OGH 5Ob555/59

OGH5Ob555/5920.1.1960

SZ 33/8

Normen

ABGB §841
EO §351
ZPO §405
ABGB §841
EO §351
ZPO §405

 

Spruch:

Die Klage auf Naturalteilung braucht keinen Teilungsvorschlag zu enthalten.

Zulässigkeit einer vom Teilungsbegehren des Klägers abweichenden Teilung.

Unzulässigkeit der Veränderung des Gegenstandes der Teilungsklage im Rechtsmittelverfahren.

Entscheidung vom 20. Jänner 1960, 5 Ob 555/59.

I. Instanz: Bezirksgericht Hernals; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Parteien sind je zur Hälfte Miteigentümer von vier Liegenschaften. Das Haus Wien 16., F.-Gasse 46, ist ein dreistöckiges Mittelwohnhaus mit Hofwohntrakt, Garage und Stallgebäude, das Haus Wien 19., H.-Straße 32, ein ebenerdiger Ziegelbau mit drei Kleinwohnungen, Vorgarten und Garten, und das Haus Baden, M.-Gasse 15, ein ebenerdiges Mittelwohnhaus mit zwei Hofanbauten, Vorzimmeranbau, Veranda, Holzschuppen, Gartenhaus und Garten. Nach der letzten Fassung des Klagebegehrens verlangt die Klägerin die Naturalteilung dieser Liegenschaften in der Weise, daß der Beklagte das Haus in der F.-Gasse 46 in Wien 16. und sie die Häuser in Wien 19., H.-Straße 32, und Baden, M.-Gasse 15, in das Alleineigentum zugewiesen erhalte. Bezüglich der vierten Liegenschaft, eines Hauses in Wien 17., C.-Platz 9, wurde die Teilung nicht begehrt.

Das Erstgericht gab der Klage statt.

Das Berufungsgericht wies sie nach Aufnahme weiterer Beweise über den Wert der zu teilenden Liegenschaften ab. Es stellte auf Grund der vorliegenden mehrfachen Schätzungen den Wert der Liegenschaft in Wien 16. mit zirka 90.000 S, den der Liegenschaft in Wien 19. mit 100.000 S und den der Liegenschaft in Baden mit 170.000 S fest. Nach der von der Klägerin begehrten Art der Teilung würden ihr Liegenschaften im Wert von 270.000 S, dem Beklagten aber nur eine Liegenschaft im Wert von 90.000 S zufallen. Der Wertunterschied von 180.000 S sei zu groß, als daß er durch Geld ausgeglichen werden könnte. Auch habe die Klägerin erklärt, nicht mehr als 50.000 S als Wertausgleich zahlen zu wollen. Eine Teilung, bei der jede Partei einen annähernd gleichen Wert erhalte, sei nicht durchführbar.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge und hob die Urteile der Untergerichte auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revision ist insoweit beizupflichten, als die vom Berufungsgericht festgesetzten Schätzwerte keineswegs die Realteilung ausschließen. Der Oberste Gerichtshof hat schon in der Entscheidung 7 Ob 540/56 ausgesprochen, es bestunden keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, daß die Teilung mehrerer gemeinsamer Liegenschaften durch Naturalteilung in der Weise durchgeführt werde, daß einzelne Objekte den Miteigentümern in das Alleineigentum zugewiesen würden. Nur die außergerichtliche Teilung muß zur Zufriedenheit eines jeden Sachgenossen vorgenommen werden. Können die Parteien nicht einig werden, entscheidet das Los, ein Schiedsmann oder, wenn sie sich auch über diese Entscheidungsarten nicht einigen, der Richter. Der Richter hat die Teilung nach seinem Ermessen vorzunehmen, und zwar auch dann, wenn die Klage keinen bestimmten Teilungsvorschlag enthält. Die Klage kann, muß aber nicht einen Teilungsvorschlag enthalten. Es steht im Teilungsprozeß auch dem Beklagten frei, bestimmte Arten der Naturalteilung vorzuschlagen. Grundsätzlich hat das Gericht, wenn es das Teilungsbegehren des Klägers für unrichtig hält, nicht die Klage abzuweisen, sondern die ihm angemessen erscheinende Teilung zu verfügen (Klang 2. Aufl. III 1125). Man darf einem Teilhaber, der die Aufhebung der Gemeinschaft anstrebt, nicht zumuten, daß er so lange Teilungsklagen mit verschiedenen Teilungsvorschlägen einbringt, bis endlich ein Vorschlag die Billigung des Gerichtes findet. Darin liegt keine Durchbrechung des Grundsatzes des § 405 ZPO., daß keiner Partei etwas anderes zugesprochen werden darf, als beantragt ist, weil das Begehren auf Vornahme der Teilung durch den Richter notwendigerweise zu einem judicium duplex führt, durch das beide Teile berechtigt und verpflichtet werden. Das die Realteilung anordnende Urteil geht daher in der Regel nicht über den Antrag der klagenden Partei hinaus, wenn es auch eine andere als die beantragte Art der Teilung verfügt. Das Gericht hat aber den Grundsatz zu beachten, daß es einen von keiner der Parteien vorgebrachten rechtlichen Gesichtspunkt nur dann der Entscheidung zugrunde legen darf, wenn es die Parteien zu dessen Erörterung aufgefordert hat (ZBl. 1926 Nr. 203 und 204). Es ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß der von der Klägerin gemachte Teilungsvorschlag zu einem zu großen Wertunterschied führt und unbillig ist. Was den Revisionsantrag betrifft, die Eigentumsgemeinschaft nur hinsichtlich zweier Liegenschaften aufzuheben, liegt darin eine im Rechtsmittelverfahren nicht mehr zulässige Klagsänderung. Der Gegenstand der Teilungsklage kann im Rechtsmittelverfahren nicht mehr geändert werden. Wohl aber weist die Klägerin in der Revision mit Recht darauf hin, daß auch eine andere Art der Teilung, als die von ihr in der ersten Instanz vorgeschlagene, in Betracht kommt. Die Klägerin strebt hauptsächlich das Alleineigentum an der Liegenschaft in Baden mit einem Wert von 170.000 S an. Offenbar ist auch der in Wien wohnhafte Beklagte an den in Wien gelegenen Liegenschaften mehr interessiert. Jedenfalls wurde es vom Beklagten nicht als ein Teilungshindernis geltend gemacht, daß die Liegenschaften an verschiedenen Orten gelegen sind. Der Wert der in Wien gelegenen Liegenschaften beträgt zusammen 190.000 S, also nur um 20.000 S mehr als der Wert der Liegenschaft in Baden. Wenn die in Wien gelegenen Liegenschaften dem Beklagten in das Alleineigentum zugewiesen werden, hätte dieser nur einen Betrag von 10.000 S an die Klägerin zum Wertausgleich zu entrichten. Dieser Betrag könnte noch als verhältnismäßig geringfügig angesehen werden. Die Rechtssache ist aber aus dem Grund nicht spruchreif, weil dies Art der Teilung von den Untergerichten mit den Parteien nicht erörtert wurde. Das Gericht darf die Parteien nicht mit einem die Realteilung anordnenden Urteil überraschen, ohne die Art der verfügten Teilung zum Gegenstand der Verhandlung gemacht zu haben. Es muß den Parteien Gelegenheit geben, sich zur Frage der Zweckmäßigkeit und Zumutbarkeit eines bestehenden Teilungsplanes zu äußern.

