OGH 3Ob282/58

OGH3Ob282/583.7.1958

SZ 31/96

Normen

HGB §128
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §9
HGB §128
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §9

 

Spruch:

Die Gesellschafter haften nach § 128 HGB. den Gläubigern gegenüber als Gesamtschuldner persönlich auch für die Erfüllung von Unterlassungsverpflichtungen im Gesellschaftsbereich. Dies gilt um so mehr bei Verstößen gegen das UWG.

Unter den Begriff "Werbematerial" fallen auch die Leuchtröhren, die über dem Geschäftsportal oder auf Steckschildern angebracht werden.

Entscheidung vom 3. Juli 1958, 3 Ob 282/58.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Mit Beschluß vom 10. Oktober 1957 bewilligte das Oberlandesgericht Wien der gefährdeten Partei Melitta B. zur Sicherung ihres Anspruches auf Unterlassung der Bezeichnung "K.-Optik" eine einstweilige Verfügung, mit welcher Gertrude K. verboten wurde, auf Geschäftskarten und sonstigem Werbematerial die Unternehmensbezeichnung "K.-Optik" zu verwenden. Dieser Beschluß wurde vom Obersten Gerichtshof zu 3 Ob 538/57 mit der Maßgabe bestätigt, daß der Gegnerin der gefährdeten Partei verboten wurde, auf Geschäftskarten und sonstigem Werbematerial die Unternehmensbezeichnung "K.-Optik" ohne Zusatz zu verwenden.

Infolge Zuwiderhandelns gegen diese einstweilige Verfügung beantragte Melitta B. die Exekution; sie brachte vor, daß die verpflichtete Partei Gertrude K.

a) weiterhin Geschäftskarten, Geschäftsrechnungen und Bestellscheine verwende, auf dienen die Bezeichnung "K.-Optik" aufscheine,

b) in Inseraten die Bezeichnung "K.-Optik" verwende und

c) bei den ihr gehörigen Filialen in den Schaufenstern die Unternehmensbezeichnung "K.-Optik" angebracht habe, und zwar teils auch in Form von Lichtreklamen.

Auf Grund des vorzitierten Beschlusses des Oberlandesgerichtes Wien wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 22. November 1957

1. zur Erwirkung der Unterlassung der Verwendung der Unternehmensbezeichnung "K.-Optik" auf Geschäftskarten oder sonstigem Werbematerial die Exekution bewilligt, sowie

2. zur Hereinbringung der mit 267 S 10 g bestimmten Kosten des Antrages Fahrnisexekution bewilligt.

Mit Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 23. November 1957 wurde der verpflichteten Partei aufgetragen, für den durch ferneres Zuwiderhandeln entstehenden Schaden eine Sicherheit von 5000 S bei Gericht zu erlegen. Wegen neuerlicher Zuwiderhandlungen verhängte das Exekutionsgericht mit Beschluß vom 10. Dezember 1957 gegen die verpflichtete Partei eine Geldstrafe von 5000 S.

Mit der vorliegenden, auf § 36 Abs. 1 EO. gestützten Impugnationsklage begehrt Gertrude K., die bewilligten Exekutionen aufzuheben. Die zur Begründung des Exekutionsantrages aufgestellten Behauptungen seien unrichtig. Die Klägerin betreibe unter ihrem Namen und auf ihre Rechnung kein Unternehmen. Sie sei lediglich persönlich haftende Gesellschafterin der "K.-Optik" KG. Weder die Gesellschaft noch sie selbst verwendeten die Unternehmensbezeichnung "K.-Optik" ohne Zusatz auf Geschäftskarten und Werbepapieren. Die Beklagte behaupte gar nicht, daß die Klägerin die Unternehmensbezeichnung "K.-Optik" verwende, sondern die Bezeichnung, was nicht ident sei, zumal die Gesellschaft eine Wortmarke "K.-Optik" erworben habe. Das gleiche gelte für die neu aufgemachten Filialen im 10. und 16. Bezirk.

Die Beklagte bestritt dieses Vorbringen und legte zwei Lichtbilder, betreffend die Filialen im 10. und 16. Bezirk, vor. Die Klägerin stellte außer Streit, daß die Lichtbilder echt seien und daß am 22. November 1957 die Aufmachung wie in den Lichtbildern verwendet wurde, allerdings nicht von der Klägerin, sondern von der Gesellschaft:

