsklage abgewiesen worden sei, in den Spruch des Urteils nicht aufgenommen worden, außerdem habe die Beklagte auf den Gang des Zivilprozesses keinen Einfluss gehabt. Grundsätzlich müssten das gerichtliche Geständnis oder die Überweisung des eingesetzten Erben, wie sie im § 543 ABGB wegen des Ehebruchs vorgesehen seien, vor dem Strafrichter vor sich gehen. Da diese Voraussetzung hier nicht zutreffe, habe die Klage abgewiesen werden müssen. Infolge Berufung des Klägers hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurück. Das Erstgericht habe sich - so führt das Berufungsgericht aus - mit der Frage, welche Bedeutung die in den letztwilligen Erklärungen enthaltene Enterbung des Klägers und seiner Mutter, der ungeschiedenen Gattin des Erblassers, habe, nicht auseinandergesetzt. Das Erstgericht habe die unrichtige Rechtsansicht vertreten, dass die Enterbung keine selbständige Bedeutung habe und mit der Erbeinsetzung der Beklagten stehe und falle. Falls die Enterbung gerechtfertigt sei, schließe sie ein Erbrecht des Klägers aus. Die Frage der Enterbung werde daher mit den Parteien zu erörtern sein. Der Kläger werde anzugeben haben, worauf er sein diesbezügliches Begehren stütze und Sache der Beklagten werde es sein, Enterbungsgründe nachzuweisen (§ 771 ABGB). Sollten solche Gründe nicht nachzuweisen sein, werde weiter zu erwägen sein, ob der als Enterbung ungiltigen Erklärung des Erblassers der Sinn zukomme, dass der Kläger unabhängig von der Erbeinsetzung auf den Pflichtteil beschränkt sein solle. Nur wenn das angenommen werden sollte, könnte nach der Meinung des Berufungsgerichtes das Klagebegehren grundsätzlich als berechtigt anerkannt werden, denn nur dann könne der Kläger für sich in Anspruch nehmen, dass er bei einer Ungiltigerklärung der Erbeinsetzung der Beklagten selbst Erbe werde. Im Übrigen sei die Meinung des Erstgerichtes, der Nachweis des Ehebruchs müsse nach § 543 ABGB vor dem Strafgericht geführt worden sein, unzutreffend, da im Gesetz kein Hinweis in dieser Richtung enthalten sei. Schon zur Zeit der Erlassung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches sei zur Entscheidung über einen Ehebruch nicht das Strafgericht, sondern die politische Behörde zuständig gewesen. Dem Gesetzgeber habe daher von Haus aus nicht der Gedanke vorschweben können, dass eine gerichtliche Überweisung nur durch ein strafgerichtliches Urteil geschehen könne. Außerdem spreche das Gesetz nicht von der Erweisung durch ein Urteil. Es müsse daher jede Form der gerichtlichen Erweisung und Feststellung als Voraussetzung für die Anfechtung nach § 543 ABGB genügen. Das Gesetz verlange, dass der Nachweis des Ehebruches schon zu Lebzeiten des Erblassers und vor der Errichtung des letzten Willens gegeben sei. Sei die Nachweisung - wie im vorliegenden Fall - spätestens im Zeitpunkt der letztwilligen Verfügung (vom 8. 6. 1954) erbracht, sei der Tatbestand des § 543 ABGB erfüllt, ohne dass ein weiterer Beweis für oder gegen die fragliche Feststellung möglich sei. Abgesehen davon sei die im Urteil des Landesgerichtes Linz-Nord vom 15. 3. 1954 enthaltene Feststellung des Ehebruchs der Beklagten mit dem Erblasser überzeugend getroffen worden. Der Umstand, dass die Beklagte im Ehescheidungsverfahren des Erblassers keine Möglichkeit gehabt habe, gegen die Feststellung des Ehebruchs aufzutreten, spiele keine Rolle.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den unter Rechtskraftvorbehalt erlassenen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes richten sich die Rekurse beider Parteien. Den Rechtsmitteln kommt im spruchmäßigen Ergebnis keine Berechtigung zu. Das Berufungsgericht hat die Ansicht des Erstgerichtes, die Überweisung des Testamentserben, Ehebruch mit dem Erblasser begangen zu haben, müsse vor dem Strafgericht vor sich gehen, mit Recht abgelehnt. § 543 ABGB gibt einen dahingehenden Hinweis nicht und der Oberste Gerichtshof hat etwa in den Entscheidungen vom 14. 10. 1959, 6 Ob 276/59, vom 22. 9. 1951, 1 Ob 637/51, vom 30. 8. 1950, 1 Ob 458/50, aber auch schon in der Entscheidung vom 12. 4. 1899, GlUNF 577, diese Ansicht nicht gebilligt. Es kann auch nicht von Bedeutung sein, in welcher Form die Überweisung, also die Feststellung des Ehebruchs der Testamentserbin mit dem Erblasser in der gerichtlichen Entscheidung zum Ausdruck kommt. Maßgebend ist, dass im Ehescheidungsverfahren des Erblassers mit Emilie H***** die Frage des Ehebruchs keine nebensächliche Rolle gespielt hat. In der auf den Ehescheidungsgrund des § 49 EheG gestützten Klage des Erblassers war nämlich im Hinblick auf den zweiten Satz dieser Gesetzesstelle die Frage des Ehebruchs für die Beurteilung der Tragweite der angeblichen Eheverfehlungen der Emilie H***** und für die Feststellung, welcher Eheteil die Ehe in erste Linie zerrüttet hat, von Wichtigkeit. Eine derartige Feststellung hat dieselbe Wirksamkeit, ob sie nun im Falle der Abweisung der Ehescheidungsklage nur in den Gründen oder in einem stattgebenden Ehescheidungsurteil nach § 47 EheG auch im Spruch angeführt worden ist. Es ist nicht richtig, dass sich das Gegenteil aus der Erwägung ergäbe, dass nur der Spruch eines Urteils angefochten werden könnte. Dessen Begründung unterliegt vielmehr auch der Bekämpfung, hat sie nur zu einem für den Rechtsmittelwerber nachteiligen Ergebnis geführt.
