OGH 6Ob53/59

OGH6Ob53/5925.2.1959

SZ 32/26

Normen

Handelsagentengesetz §6
Handelsagentengesetz §6

 

Spruch:

Die nachträgliche Aufhebung der devisenbehördlichen Genehmigung eines abgeschlossenen Geschäftes rechtfertigt dessen Nichtausführung und schließt den Provisionsanspruch des Vermittlers gemäß § 6 Abs. 3 HAG. aus.

Entscheidung vom 25. Februar 1959, 6 Ob 53/59.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Intanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Nach den Feststellungen der Untergerichte wurde den beiden Beklagten durch Vermittlung des Klägers am 20. November 1957 von der forst- und landwirtschaftlichen G.- und P.-Handelsgesellschaft m. b. H. (alleinige Gesellschafterin Geldinstitutszentrale in B.) mit Notariatsakt zu 80% bzw. 20% deren Geschäftsanteil gegen Bezahlung eines Betrages von 6.000.000 S auf ein Konto in Zürich und gegen Erlag eines weiteren Betrages von 200.000 S bei einem inländischen Geldinstitut abgetreten. Es handelt sich bei dem Vermögen der Gesellschaft um im südlichen Burgenland gelegene land- und forstwirtschaftliche Grundstücke. Die Oesterreichische Nationalbank hatte schon vorher mit den Bescheiden vom 12. November 1957 und vom 19. November 1957 die devisenbehördliche Genehmigung erteilt. Auf Grund des zunächst vom Erstbeklagten mit dem Kläger abgeschlossenen Vermittlungsvertrages vom 6. November 1957, dem später der Zweitbeklagte beitrat, hatten die Beklagten dem Kläger für den Fall, daß sie die vorerwähnten Liegenschaften nicht oder ohne seine Mitwirkung beim Kaufabschlusse kauften, eine Käuferprovision von 2% der Kaufsumme, fällig beim Vertragsabschluß, zu zahlen. Das Bundesministerium für Finanzen änderte nachträglich mit Bescheid vom 4. Dezember 1957 die Genehmigungsbescheide der Oesterreichischen Nationalbank in der Weise ab, daß die devisenbehördliche Genehmigung versagt wurde. In weiterer Folge erklärten sich die Käufer (Beklagten) bereit, "vom Vertrag zurückzutreten", wogegen sich die land- und forstwirtschaftliche B.-Gesellschaft, die nunmehr als Kaufinteressentin auftrat, verpflichtete, ihnen eine Abfindungssumme von 600.000 S zu zahlen.

Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung der 2%igen Provision in der Höhe von 120.000 S s. A.

Das Erstgericht bejahte den aufrechten Bestand der Provisionsforderung. Die nachträgliche Versagung der schon erteilten devisenbehördlichen Genehmigung könne dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen. Sie sei einem Zufall gleichzuhalten, der sich im Vermögen der Beklagten ereignet habe und von diesen zu vertreten sei. Doch sei die Solidarverpflichtung der Beklagten zu verneinen. Ihre Haftung bestehe im Verhältnis von 80% zu 20%. Das Erstgericht verurteilte den Erstbeklagten zur Zahlung von 96.000 S, den Zweitbeklagten zur Zahlung von 24.000 S, je samt 4% Zinsen seit 21. November 1957, und wies das Mehrbegehren auf Verurteilung zur solidarischen Zahlung der zugesprochenen Beträge ab.

