OGH 1Ob482/58

OGH1Ob482/587.1.1959

SZ 32/2

Normen

Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §35 Abs1 Z1
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §35 Abs1 Z1

 

Spruch:

Zum Entlastungsanspruch des Geschäftsführers einer GesmbH. nach § 35 Abs. 1 Z. 1 GesmbHG.

Entscheidung vom 7. Jänner 1959, 1 Ob 482/58.

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist die Entlastung als Geschäftsführer der beklagten Partei zu erteilen.

Die Untergerichte haben festgestellt: Der Kläger war bis 11. Dezember 1954 Geschäftsführer der beklagten Partei. In seinem Schreiben vom 21. März 1955 an die beklagte Partei erklärte er, daß er die beklagte Partei wegen aller bisher noch nicht bekannten oder in der Buchhaltung nicht enthaltenen, etwa neu aufkommenden Schulden schad- und klaglos halten werde, soweit es sich um Schulden handle, die vor dem 10. Dezember 1954 entstanden seien. Mit Notariatsakt vom 26. Mai 1955, in welchem Zeitpunkt nur der Kläger und Ing. Fred B. Stammeinlagen bei der beklagten Partei hatten, übertrug der Kläger seine Stammeinlage an Ing. Fred B. Im Punkt VII dieses Notariatsaktes erklärte Ing. Fred B., dem Kläger die Entlastung für seine Gestion als Geschäftsführer bis zu seiner Enthebung zu erteilen. Der Kläger erklärte anläßlich der Errichtung dieses Notariatsaktes, daß seine Haftungsübernahme vom 21. März 1955 vollinhaltlich aufrecht bleibe, er benötige die Entlastungserklärung für seine Standesbehörde. Nur auf Grund dieser ausdrücklichen Erklärung des Klägers gab Ing. Fred B. die im Punkt VII des Notariatsaktes angeführte Entlastungserklärung ab.

Zu diesem Sachverhalt vertraten die Parteien im Zug des Verfahrens wechselnde Rechtsansichten. Der Kläger hatte sein Begehren zunächst nur darauf gestützt, daß er einen diesbezüglichen Anspruch habe, ohne hiezu nähere Ausführungen machen. In einem späteren Schriftsatz behauptete er, ihm sei die Entlastung vom September 1954 bis Mai 1955 wohl versprochen, aber nicht erteilt worden. Er sei nur bereit gewesen, seine Stammeinlage an Ing. Fred B. gegen "vollkommene Entlastung" zu übertragen. Die Entlastung im Punkt VII des Notariatsaktes vom 26. Mai 1955 sei wirksam; er sei aber erst später zu der nach seiner Meinung richtigen Rechtsansicht gekommen, daß Ing. B. als Alleininhaber der beklagten Partei mit der beklagten Partei ident sei und daher auch wirksam die Entlastung erteilen konnte. Mit dem Notariatsakt vom 26. Mai 1955 sei ihm eine "völlige Entlastung" erteilt worden. Auch in seiner Berufungsschrift vertritt er den Standpunkt, ihm sei am 26. Mai 1955 "rückhaltlose Entlastung" erteilt worden, mit der Klage verlange er nur die formelle Bestätigung der bereits wirksam erteilten Entlastung durch die Generalversammlung. In der Revisionsschrift vertrat er hingegen den Standpunkt, daß seine zivilrechtlichen Ansprüche auf Entlastung durch die Erklärung des Ing. Fred B. im erwähnten Notariatsakt nicht befriedigt worden seien und seine Klage als negative Feststellungsklage zu werten sei.

