OGH 5Ob600/59

OGH5Ob600/5923.12.1959

SZ 32/172

Normen

ABGB §141
1. Teilnovelle zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch §16 Abs2
JN §1
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtI
ABGB §141
1. Teilnovelle zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch §16 Abs2
JN §1
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtI

 

Spruch:

Über einen auf einen Vertrag gestützten Anspruch eines minderjährigen Kindes auf Zahlung von rückständigem Unterhalt ist im ordentlichen Rechtsweg zu entscheiden.

Entscheidung vom 23. Dezember 1959, 5 Ob 600/59.

I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Ehe der Eltern der mj. Michael und Veronika P. wurde am 8. September 1948 ohne Verschuldensausspruch gemäß § 55 EheG. geschieden. In dem pflegschaftsbehördlich genehmigten Notariatsakt vom 27. September 1948 hat sich der Vater verpflichtet, zum Unterhalt der beiden Kinder beginnend ab 1. Oktober 1949 jeweils im vorhinein monatlich je 1/6 seines Nettoeinkommens, mindestens aber je 160 S, zu Handen der Mutter zu zahlen.

Das Erstgericht hat auf Antrag der Mutter den vom Vater für die Minderjährigen zu leistenden Unterhalt ab 4. Juni 1959 mit je 1162 S monatlich festgesetzt. Das Begehren auf Festsetzung eines Unterhaltsbetrages von 80.886 S für die Zeit vom 1. Juni 1956 bis 31. Mai 1959 und auf Festsetzung eines Unterhaltsbetrages von monatlich 1162 S je Kind für die Zeit vom 1. Juni bis 3. Juni 1959 hat es mit der Begründung abgewiesen, daß Unterhalt für die Vergangenheit nicht gewährt werden könne.

Infolge der Rekurse beider Eltern änderte das Rekursgericht den erstrichterlichen Beschluß in Ansehung der Abweisung des Begehrens auf Festsetzung eines Unterhaltsbetrages von 80.886 S für die Zeit vom 1. Juni 1956 bis 31. Mai 1959 und auf Festsetzung eines Unterhaltsbetrages von monatlich 1162 S je Kind für die Zeit vom 1. Juni bis 3. Juni 1959 dahin ab, daß die Minderjährigen zur Geltendmachung dieses Anspruches auf den Rechtsweg verwiesen wurden. Im übrigen hob das Rekursgericht den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht hinsichtlich des Unterhaltsbegehrens für die Zeit ab 4. Juni 1959 eine nach Verfahrensergänzung zu fällende neue Entscheidung auf. Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, daß der aus § 1418 ABGB. abgeleitete Rechtssatz "nemo pro praeterito alitur" der Einforderung rückständiger bestimmter Unterhaltsraten auf Grund bestehender Unterhaltsvereinbarungen nicht entgegenstehe, vermeinte aber, daß auf einen Vertrag gestützte Unterhaltsansprüche für bereits verflossene Zeiträume nicht im außerstreitigen Verfahren, sondern nur im Prozeßweg geltend gemacht werden könnten, auch wenn die dem Vertrag zwischen den Eltern durch die pflegschaftsbehördliche Genehmigung beigetretenen anspruchsberechtigten Kinder noch minderjährig seien.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionsrekursen der Eltern der Kinder nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach einheitlicher Rechtsprechung (vgl. insbesondere das Judikat Nr. 237, GlUNF. 7608) ist über die Unterhaltsansprüche minderjähriger ehelicher Kinder gegen ihre Eltern und Großeltern vom Pflegschaftsgericht im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Vater seine gesetzliche Verpflichtung bereits vertragsmäßig anerkannt hat oder nicht (GlUNF. 6595). Immer muß es sich jedoch um dem Vater nach dem Gesetz obliegende Leistungen aus dem Eltern- und Kinderverhältnis handeln. Nun gewährt aber das Gesetz (§ 1418 ABGB.) für die Vergangenheit keine Unterhaltsansprüche (vgl. hiezu das Judikat Nr. 40, ferner die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes EvBl. 1954 Nr. 414, JBl. 1956 S. 448 u. a.). Daher kann die Mutter namens der minderjährigen Kinder für die Vergangenheit einen Unterhalt beim außerstreitigen Richter mit Erfolg nicht fordern, weil ihr das Gesetz die Geltendmachung dieses Anspruches verwehrt. Soweit sich die Mutter hiebei auf einen Vertragstitel, nämlich auf das pflegschaftsbehördlich genehmigte Übereinkommen vom 27. September 1948, beruft, steht ihrer Forderung die Bestimmung des § 1418 ABGB. zwar nicht entgegen; allem es handelt sich hier nicht mehr um einen gesetzlichen, sondern um einen privatrechtlichen streitigen Anspruch, über welchen gemäß Art. I EGZPO. die Entscheidung im ordentlichen Rechtsweg und nicht im außerstreitigen Verfahren zu treffen ist. Daher war es, wenn auch nicht nach der Bestimmung des § 2 Abs. 2 Z. 7 AußStrG., so doch im Ergebnis (vgl. § 2 Abs. 2 Z. 1 AußStrG. und § 41 Abs. 1 und 3 JN.) richtig, daß das Rekursgericht die Minderjährigen zur Geltendmachung dieses Anspruches auf den Rechtsweg verwiesen hat.

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