OGH 1Ob388/58

OGH1Ob388/5815.10.1958

SZ 31/123

Normen

ABGB §933
ABGB §933

 

Spruch:

Verpflichtet sich der Verkäufer zunächst, den Kaufgegenstand wegen eines Mangels zu reparieren, stellt sich aber später die Unmöglichkeit der Behebung des Mangels heraus, so beginnt damit eine neue Gewährleistungsfrist, innerhalb welcher Wandlung begehrt werden kann.

Entscheidung vom 15. Oktober 1958, 1 Ob 388/58.

I. Instanz: Bezirksgericht für Handelssachen Wien; II. Instanz:

Handelsgericht Wien.

Text

Die Klägerin kaufte am 2. Oktober 1956 bei der Beklagten eine Plaque-Spangenuhr zum Preis vom 670 S. Vor Ablauf der sechsmonatigen Garantiefrist, die sich jedoch nur auf das Werk bezog, bildeten sich auf dem Plaque der Spange feine Bläschen, und es begann bald darauf die Goldauflage abzublättern. Die Beschädigungen sind weder durch normale Abnützung noch durch unsachgemäße Behandlung hervorgerufen worden, sondern durch einen Fehler bei der Erzeugung entstanden. Nach Ansicht des Sachverständigen hätte dieser Teil bei der Endkontrolle der Erzeugung ausgeschieden werden müssen.

Am 18. Februar 1957 beanstandete die Klägerin den Mangel. In der Folgezeit wurde seitens der Beklagten bzw. ihrer Angestellten immer wieder erwähnt, daß die Spange der Uhr repariert werde, wobei auch der Vorschlag eines Umtausches gemacht wurde. Am 19. Juni 1957 verständigte die Beklagte den Vertreter der Klägerin, daß die Uhr sich noch in der Schweiz befinde, wohin sie zur Behebung der Mängel gesendet worden war. Mit einem am 29. Juni 1957 beim klägerischen Vertreter eingelangten Schreiben erklärte die Beklagte, daß es ihr nicht gelungen sei, das gleiche Modell zu bekommen, da es aus der Erzeugung gezogen worden sei, und daß sie die Uhr gegen Übernahme einer anderen zurücknehme. Die gegenständliche Uhr befindet sich bei der Beklagten.

Das Erstgericht gab der Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises mit der Begründung statt, der ausgestellte Garantieschein beziehe sich nur auf das Werk. Darin, daß einerseits die Angestellte der Beklagten Lilli F. den Umtausch der gegenständlichen Uhr proponiert und andererseits die Beklagte selbst in ihrem Schreiben kurz vor Klageeinbringung den Umtausch dieser Uhr unter gleichzeitiger Übersendung einer anderen Uhr angeboten habe, liege ein stillschweigendes Anerkenntnis des Wandlungsanspruches. Die Frist des § 933 ABGB. komme daher nicht zur Anwendung.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es übernahm die Beweiswürdigung und die Tatsachenfeststellungen des Ersturteiles. Danach sei die Gewährleistungsfrist des § 933 ABGB. abgelaufen. Die Beklagte habe lediglich den Anspruch auf Reparatur, nicht aber auf Wandlung anerkannt. Auch der Vorschlag der Beklagten, die Uhr gegen eine andere umzutauschen, bedeute nicht ein Anerkenntnis eines Wandlungsanspruches, sondern das eines Austauschanspruches, der rechtlich einen Verbesserungsanspruch darstelle.

Der Oberste Gerichtshof stellte das Urteil des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Auszugehen ist von der Feststellung, daß sich die beklagte Partei bereit erklärt hat, den gerügten Mangel zu beheben. In einem solchen Fall verliert die Berechnungsregel des § 933 ABGB. ihre Bedeutung. Die Klägerin hatte damit das Recht erworben, daß die Beklagte den Mangel behebe. Vom Zeitpunkt der Ablieferung der reparierten Uhr hätte eine neue Gewährleistungsfrist begonnen (SZ. XXVIII 226, RiZ. 1958 S. 74). Im gegenständlichen Fall hat die Beklagte die Uhr zum Zwecke der Reparatur übernommen, jedoch den Mangel nicht behoben, vielmehr erst kurz vor Klagseinbringung erklärt, daß die Beschaffung des gleichen Modells nicht möglich sei, und ein anderes zum Austausch angeboten, was jedoch abgelehnt wurde. Darin ist die Erklärung gelegen, daß die Reparatur des Mangels unmöglich sei. Von diesem Zeitpunkt hat daher eine neue Frist zu laufen begonnen. Da die Klage innerhalb der sechsmonatigen neuen Gewährleistungsfrist eingebracht wurde, ist sie rechtzeitig.

Bei dieser Rechtsansicht muß auf die Frage, ob ein Anerkenntnis des Wandlungsanspruches erfolgt sei, nicht eingegangen werden.

Der Anspruch auf Wandlung erscheint gleichfalls begrundet, weil es sich um einen wesentlichen und unbehebbaren Mangel handelt.

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