Auch die beklagte Partei hat ihre Rechtsansichten im Zuge des Verfahrens wiederholt geändert. Zunächst wurde behauptet, Ing. Fred B. habe die Erklärung im Punkt VII des Notariatsaktes vom 26. Mai 1955 nur zur formellen Vorlage bei der Standesbehörde des Klägers abgegeben, die Haftungserklärung desselben aus seinem Schreiben vom 21. März 1955 sollte voll aufrecht bleiben. Eine Entlastung habe dem Kläger nicht erteilt werden können, weil noch weiterhin bisher unbekannte Schulden aufkamen, für die der Kläger zu haften habe. Die Betriebsprüfung durch das Finanzamt sei auch noch nicht abgeschlossen. In der Berufungsmitteilung vertrat die beklagte Partei hingegen den Standpunkt, dem Kläger sei am 26. Mai 1955 keine proforma-Entlastung erteilt worden. Er habe vielmehr durch Ing. B. seine Entlastung für seine Gestion als Geschäftsführer erhalten, mit Ausnahme jener Verpflichtungen, die sich aus der Haftungserklärung des Klägers vom 21. März 1955 ergäben. In der Revisionsbeantwortung wird der Anspruch des Klägers mit dem Hinweis darauf bestritten, daß die beklagte Partei eine Einmann-Gesellschaft sei, die Erklärung des Ing. B. im Notariatsakt vom 26. Mai 1955 somit einen Generalversammlungsbeschluß ersetze. Der Kläger habe daher bereits erhalten, worauf er Anspruch habe. Ihm fehle es somit an einem Rechtsschutzinteresse.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte aus, die Behauptung des Klägers, ihm sei durch Punkt VII des Notariatsaktes vom 26. Mai 1955 eine "rückhaltlose Entlastung" erteilt worden, sei nicht erwiesen. Er könne daher die Verurteilung der beklagten Partei zur Erteilung der Entlastung erst begehren, wenn er in der Lage sei, nachzuweisen, daß seine Haltung aus der Erklärung vom 21. März 1955 erloschen sei. Dies würde erst dann eintreten, wenn er den Beweis zu erbringen vermöge, daß keine der beklagten Partei nicht bekanntgewordenen Schulden aus der Zeit seiner Geschäftsführung bestunden. Derzeit sei sein Klagebegehren abzuweisen.

Über Berufung des Klägers übernahm das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes, bestätigte dessen Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, daß der Kläger zwar grundsätzlich einen Anspruch auf Entlastung habe, daß dieser Anspruch aber durch Punkt VII des Notariatsaktes vom 26. Mai 1955 befriedigt worden sei. Durch den Erwerb der klägerischen Stammeinlage durch Ing. Fred B. sei die beklagte Partei zur Einmann-Gesellschaft geworden, deren Stammeinlagen Ing. Fred B. gehörten. Dieser sei daher berechtigt gewesen, dem Kläger die Entlastung unter Vorbehalt der Rechte der beklagten Partei aus dem Schreiben des Klägers vom 21. März 1955 zu erteilen. Die Rechtswirksamkeit seiner Haftung aus diesem Schreiben könne der Kläger nicht mit der vorliegenden Klage bekämpfen. Hiezu stehe ihm der Behelf einer Feststellungsklage offen.

Der Oberste Gerichtshof hob die Urteile der Untergerichte auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Rechtsrüge ist begrundet. Hier ist zunächst zu untersuchen, was unter der Entlastung des Geschäftsführers im § 35 Abs. 1 Z. 1 GesmbHG. zu verstehen ist. Hiebei kann auch die deutsche Rechtsprechung und Rechtslehre herangezogen werden, weil die Entlastung eines Geschäftsführers im § 46 des deutschen GesmbHG. im wesentlichen gleich geregelt ist.