Das Berufungsgericht hob auf Berufung der beklagten Parteien das Ersturteil - das in Ansehung der Abweisung des Mehrbegehrens (Solidarhaftung) unangefochten geblieben war - im angefochtenen Umfang unter Rechtskraftvorbehalt auf. Von einer aufschiebenden Wirkung der seinerzeitigen devisenbehördlichen Genehmigungen könne nicht die Rede sein, weil sie keinem Rechtszug und keiner Genehmigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde (Bundesministerium für Finanzen) unterlegen seien. Eine Überprüfung der nachträglichen abändernden Entscheidung des Finanzministeriums durch die Gerichte wäre aus den in dieser Richtung zutreffenden Gründen des Erstgerichtes nicht statthaft. Die Abänderung schon erteilter devisenbehördlicher Genehmigungen könne nur unter dem Gesichtspunkt des § 68 Abs. 3 AVG. 1950 durch das Bundesministerium für Finanzen als Oberbehörde erfolgen, d. h. wenn die Abänderung in Wahrung des öffentlichen Wohles oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich sei. Der Abschluß des Veräußerungsgeschäftes sei daher rechtswirksam, doch könne der Auffassung des Erstgerichtes nicht beigetreten werden, daß die nachträgliche Abänderung der devisenbehördlichen Genehmigung durch das Bundesministerium für Finanzen einen Zufall darstelle, der sich im Vermögen der Beklagten ereignet habe. Durch den Abänderungsbescheid sei die Erfüllung des Veräußerungsgeschäftes nachträglich unmöglich geworden (§ 1447 ABGB.), was auf den Bestand der Provisionsforderung nicht ohne Einfluß sei. Denn nach § 6 Abs. 3 HAG. könne bei Unterbleiben der Ausführung des Geschäftes die mit dem Vertragsabschluß entstandene Provisionsforderung nur dann geltend gemacht werden, wenn die Ausführung des Geschäftes infolge eines Verhaltens des Geschäftsherrn unterblieben sei. Werde davon ausgegangen, daß die Erfüllung des Veräußerungsgeschäftes infolge der nachträglichen Abänderung der devisenbehördlichen Genehmigung unmöglich wurde, dann sei die Ausführung nicht infolge eines Verhaltens der Beklagten unterblieben. Es könnte daher die Provision grundsätzlich nicht gefordert werden, doch komme dem Umstand Bedeutung zu, daß die Beklagten nach der Abänderung der devisenbehördlichen Genehmigung mit der Verkäuferin und der neuen Kaufinteressentin eine Vereinbarung getroffen hätten, wonach sie "vom Vertrag zurücktraten, wogegen sich die neue Kaufinteressentin verpflichtete, ihnen eine Abfindungssumme von 600.000 S zu zahlen. Die Beklagten hätten selbst in ihrer Klagebeantwortung von der Errechnung "einer Abstandssumme" gesprochen, wenn sie auch im Gegensatz zum Kläger den Standpunkt eingenommen hätten, daß hiebei die gegenständliche Provision nicht berücksichtigt worden sei. Sie hätten sogar nach ihrem eigenen Vorbringen die devisenbehördliche Genehmigung zur Ausfuhr des genannten Betrages in die Deutsche Bundesrepublik erwirkt. Es sei nun angesichts der Wirkung des Abänderungsbescheides des Bundesministeriums für Finanzen nicht ohne weiteres ersichtlich, welches Interesse an einem "Rücktritt der Beklagten vom Vertrag bestanden haben sollte und welchen Anlaß die neue Käuferin gehabt hätte, den Beklagten eine so hohe Abfindungssumme zu zahlen, deren Ausfuhr in die Deutsche Bundesrepublik sogar von der Oesterreichischen Nationalbank genehmigt worden sein solle. Es sei denkbar, daß die an der neuen Vereinbarung Beteiligten mit der Möglichkeit gerechnet hätten, daß der Abänderungsbescheid des Bundesministeriums für Finanzen auf irgendeine Weise beseitigt würde und damit das Veräußerungsgeschäft doch noch hätte ausführbar werden können. Hätten nun die Beklagten in Ausnützung dieser Ungewißheit die Möglichkeit gehabt, durch Abgabe einer Erklärung, am Vertrage nicht mehr festhalten zu wollen und daher auch ein etwa bereits eingebrachtes Rechtsmittel zurückzunehmen, den Ersatz ihrer Auslagen einschließlich der gegenständlichen Provisionsspesen von dem neuen Kaufinteressenten zu erhalten, dann könnten sie sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht auf die Bestimmung des § 6 Abs. 3 HAG. berufen. Denn diese Bestimmung solle nur verhüten, daß