Dem Berufungsgericht ist auch darin beizustimmen, dass die Überweisung des vom Erbrecht ausgeschlossenen Ehebrechers noch zu Lebzeiten des Erblassers vor sich gegangen sein muss. Diese Meinung ist in zahlreichen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (zuletzt etwa der vom 14. 10. 1959, 6 Ob 276/59) mit Rücksicht auf die Vergangenheitsform der maßgebenden Worte im § 543 ABGB, die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Bestimmung und die anzunehmende Absicht des Gesetzgebers, das Andenken des Erblassers nicht zu verunglimpfen, vertreten worden. Grund der Erbunwürdigkeit ist daher nicht der Ehebruch, sondern dessen gerichtliche Feststellung. Die zu Lebzeiten des Erblassers getroffene Feststellung kann nachträglich nicht mehr überprüft werden. Darauf, ob sich die Beklagte im Vorprozess gegen die Annahme des Ehebruchs prozessual zur Wehr setzen konnte, nimmt das Gesetz keine Rücksicht. Der Kläger kann mit der Erbrechtsklage freilich nur dann Erfolg haben, wenn ihm beim Wegfall des Berufungsgrundes der Beklagten das Erbrecht auf Grund des Gesetzes zustehen würde. An sich ergibt sich aus § 727 ABGB, dass unter anderem dann, wenn der eingesetzte Erbe die Erbschaft nicht annehmen kann, wie im Falle der Erbunwürdigkeit nach § 543 ABGB, die gesetzliche Erbfolge eintritt. Den letztwilligen Erklärungen des Erblassers ist zu entnehmen, dass seine sämtlichen Verwandten für eine Erbschaft nicht in Frage kommen und enterbt werden. Von vornherein lässt sich die Erbeinsetzung der Beklagten mit dem Ausschluss der Verwandten vom Erbrecht derart in Verbindung bringen, dass dieser Ausschluss die Folge des Universalerbrechts der Beklagten ist und nur für dessen Wirksamkeit zu gelten hat. Darauf ließe der generelle Ausschluss aller gesetzlichen Erben und nicht nur des Klägers schließen. Wäre dies anzunehmen, büßte die Ausschlussbestimmung im Falle der Erbunwürdigung der Beklagten ihre Bedeutung ein und es träte uneingeschränkt die gesetzliche Erbfolge ein.
Wenn dies auch nicht wahrscheinlich ist, ließe sich aber - wie das Berufungsgericht ausgeführt hat - die Möglichkeit nicht von der Hand weisen, dass der Ausschluss der gesetzlichen Erben auch für den Fall gelten sollte, dass sich die Unwirksamkeit der Erbeinsetzung der Beklagten herausstellen sollte. Es würde sich da um ein sogenanntes negatives Testament (vgl Ehrenzweig II/22, S. 381, Weiß in Klang III2, S. 212), also darum handeln, dass die gesetzlichen Erben von ihrem Erbrecht ausgeschlossen werden sollen, ohne dass eine wirksame positive Erbeinsetzung vorläge. Im vorliegenden Fall hätte diese Annahme freilich die Folge, dass bei Erbunwürdigkeit der Beklagten und Ausschluss aller gesetzlicher Erben letzten Endes die Verlassenschaft erblos wäre und dem Staate anheimfiele. Eine derartige Absicht des Erblassers anzunehmen, bedürfte allerdings beweiskräftiger Umstände. Immerhin ist dem Berufungsgericht beizustimmen, dass über die allfällige selbständige Bedeutung des Erbenausschlusses im letzten Absatz der letztwilligen Erklärungen noch Erhebungen erforderlich sind.
Die an sich nicht ganz klaren Ausführungen des Berufungsgerichtes hingegen, die sich mit der Frage der allenfalls anzunehmenden Enterbung des Klägers befassen, entsprechen nicht der Rechtslage. Die Enterbung bezieht sich nämlich immer nur auf den Pflichtteilsanspruch, dessen Bestehen im vorliegenden Rechtsstreit, in dem es nur um die Erbrechte geht, ohne Interesse ist. Mag also der Erblasser nebst dem Erbrechtsausschluss der gesetzlichen Erben auch den Entzug ihres Pflichtteiles verfügt haben, kommt es immer nur auf die Frage des Entzuges des Erbrechts an. Für diese Verfügung brauchte sich der Erblasser auf einen Enterbungsgrund nicht zu berufen. Ob ein Enterbungsgrund vorliegt, bedarf daher nicht der Untersuchung, sofern diese Untersuchung nicht zum Nachweis der Absicht des Erblassers erforderlich wäre, den Kläger unbedingt vom Erbrecht auszuschließen. Es ergibt sich, dass die Rekurse im Ergebnis nicht begründet sind. Sie konnten daher keinen Erfolg haben.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekurses des Klägers, der bezüglich der Begründung teilweise Erfolg hatte, beruht auf § 52 Abs 1 ZPO, im Übrigen auf §§ 40, 50 ZPO.
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