Die Entlastung eines Geschäftsführers stellt diesen von allen Ansprüchen frei, die der Gesellschaft bei sorgfältiger Prüfung aller Unterlagen als aus Verstößen des Geschäftsführers erwachsend erkennbar waren (Baumbach - Hueck, GesmbHG., 8. Aufl. S. 175). Die Entlastung ist eine einseitige Erklärung der Gesellschaft und hat in der Regel eine ähnliche Wirkung wie ein Verzicht auf Ersatzansprüche oder ein Anerkenntnis des Nichtbestehens solcher Ansprüche. Der Sinn der Entlastung ist der, daß sie grundsätzlich den Entlasteten von allen etwa aus Verstößen gegen ihn zu erhebenden Ersatzansprüchen freistellt, die der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlußfassung bei sorgfältiger Prüfung der vorgelegten, ordnungsgemäß geführten Unterlagen erkennbar waren (Hachenburg, Kommentar zum GesmbHG., 6. Aufl. II S. 159). Die Unterlagen müssen vollständig gewesen sein, die Verstöße dürfen weder durch Täuschung noch durch irreführende Vorlagen verschleiert gewesen sein (Baumbach - Hueck a. a. O.). Nur soweit etwa zu beanstandende Vorgänge aus den vorgelegten Unterlagen zu erkennen waren, entfallen nach ausgesprochener Entlastung die Ersatzansprüche. Ersatzansprüche können aber nach der Entlastung noch geltend gemacht werden, wenn sie aus den vorgelegten Unterlagen nicht erkennbar oder die Unterlagen unvollständig waren (Hachenburg a. a. O. S. 161). Durch die Entlastung gehen also etwa entstandene Ersatzansprüche nur insoweit unter, als diese aus den vorgelegten Unterlagen bis zum Entlastungsbeschluß der Gesellschaft bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes erkennbar waren (Scholz, Kommentar zum GesmbHG., 3. Aufl. S. 466). Alle diese von der deutschen Rechtslehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze werden uneingeschränkt auch von der österreichischen Rechtsprechung angewendet werden können.

Der Geschäftsführer einer GesmbH. hat nach Beendigung seiner Tätigkeit grundsätzlich einen zivilrechtlichen Anspruch auf Entlastung im vorgenannten Sinn. Voraussetzung für die Erteilung der Entlastung ist stets, daß der Geschäftsführer durch Vorlage der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung die Ergebnisse der Geschäftsführung der Prüfung durch die Gesellschaft unterbreitet hat (Hachenburg a. a. O. S. 158). Dieses Recht auf Entlastung kann, wenn sie zu Unrecht verweigert wird, durch Klage erzwungen werden. Der Anspruch auf Entlastung geht aber nur auf Entlastung im oben angeführten Umfang. Ein Anspruch auf "vollständige" oder "rückhaltlose" Entlastung, die der Kläger zwar nicht im Klagebegehren, aber in seinen Rechtsausführungen verlangt, kann nicht erzwungen werden. Eine solche "vollständige" Entlastung, also die Freistellung von allen wie immer gearteten Ansprüchen, kann von der Gesellschaft zwar freiwillig gewährt, aber nicht gegen ihren Willen durchgesetzt werden (Scholz a. a. O. S. 467). Die Klage auf Entlastung des Geschäftsführers ist eine negative Feststellungsklage (Hachenburg a. a. O. S. 161 und die dort angeführte Literatur, ferner RGZ. 89, 396). Das Urteil, das die Entlastung ausspricht, stellt fest, daß der Gesellschaft auf Grund des Materials, das ihr vorgelegt wurde, keine Ansprüche gegen den Geschäftsführer zustehen. Wegen nicht erkennbarer Verstöße bleibt ihr die Möglichkeit eines Schadenersatzes offen (Hachenburg a. a. O. S. 161).

Daraus ergibt sich, daß die beklagte Partei gegen die vorliegende Klage auf Entlastung mit Erfolg nur einwenden kann, aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen ergebe sich, daß der Gesellschaft noch Ansprüche gegen ihren Geschäftsführer zustunden, die dieser nicht geregelt habe. Die Einwendung, "die Betriebsprüfung durch das Finanzamt sei noch nicht abgeschlossen", kann daher ebensowenig zur Abweisung der Klage auf Entlastung führen wie die Einwendung "es kämen noch Schulden auf, die sich aus den Unterlagen nicht ergäben", weil die Gesellschaft die ihr übergebenen Unterlagen selbst Prüfen muß und weil sich auf solche Schulden und Vorfälle weder die von der Generalversammlung beschlossene noch die urteilsmäßig ausgesprochene Entlastung bezieht.

