Normen
Wasserrechtsgesetz §37 Abs3
Wasserrechtsgesetz §37 Abs3
Spruch:
Zum Umfang der Rechte des Ufereigentümers nach § 37 Abs. 3 WRG.
Entscheidung vom 30. September 1959, 1 Ob 262/59.
I. Instanz: Bezirksgericht Deutschlandsberg; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.
Text
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer des Fischereirechtes in der Stullnegg im gesamten Gemeindegebiet A. Sie behaupten, der Beklagte habe ihr Fischereirecht dadurch geschädigt, daß er am 28. November 1957 mit einer motorisierten Schubraupe das Bachbett der Stullnegg in einer Länge von ungefähr 200 m gänzlich umgegraben und umgepflügt habe. Dadurch hätten sie einen Schaden von mindestens 1500 S erlitten. Sie begehren, den Beklagten schuldig zu erkennen:
1. das Einbringen einer motorisierten Schubraupe in das Bett des Stullneggbaches, soweit dieses in der Gemeinde A. an sein Grundstück angrenze, und die Umgestaltung dieses Bachbettes mit derartigen Mitteln in Hinkunft zu unterlassen;
2. den klagenden Parteien korreal den Betrag von 1500 S samt 4% Zinsen seit 28. November 1957 zu zahlen.
Der Beklagte hat behauptet, nur im Rahmen der ihm nach § 37 Abs. 3 WRG. zustehenden Befugnisse gehandelt zu haben, daher weder zur Unterlassung noch zum Schadenersatz verpflichtet zu sein.
Das Erstgericht wies die Klage zur Gänze ab, da der Beklagte nach der erwähnten Gesetzesstelle ermächtigt sei, als Ufereigentümer die Räumung des Bettes und Ufers auch ohne Bewilligung auszuführen. Eine Einschränkung der Räumungsbefugnis sei dieser gesetzlichen Bestimmung nicht zu entnehmen. Der Beklagte als Ufereigentümer habe daher zur Bachbetträumung ohne weiteres auch eine Schubraupe verwenden können. Maßnahmen zur Pflege der Gewässer im Sinne der §§ 37 Abs. 3 und 43 WRG., insbesondere die Räumung des Bettes von Anschotterungen, Schlamm und anderen Ablaufhindernissen sowie die laufende Instandhaltung der Ufer, müsse der Fischereiberechtigte dulden, sofern es sich nicht um Laichschonstätten und Winterlager nach § 15 Abs. 2 bis 7 WRG. handle. Ein Unterlassungsanspruch, wie ihn die Kläger stellten, komme ihnen daher nicht zu. Da der Beklagte von seinem Recht auf Bachräumung nur innerhalb der rechtlichen Schranken Gebrauch gemacht habe, sei er auch nicht schadenersatzpflichtig geworden.
Mit Beschluß vom 2. Juli 1958 hob das Berufungsgericht über Berufung der Kläger dieses Urteil insoweit auf, als damit das Schadenersatzbegehren der Kläger abgewiesen wurde. Dieser Aufhebungsbeschluß wurde rechtskräftig, weil keine der Parteien von dem beigesetzten Rechtskraftvorbehalt Gebrauch gemacht hat.
Mit Beschluß vom 23. Februar 1959 wurde das Ersturteil auch hinsichtlich der Abweisung des Unterlassungsbegehrens aufgehoben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Von dem auch diesem Aufhebungsbeschluß beigesetzten Rechtskraftvorbehalt hat der Beklagte Gebrauch gemacht, Rekurs erhoben und die Aufhebung des Beschlusses beantragt.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Es ist zwar richtig, daß nach § 37 Abs. 3 WRG. der Eigentümer des Ufers an den nicht zur Schiff- oder Floßfahrt benützten Strecken der fließenden Gewässer befugt ist, Stein-, Holz- oder andere Verkleidungen zum Schutze und zur Sicherung seines Ufers sowie die Räumung des Bettes und Ufers ohne wasserrechtliche Bewilligung aus zuführen. Allein in der Klage wurde ausdrücklich behauptet, daß der Beklagte am 28. November 1957 dieses sein Recht auf Räumung des Baches dadurch überschritten habe, daß er mit einer schweren motorisierten Schubraupe das Bachbett der Stullnegg in einer Länge von ungefähr 200 m gänzlich umgegraben und umgepflügt und dadurch das Bachbett verändert, zum Teil verlegt und zum Teil vertieft habe. Dadurch sei eine schwere Verschmutzung des Wassers der Stullnegg entstanden, wodurch die Kläger den behaupteten Schaden von 1500 S erlitten hätten. Der Beklagte hingegen hat behauptet, daß durch Hochwasser im Frühjahr 1957 Uferausrisse eingetreten seien und sich der ordentliche Lauf der Stullnegg auf einer Länge von zirka 100 m verändert habe. Zur Sicherung des Ufers habe er das Bachbett auf der ihn betreffenden Länge von zirka 100 m mit einer Schubraupe geräumt, das Bachbett ungefähr in seinen ursprünglichen ordentlichen Lauf zurückverlegt und seine Ufer entsprechend gesichert und geschützt. Schon dieses Vorbringen läßt die Möglichkeit offen, daß der Beklagte tatsächlich mehr getan hat, als lediglich das Bett der Stullnegg zu räumen und die Ufer dieses Baches zu sichern.
