OGH 2Ob264/59

OGH2Ob264/5917.6.1959

SZ 32/81

Normen

ABGB §943
Notariatszwangsgesetz §1 Abs1 litd
ABGB §943
Notariatszwangsgesetz §1 Abs1 litd

 

Spruch:

Zur wirklichen Übergabe bei Übertragung eines Bankkontos.

Entscheidung vom 17. Juni 1959, 2 Ob 264/59.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Max K. hatte seinerzeit ein Konto bei der S.-Bank in Z. Er ist am 2. November 1952 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Anordnung gestorben. Der Nachlaß wurde am 3. April 1954 der Beklagten (Witwe des Max K.) zur Hälfte und dem Kläger sowie seiner Schwester zu je einem Viertel eingeantwortet. Das Guthaben auf dem vorerwähnten Konto wurde in den Nachlaß nicht einbezogen. Der Kläger begehrt mit der nach der Einantwortung eingebrachten Klage die Verurteilung der Beklagten Friederike K. zur Zahlung eines Viertels des auf dem erwähnten Konto erliegenden Betrages.

Die Beklagte wendete u. a. ein, daß ihr das Geld geschenkt worden sei.

Das Erstgericht erkannte gemäß dem Klagebegehren. Es stellte fest, daß das ursprünglich auf "Max K." lautende Konto auf "Max K. und/oder Friederike K." übertragen worden und daß jeder der beiden Ehepartner für sich allein über das Konto verfügungsberechtigt gewesen sei. Bei einer - wie im vorliegenden Fall - erfolgten Übergabe durch Zeichen sei erforderlich, daß der Übernehmer in den Stand gesetzt werde, ausschließend den Besitz der Sache zu ergreifen. Da das Konto nicht auf die Beklagte allein übertragen worden sei, sei eine wirkliche Übergabe nicht erwiesen. Daß Max K. Miteigentum zu bestimmten Teilen habe begrunden wollen, sei nicht behauptet worden.

Infolge Berufung der Beklagten hob das Berufungsgericht das Ersturteil mit Rechtskraftvorbehalt auf. Die Errichtung eines Kontos für eine bestimmte Person oder die Einzahlung auf ein solches Konto sei eine Form der wirklichen Übergabe im Sinne des § 943 ABGB. Die bisherigen Feststellungen über die zwischen den Ehegatten K. getroffenen Vereinbarungen reichten jedoch - so meinte das Berufungsgericht - zur Beurteilung des Sinnes dieser Vereinbarungen nicht aus. Die Feststellung, Max K. habe der Beklagten das Geld geschenkt, würde für die Annahme sprechen, daß die Beklagte Alleineigentümerin werden sollte. Die für die Schenkung gewählte Form der wirklichen Übergabe hätte jedoch nur zur Begründung eines Miteigentums ausgereicht. Die Feststellung, Max K. habe zeit seines Lebens Abhebungen machen können, sei mit der ersten angeführten Feststellung nicht zwanglos in Einklang zu bringen. Eine Feststellung, daß jeder Teil unbeschränkt für sich verfügungsberechtigt sein sollte, würde für die Absicht, gemeinschaftliches Eigentum zu begrunden, sprechen. Neben der Möglichkeit, daß der Beklagten das Geld nur für den Fall des Vorversterbens des Max K. gehören sollte, wäre auch denkbar, daß sich Max K. nur für den Fall des Vorversterbens der Beklagten das Verfügungsrecht sichern wollte. Zur Beurteilung des Zustandekommens und des allfälligen Ausmaßes einer Schenkung unter Lebenden seien daher noch weitere Feststellungen über den Parteiwillen erforderlich.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Klägers Folge, hob den angefochtenen Beschluß des Berufungsgerichtes auf und trug diesem Gericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung der Beklagten auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wirkliche Übergabe im Sinne des § 943 ABGB. setzt einen sinnfälligen, nach außenhin bemerkbaren Akt voraus, der derart beschaffen sein muß, daß aus ihm der ernstliche Wille des Schenkers hervorgeht. Das Objekt der Schenkung sofort aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen. Nach den Feststellungen der Untergerichte hat Max K. im Jahre 1951 der Beklagten gegenüber die mündliche Erklärung abgegeben, daß er ihr das in der S.-Bank erliegende Geld schenke. Max K. veranlaßte dann, daß sein Konto bei der S.-Bank von "Max K." auf "Max K. und/oder Friederike K."

übertragen wurde, was zur Folge hatte, daß von da ab beide einzeln und unabhängig voneinander über das Konto verfügungsberechtigt waren.

Aus der - wenn auch von der Beklagten angenommenen - bloß mündlich abgegebenen Erklärung des Max K. ist der Beklagten ein Anspruch nicht erwachsen; diese Erklärung konnte mangels Einhaltung der im § 1 Abs. 1 lit. d NotZwangsG. vorgeschriebenen Form keinerlei Rechtswirkung erzeugen. Was aber die nachfolgende, in der Übertragung des Kontos bestehende Erfüllungshandlung anlangt, so hat diese in ihrer von Max K. gewählten Form eine vorbehaltlose Übergabe des Gegenstandes der Schenkung an die Beklagte nicht nur nicht herbeigeführt, sondern geradezu ausgeschlossen. Die im § 943 ABGB. geforderte wirkliche Übergabe ist somit nicht erfolgt. Die Sache ist daher im Sinne der Bestätigung des erstgerichtlichen Urteils spruchreif.

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