Zu Prüfen ist ferner, welche rechtliche Bedeutung dem Schreiben des Klägers vom 21. März 1955 zukommt und ob die beklagte Partei wegen dieses Schreibens berechtigt ist, dem Kläger die Entlastung zu verweigern. In diesem Schreiben hat der Kläger der beklagten Partei versprochen, sie wegen aller bisher noch nicht bekannten oder in der Buchhaltung nicht enthaltenen, etwa neu aufkommenden Schulden schad- und klaglos zu halten, soweit es sich um Schulden handle, die vor dem 10. Dezember 1954 entstanden seien. Dieses Haftungsversprechen geht über die Haftung eines Geschäftsführers, dem Entlastung nach § 35 Abs. 1 Z. 1 GesmbHG. durch die Generalversammlung oder Entlastung durch Urteilsspruch erteilt wurde, nur insoweit hinaus, als der Kläger erklärte, für die der beklagten Partei am 21. März 1955 nicht bekannten Schulden zu haften, während ein entlasteter Geschäftsführer nur für die Schulden zu haften hat, die bei sachgemäßer Prüfung der übergebenen Unterlagen nicht erkennbar waren. Nimmt man nur den erwähnten Wortlaut des Schreibens für sich allein, so scheint es allerdings, daß damit der Kläger seine Haftung erweiterte und die beklagte Partei von einer Prüfungspflicht der ihr übergebenen Unterlagen befreite. Würdigt man aber den gesamten Inhalt des Schreibens vom 21. März 1955 rechtlich, so kann nicht übergangen werden, daß der Kläger in diesem Schreiben an zwei Stellen seine Entlastung begehrt. Bei Würdigung des gesamten Inhaltes des Schreibens vom 21. März 1955 muß daher davon ausgegangen werden, daß der Kläger damals seine Entlastung wollte und offenbar nur die Haftung tragen wollte, die jeden entlasteten Geschäftsführer trifft. Andernfalls wäre seine wiederholte Forderung nach Entlastung nicht recht verständlich. Im Zweifel (§ 915 ABGB.) mußte auch angenommen werden, daß der Kläger mit seiner Haftungserklärung nur die geringere Last auf sich nehmen wollte, weil eine einseitige Verpflichtung des Klägers vorliegen würde, soweit seine Haftungserklärung über den Umfang der gesetzlichen Haftung hinausgegangen wäre. Die Auslegung, die die beklagte Partei dem Schreiben vom 21. März 1955 gibt, verträgt sich nicht mit dem Grundsatz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr, weil diese Auslegung es der beklagten Partei ermöglichen würde, jegliche Prüfung der ihr übergebenen Unterlagen zu unterlassen und ohne zeitliche Beschränkung dem Kläger die Erteilung der üblichen und vom Gesetz dem Geschäftsführer zugestandenen Entlastung zu verweigern, da der Kläger ja nach der Natur der Sache nicht in der Lage sein kann, zu beweisen, daß in Hinkunft keine Schulden mehr aufkommen werden, die der beklagten Partei am 21. März 1955 nicht bekannt waren. Der Verpflichtung des Geschäftsführers, trotz erteilter Entlastung für Vorgänge zu haften, die aus den übergebenen und vorhandenen Unterlagen nicht erkennbar sind, muß die Verpflichtung er Gesellschaft gegenüberstehen, diese Unterlagen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes zu, überprüfen. Bei richtiger rechtlicher Würdigung hat daher der Kläger im Schreiben vom 21. März 1955 keine Haftung übernommen, die über die Haftung eines entlasteten Geschäftsführers hinausgeht.

Geht die Haftung des Klägers aus seinem Schreiben vom 21. März 1955 nicht über die Haftung hinaus, die auch einen gemäß § 35 Abs. 1 Z. 1 GesmbHG. entlasteten Geschäftsführer trifft, so kommt der Frage, ob durch Punkt VII des Notariatsaktes vom 26. Mai 1955 die Haftungserklärung des Klägers aus seinem Schreiben vom 21. März 1955 aufgehoben werden sollte, keine rechtliche Bedeutung zu. Die Frage, auf die die Parteien und auch die Untergerichte bei ihren Feststellungen abgestellt haben, ist daher rechtlich unerheblich.

