OGH 1Ob464/58

OGH1Ob464/5817.12.1958

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Rat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schuster als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gitschthaler und Dr. Zierer sowie die Räte des Oberlandesgerichts Dr. Bachofner und Dr. Höltzel als Richter in der Rechtsache der klagenden Partei Else E*****, BRD, vertreten durch Dr. Josef Outschar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Leopold H*****, vertreten durch Dr. Alfred Hardix, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe von beweglichen Sachen (Streitwert 27.000 S) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. Oktober 1958, GZ 2 R 386/58-51, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 14. Juli 1958, GZ 15 Cg 17/57-45, soweit es nicht als Teilurteil bestätigt wurde, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Beklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin hat vom Beklagten die Herausgabe zahlreicher Fahrnisse mit der Behauptung begehrt, sie sei Eigentümerin derselben. Einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat sie im Laufe des Verfahrens zurückgezogen, weshalb sie mit Beschluss vom 23. 12. 1957, ON 40, zur Bezahlung von Kosten in der Höhe von 1.924,86 S an den Beklagten verhalten wurde. Zur Hereinbringung dieser Kosten hat der Beklagte den angeblichen Herausgabeanspruch der Klägerin gepfändet. Mit Beschluss vom 5. 7. 1958, ON 43, wurde dem Beklagten als Zweitschuldner verboten, die im Exekutionsantrag angeführten Möbelstücke der Klägerin auszufolgen. Dieser wurde jede Verfügung über den gepfändeten Anspruch und insbesondere die Geltendmachung dieses Anspruchs gegen den Beklagten als Zweitschuldner untersagt.

Da die Klägerin zur (zweiten) Streitverhandlung am 14. 7. 1958 nicht erschienen war, hat der Beklagte Urteilsfällung nach § 399 ZPO beantragt. Das Erstgericht hat mit Urteil vom gleichen Tage, ON 45, die Klage aus fünf Gründen abgewiesen, und zwar

a) weil das Klagebegehren nicht schlüssig sei,

b) weil durch die oben erwähnte Pfändung des Herausgabeanspruchs der Klägerin dieser die Geltendmachung desselben wirksam verboten worden sei,

c) weil die Gegenstände, deren Herausgabe begehrt wird, nicht genügend deutlich bezeichnet seien,

d) weil die Klägerin den Nachweis ihres Eigentums nicht erbracht habe, und

e) weil die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass der Beklagte im Besitze der eingeklagten Gegenstände sei.

Infolge Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht mit Teilurteil die Abweisung der Klage hinsichtlich bestimmter im Urteilsspruch ausdrücklich angeführter Gegenstände bestätigt, hinsichtlich der übrigen Fahrnisse aber das Urteil aufgehoben und die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung zurückverwiesen, weil es hinsichtlich der übrigen Fahrnisse die Abweisungsgründe des Erstgerichts nicht billigte.

Während die Klägerin die Teilabweisung ihres Klagegrundes in Rechtskraft erwachsen ließ, bekämpft der Beklagte den Aufhebungsbeschluss mit dem Antrag auf Aufhebung desselben, weil nach seiner Ansicht auch hinsichtlich der übrigen Fahrnisse die Rechtssache für eine Abweisung der Klage zur Gänze spruchreif sei.

Der Rekurs des Beklagten ist nicht begründet:

Rechtliche Beurteilung

Zu a): Aus der Tatsache, dass die Klägerin die angekündigte Änderung der Klage nicht durchgeführt hat, kann nur der Schluss gezogen werden, dass sie eine solche Klageänderung bisher nicht für notwendig gehalten hat. Da sie behauptete, dass sie Eigentümerin der eingeklagten Gegenstände sei und dass sich diese Gegenstände im Besitz des Beklagten befinden, ist Schlüssigkeit der Eigentumsklage nach § 366 ABGB gegeben.