Das Berufungsgericht hat, von seiner Rechtsansicht ausgehend, zu den Einwendungen des Beklagten, die Aufhebung der Gemeinschaft werde zur Unzeit und zu seinem Nachteil begehrt (§ 830 ABGB.), und zu den diesbezüglichen, in der Berufungsschrift bekämpften, Ausführungen des Erstgerichtes nicht Stellung genommen. Da diese Einwendungen, wenn sie zu Recht bestunden, zur Abweisung des Klagebegehrens führen müßten, muß sich der Oberste Gerichtshof mit ihnen befassen. Die Einwendungen sind jedoch nicht berechtigt. Daß noch ein weiteres Haus in Wien 17., C.-Platz 9, im gemeinsamen Eigentum der Parteien steht, kann das Teilungsbegehren nicht hindern. Es kann auch nur die Realteilung einzelner gemeinschaftlicher Liegenschaften begehrt werden. Die Behauptungen des Beklagten, er habe kein Bargeld und sei nicht in der Lage, einen etwaigen Wertausgleich in Geld zu leisten, ihm sei vom Voreigentümer Anton W. das Recht zur Errichtung eines Gartenhauses eingeräumt worden, die grundbücherliche Durchführung der Teilung sei mit so hohen Kosten verbunden, daß er einen Hausanteil verkaufen müßte, und die Klägerin habe über die von ihr verwalteten Häuser noch nicht Rechnung gelegt, können den Anspruch der Klägerin auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft nicht vereiteln. Nach § 830 ABGB. kann jeder Teilhaber in der Regel die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, doch nicht zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen; er muß sich in diesen Fällen einen den Umständen angemessenen, nicht wohl vermeidlichen Aufschub gefallen lassen. Daraus geht hervor, daß jeder Teilhaber einen unbedingten Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft hat und daß mit der Einwendung der Unzeit und des Nachteiles für die übrigen nur ein den Umständen angemessener, nicht wohl vermeidbarer Aufschub bewirkt, aber der Teilungsanspruch nicht auf die Dauer vereitelt werden kann. Die vom Beklagten vorgetragenen Umstände sind unvermeidbar und können auch durch einen Aufschub nicht beseitigt werden. Sie können dem Teilungsbegehren der Klägerin als solchem nicht entgegengehalten werden (EvBl. 1957 Nr. 82, EvBl. 1958 Nr. 330, EvBl. 1959 Nr. 70 und andere).

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