Zu untersuchen ist jedoch die Frage, ob der Anspruch des Klägers auf Entlastung (im oben angeführten Umfang) bereits erfüllt wurde oder nicht. Der Oberste Gerichtshof stimmt der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß bei einer Einmann-Gesellschaft die Entlastungserklärung auch vom Inhaber sämtlicher Stammeinlagen erteilt werden kann, zu, zumal nach § 35 Abs. 2 GesmbHG. für die Entlastung eines Geschäftsführers jedenfalls die Einholung eines Beschlusses der Gesellschafter gefordert wird. Daß diese Einholung des Beschlusses der Gesellschafter im Rahmen einer Generalversammlung geschehen muß, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Grundsätzlich war daher Ing. Fred B. am 26. Mai 1955 nach Erwerb sämtlicher Stammeinlagen berechtigt, dem Kläger wirksam die Entlastung zu erteilen.

Die Beklagte hat aber in erster Instanz eingewendet, daß dem Kläger die Entlastung nur "formell" zur Vorlage bei seiner Standesbehörde erteilt worden sei. In diesem Vorbringen ist die Behauptung zu erblicken, daß dem Kläger die Entlastung nur zum Schein, eben zum Zweck der Vorlage bei einer Standesbehörde, erteilt wurde, daß aber inter partes die Bestimmung des Punktes VII des Notariatsaktes nicht wirksam sein sollte. Daß die beklagte Partei in der Folge ihren Rechtsstandpunkt geändert hat, ist im vorliegenden Falle ohne Bedeutung, weil ja auch der Kläger wiederholt im Laufe des Verfahrens einen anderen Rechtsstandpunkt vertreten hat.

Ob der Wille der Parteien bei Abgabe der Entlastungserklärung in Punkt VII des Notariatsaktes vom 26. Mai 1955 darauf gerichtet war, dem Kläger die übliche Entlastung nach § 35 Abs. 1 Z. 1 GesmbHG., auf die er einen gesetzlichen Anspruch hat, zu erteilen, oder ob der Wille der Parteien bloß dahin ging, dem Kläger eine "formelle" Entlastungserklärung zur Vorlage bei der Standesbehörde in die Hand zu geben, die aber im Verhältnis der Streitteile ohne Bedeutung sein sollte, haben die Untergerichte nicht untersucht, weil sie andere Fragen als entscheidend angesehen haben.

Die Untergerichte werden daher zunächst zu prüfen haben, ob der Wille der Parteien bei Abschluß des Notariatsaktes vom 26. Mai 1955 dahin ging, dem Kläger ernstlich die Entlastung im Sinne des § 35 Abs. 1 Z. 1 GesmbHG. zu erteilen, oder ob die Absicht der Parteien lediglich darauf gerichtet war, dem Kläger eine Bestätigung für die Vorlage bei der Rechtsanwaltskammer zu geben. Im ersteren Fall wäre die Klage abzuweisen, weil der Kläger bereits erhalten hätte, was er begehrt. Einen Anspruch auf "vollständige" oder "rückhaltlose" Entlastung macht er mit der vorliegenden Klage nicht geltend, ganz abgesehen davon, daß er einen Anspruch auf eine solche "vollständige" oder "rückhaltlose" Entlastung nicht hat, wie bereits oben ausgeführt wurde.

Sollte aber das Beweisverfahren ergeben, daß nach dem Parteiwillen die Erklärung laut Punkt VII des Notariatsaktes vom 26. Mai 1955 inter partes wirkungslos sein sollte, so wird der Anspruch des Klägers auf Entlastung nicht als bereits erfüllt angesehen werden können und, sofern die beklagte Partei nicht behauptet und beweist, daß ihr noch Ansprüche gegen den Kläger aus der Führung der Geschäfte durch ihn zustehen, die bei ordnungsgemäßer Prüfung der Unterlagen aus diesen erkennbar sind und die der Kläger noch nicht bereinigt hat, wird der Klage stattzugeben sein.

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