Bevor nicht feststeht, wie der Zustand der Stullnegg vor den Hochwässern im Frühjahr 1957 und vor dem 28. November 1957 gewesen ist, welche Arbeiten der Beklagte geleistet und welche Vorkehrungen er getroffen hat, ferner in welcher Art er diese Arbeiten und Vorkehrungen ausgeführt hat, kann über das Unterlassungsbegehren der Kläger nicht abgesprochen werden, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat. Das Erstgericht wird zunächst die Vorfälle festzustellen und dann allenfalls unter Beiziehung von Sachverständigen aus dem Wasserbaufach zu beurteilen haben, ob das vom Beklagten Unternommene und Vorgekehrte noch dem Begriff der Bachräumung nach § 37 Abs. 3 WRG. unterstellt werden kann. Anhaltspunkte, was unter Ufersicherung und Bachräumung im § 37 Abs. 3 WRG. von diesem Gesetz verstanden wird, können den Bestimmungen des § 43 WRG. entnommen werden.
Hiebei wird zu berücksichtigen sein, daß § 37 Abs. 3 WRG., wie selbst der Rekurs ausführt, das Maximum dessen bestimmt, was der Gründeigentümer ohne wasserrechtliche Bewilligung machen darf, daß er aber, um ein Beispiel herauszugreifen, einen durch die eigene Tätigkeit des Wassers geschaffenen, neuen natürlichen Wasserablauf (Durchbruch eines Gewässers infolge Vermurung des Bettes und Entstehung eines neuen Bachbettes) nicht eigenmächtig ändern darf, sondern für die Wiedereröffnung des verschütteten Bettes einer wasserrechtlichen Bewilligung bedarf (vgl. VwGH. Zl. 2878, Budw. 8777 (A.)).
Das Erstgericht wird auch zu berücksichtigen haben, daß die Bestimmung des § 413 ABGB. durch die Wasserrechtsgesetzgebung nicht außer Kraft gesetzt wurde (Klang 2. Aufl. II 282; Haager - Vanderhaag, Das neue österreichische Wasserrecht, S. 290), wonach "jeder Grundbesitzer befugt ist, seine Ufer gegen das Ausreißen des Flusses zu befestigen, allein niemand solche Werke oder Pflanzungen anlegen darf, die den ordentlichen Lauf des Flusses verändern oder die der Schiffahrt, den Mühlen, der Fischerei oder anderen fremden Rechten nachteilig werden könnten". Auch auf die am 28. November 1957 noch in Geltung gestandene Bestimmung des § 8 Abs. 5 WRG. wird Rücksicht zu nehmen sein, daß jede nicht auf einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde beruhende Verunreinigung des Wassers verboten ist. Daß diese Bestimmung inzwischen durch Art. I Z. 1 der Wasserrechtsnovelle 1959, BGBl. Nr. 54, aufgehoben wurde, ist für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch ohne Bedeutung, weil durch den gleichzeitig eingeführten § 30b WRG. angeordnet wurde, daß jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Verunreinigung von Gewässern herbeiführen könnten, die im Interesse der Reinhaltung erforderliche Sorgfalt im Sinne des § 1297 ABGB. anzuwenden hat.
Aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen der §§ 37 Abs. 3 WRG., 413 ABGB., 8 Abs. 5 und nunmehr 30b WRG. ergibt sich demnach, daß der Kläger nur zu solchen Vorkehrungen ohne wasserrechtliche Bewilligung berechtigt war und ist, die üblicherweise dem wasserrechtlichen Begriff der Bachräumung unterstellt werden können, daß er aber auch bei einer solchen ihm gestatteten Bachräumung darauf zu achten hatte und zu achten hat, das Wasser möglichst wenig zu verschmutzen und die Interessen der Fischereiberechtigten tunlichst zu schonen. Ob zu einer Bachräumung, die auf eine möglichst geringe Verschmutzung des Wassers und auf eine möglichst weitgehende Schonung fremder Fischereirechte Bedacht nimmt, zweckmäßig eine Schubraupe verwendet werden kann, kann gleichfalls ohne Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiete des Wasserbaus und des Fischereiwesens nicht geklärt werden. Abschließend kann in diesem Zusammenhang noch auf die Entscheidung des OGH. EvBl; 1958 Nr. 303 verwiesen werden, wo in einem ähnlichen Fall - es handelt sich um die zweckmäßige Spülung des Stauraumes eines Flußkraftwerkes - die Rechtsansicht vertreten wurde, daß die Spülung einerseits auf eine wirtschaftlich zumutbare, andererseits die Interessen der übrigen Berechtigten berücksichtigende Art zu erfolgen habe. Der gleiche Grundsatz muß auch für die Räumung eines Baches gelten.
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