Zu b): Die Pfändung und Überweisung einer bereits eingeklagten Forderung bewirkt nicht - wie das Berufungsgericht bereits zutreffend erkannt hat -, dass der Kläger die Sachlegitimation zur Fortführung der Klage verliert. Nach ständiger auf § 234 ZPO gestützter Rechtsprechung ist der Kläger trotz Pfändung und Überweisung einer eingeklagten Geldforderung berechtigt, den Prozess fortzuführen, doch ist von Amts wegen statt auf Zahlung auf Erlag bei Gericht zu erkennen (vgl die Entscheidung zu Nr 15 bei § 234 ZPO in Stagel-Michlmayr, 11. Aufl; zu Nr D 6 bei § 308 EO in Heller, 9. Aufl; ferner aus letzter Zeit die Entscheidungen 2 Ob 659/51 = JBl 1952, S 444 und 7 Ob 580/57). Gemäß § 325 Abs 2 EO sind auch bei Pfändung und Überweisung von Ansprüchen auf Herausgabe körperlicher Sachen die Vorschriften der §§ 300 bis 319 EO sinngemäß anzuwenden, weshalb im Sinne der obigen Rechtsausführungen die Berechtigung der Klägerin zur Fortführung der Klage durch die Pfändung und Überweisung ihres angeblichen Anspruchs auf Herausgabe von körperlichen Sachen unberührt blieb und nur von Amts wegen statt auf Herausgabe der Fahrnisse auf Gerichtserlag derselben zu erkennen ist. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass Überweisungsgläubiger und Beklagter eine Person sind. Seine Rechte gehen nicht weiter als es die Durchsetzung seines Anspruchs auf Bezahlung von 1.924,86 S erfordert (vgl Neumann-Lichtblau, 3. Aufl, S 969). Der Anspruch des Beklagten auf Bezahlung von 1.924,68 S macht es aber keineswegs notwendig, der Klägerin die Legitimation zur Fortführung der Klage abzuerkennen. Das Erstgericht hat schließlich auch übersehen, dass sich die Pfändung und Überweisung des Herausgabeanspruchs der Klägerin nicht auf alle eingeklagten Gegenstände bezieht. Im Übrigen ist die Klägerin entgegen der Rechtsansicht des Beklagten im fortzusetzenden Verfahren von einem Antrag auf Zulassung einer Klagsänderung (zB einer Änderung des Begehrens auf Herausgabe der Fahrnisse an den Vollstrecker) durch die Vorschrift des § 399 ZPO nicht präkludiert, weil diese Gesetzesstelle eine solche Beschränkung nicht kennt.

Zu c): Wie deutlich bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Herausgabe von körperlichen Sachen die herauszugebenden Gegenstände beschrieben sein müssen, hat das Berufungsgericht durchaus treffend ausgeführt, weshalb auf den entsprechenden Teil der Begründung des angefochtenen Beschlusses und auf die Entscheidung SZ XXIII/157 verwiesen werden kann.

Zu d) und e): Da das Erstgericht keine Beweise abgeführt hat, ist nicht recht verständlich wieso es zur Ansicht kommen konnte, dass der Klägerin der Nachweis ihres Eigentums und der Nachweis des Besitzes des Beklagten an den eingeklagten Gegenständen nicht gelungen sei. Der Beklagte hat ausdrücklich (S 130) behauptet, dass die eingeklagten Gegenstände Eigentum des verstorbenen Gatten der Klägerin waren. Die Klägerin hat zum Nachweis des Eigentumsübergangs auf sie den Erbschein vom 17. 3. 1959 (Beilage zu ON 13) vorgelegt, zu dem sich der Beklagte bisher nicht geäußert hat. Zur Frage der Passivlegitimation gibt der Beklagte (S 19 und 130) selbst zu, einen Teil der eingeklagten Gegenstände im Besitz zu haben. Dass er mittlerweile delogiert und die in seiner Wohnung gewesenen Fahrnisse bei der Gemeinde Wien deponiert wurden, ist für die Passivlegitimation des Beklagten ohne Bedeutung, weil dieser gegenüber der verwahrenden Gemeinde verfügungsberechtigt ist.

Auch die inländische Gerichtsbarkeit ist gegeben, weil zur Entscheidung einer Klage auf Herausgabe von Fahrnissen aus dem Titel des Eigentums gegen einen im Inland wohnhaften Beklagten die inländischen Gerichte zuständig sind (§§ 1 und 65 JN). Auf die Frage der Rechtswirksamkeit einer russischen Schenkungsurkunde einzugehen erübrigt sich, solange eine solche nicht vorgelegt wurde.

Dem Rekurs der Beklagten kann daher nicht Folge gegeben werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO.

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