der Geschäftsherr im Falle des von ihm nicht zu vertretenden Unterbleibens der Ausführung des Geschäftes mit Provisionen belastet werde, die er, ohne einen Nutzen aus dem Geschäft zu haben, aus eigenem tragen müßte. Es würde vielmehr in diesem Falle bei der mit dem Vertragsabschluß entstandenen grundsätzlichen Verpflichtung zur Zahlung der Provision verbleiben. Da das Erstgericht Erörterungen und Feststellungen in der aufgezeigten Richtung unterlassen habe, bedürfe es einer Verfahrensergänzung zu diesen Fragen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Kläger ist nach seinen eigenen Angaben konzessionierter Realitätensensal und befaßt sich vorwiegend mit der Vermittlung des Verkaufes und Ankaufes ländlicher Besitzungen. Es kommen daher für ihn gemäß § 29 HAG. die Bestimmungen des § 6 Abs. 3 HAG. zur Anwendung, die vom Rekurs geflissentlich übergangen werden. Aus § 6 Abs. 3 HAG. folgt, daß der Anspruch auf Zahlung der Provision dann nicht begrundet ist, wenn die Ausführung des abgeschlossenen Geschäftes aus wichtigen Gründen unterblieben ist. Die Vorschrift des §§ 6 Abs. 3 BAG. bedeutet nach ständiger Judikatur (SZ. V 140, SZ. XXV 248, SZ. XXVII 189, 3 Ob 79/56, 7 Ob 531/56, 1 Ob 552/57, 2 Ob 46/58, 6 Ob 209/58 u. a.), daß der Beklagte, um sich von der Provisionspflicht befreien zu können, nachweisen muß, die Ausführung des Geschäftes sei ohne sein Verschulden infolge einer nachträglichen Änderung der Verhältnisse unmöglich oder unzumutbar geworden. Es ist im vorliegenden Rechtsstreit Sache der Beklagten, die Nichtausführung des bereits angeschlossenen Geschäftes zu rechtfertigen. Die Beklagten haben in dieser Richtung Beweise im Verfahren vor dem Erstgericht, so insbesondere schon in der Klagebeantwortung, angeboten. Die "wichtigen Gründe" müssen nicht gerade in der Person des Vertragspartners des Geschäftsherrn gelegen sein. Der Vermittler soll wohl vor Willkür oder sonstigem Verschulden des Geschäftsherrn bewahrt bleiben. Der Geschäftsherr soll aber dann entschuldigt sein, wenn nach objektiver Auffassung des Verkehrs maßgebliche Tatsachen dieses Verhalten rechtfertigen. Entscheidend ist nur, ob der Geschäftsherr wichtige Gründe nachzuweisen vermag, die es rechtfertigen, daß er von der Ausführung des Geschäftes oder der Einforderung der ihm nach Inhalt des Geschäftes gebührenden vollen Gegenleistung des Dritten Abstand nahm, wenn ihm also nach den Anschauungen des Verkehrs das Bestehen auf der Ausführung des Geschäftes oder der vollen Erbringung der ihm nach dem Inhalt des Geschäftes zustehenden Leistungen nicht zugemutet werden kann. Dies bedeutet, auf den vorliegenden Fall angewendet, daß aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses aus der nachträglichen Abänderung der devisenbehördlichen Genehmigung im Sinne einer Versagung eine Befreiung der Beklagten von der Provisionspflicht folgen könnte, weil eine nachträgliche Unmöglichkeit dann vorliegt, wenn nach Vertragsabschluß der Leistung Rechtshindernisse entgegenstehen (Palandt, BGB., 19. Aufl. Anm. 1 zu § 275) oder wenn die Leistung nur unter Schwierigkeiten möglich ist, deren Überwindung dem Leistungspflichtigen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann. Ginge man daher nur von der Tatsache der nachträglichen Behebung der devisenbehördlichen Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde aus, müßte die Rechtfertigung der Nichtausführung des bereits abgeschlossenen Geschäftes durch die Beklagten als gelungen angesehen werden, womit dem geltend gemachten Anspruch die rechtliche Grundlage entzogen wäre. Das Berufungsgericht hat jedoch zutreffend erkannt, daß es darauf allein nicht ankommt, weil es noch einer Prüfung der Frage bedarf, welche nähere Bewandtnis es mit der nach Abänderung der devisenbehördlichen Genehmigung erfolgten Vereinbarung über einen "Vertragsrücktritt" und die Zahlung einer "Abstandssumme" hat. Die Gründe des Berufungsgerichtes, aus denen es zur Aufhebung des Ersturteiles gelangte, stehen mit den vorausgeschickten Erwägungen im Einklang.

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