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Streitwert 10.000 S übersteigt. Eine einzige Zuwiderhandlung berechtige bereits zur Exekutionsführung. Diese Zuwiderhandlung habe die Klägerin selbst zugegeben. Es sei gleichgültig, ob in den beiden Filialen an anderer Stelle auch die Firmenbezeichnung "K.-Optik" KG. verwendet worden sei. Aus den Lichtbildern ergebe sich einwandfrei, daß ausschließlich der verbotene Wortlaut "K.-Optik" als Unternehmenskennzeichen in die Augen falle. Gleichgültig sei, ob die Gesellschaft oder die vertretungsbefugte Gesellschafterin gegen das Verbot gehandelt habe. Die Klägerin als offene Gesellschafterin sei Kaufmann und hafte den Gläubigern unmittelbar für die Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten. Sie sei durch die einstweilige Verfügung auch unmittelbar für die Erfüllung in Anspruch genommen worden. Von ihr und nicht von der Gesellschaft könne Abhilfe verlangt werden. Die vertragliche und deliktische Haftung aus Handlungen der Gesellschaft treffe sie unmittelbar und persönlich. Das unwidersprochene Parteivorbringen sei zur Entscheidung ausreichend gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird ausgeführt, daß nicht die Klägerin selbst, sondern nur die Kommanditgesellschaft eine Zuwiderhandlung gegen die einstweilige Verfügung begangen habe, weil die beide Filialen nicht Geschäftsbetriebe der Klägerin, sondern solche der Gesellschaft seien. Gegen die Gesellschaft sei aber im Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung kein vollstreckbarer Titel vorgelegen, wenn auch der gleiche Unterlassungsanspruch gegen die Gesellschaft geltend gemacht und gegen diese eine einstweilige Verfügung erwirkt worden sei. Es müsse exekutionsrechtlich ein Unterschied sein, ob der Titel gegen die Gesellschaft oder gegen die Gesellschafterin laute. Die Beklagte hätte ihren Anspruch im Exekutionswege nur verfolgen können, wenn gegen die Gesellschaft ein Titel vorhanden gewesen wäre. Wäre der Standpunkt der Untergerichte richtig, hätte die Klage gegen die Gesellschaft mangels Rechtsschutzinteresses zurückgewiesen werden müssen. Das Bewilligungsgericht habe die Beklagte so gestellt, als ob gegen die Gesellschaft ein Titel vorhanden wäre. Die Klägerin hafte wohl zivilrechtlich neben der Gesellschaft, nicht aber exekutionsrechtlich, es wäre denn, es läge eine gesetzliche Ermächtigung (wie im aufgehobenen § 11 EO.) vor. Mit der gegen die Klägerin erwirkten einstweiligen Verfügung könnten nur Verstöße verfolgt werden, welche die Klägerin persönlich gesetzt habe. Sonst hätte nach § 10 EO. ein Urteil erwirkt werden müssen. Im übrigen sei ihr nur verboten, die Unternehmensbezeichnung auf Geschäftskarten und sonstigem Werbematerial zu verwenden. Dies treffe hier nicht zu.

Dem Berufungsgericht ist kein Rechtsirrtum unterlaufen. Wie die Klägerin selbst zugibt, ist der Titel gegen sie persönlich erwirkt worden. Gegen sie selbst wurde auch die Exekution beantragt. Es ist also nicht so, daß die Exekution gegen eine andere Person als die im Titel genannte bewilligt worden wäre. Die Ausführungen hinsichtlich §§ 9 und 11 EO. gehen daher ins Leere.

In seinem Beschluß vom 20. November 1957, 3 Ob 538/57, hat der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht des Rekursgerichtes gebilligt, daß die Gesellschafter nach § 128 HGB. für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern gegenüber als Gesamtschuldner persönlich haften, daß diese Haftung auch bei Unterlassungsschulden im Gesellschaftsbereich bestehe und daß dies um so mehr gelte, wenn die Komplementärin gegen das UWG. verstoßen habe; daß somit die Passivlegitimation zu bejahen sei, weil es die Antragsgegnerin (heutige Klägerin) gewesen sei, die im geschäftlichen Verkehr für das von ihr als Komplementärin betriebene Unternehmen wettbewerbswidrig vorgegangen sei. Der Unterlassungsanspruch sei gegen denjenigen zu richten, der das Gesetz verletzt habe.

Die einstweilige Verfügung richtet sich also gegen die Klägerin als alleinvertretungsbefugte Komplementärin der Kommanditgesellschaft. Es besteht nun nicht eine Unterlassungspflicht der Gesellschaft und daneben eine solche der Gesellschafterin, sondern es besteht nur eine einheitliche Unterlassungspflicht, welche jedenfalls gegen die allein handelnde Komplementärin geltend gemacht werden kann. Inwieweit daneben noch eine Haftung der Gesellschaft selbst besteht, braucht in diesem Zusammenhang nicht erörtert zu werden.

Richtet sich das gegen die Klägerin in der einstweiligen Verfügung erlassene Verbot gegen sie als einzige und alleinvertretungsbefugte Komplementärin der Kommanditgesellschaft, so könnte dem Klagebegehren hier nur dann Folge gegeben werden, wenn die Klägerin nachgewiesen hätte, daß sie als Komplementärin der Gesellschaft diesem Verbot nicht zuwidergehandelt hat. Ein solcher Nachweis ist ihr nicht gelungen. Die beiden Filialen sind Filialen der "K.-Optik" KG. Für diese Gesellschaft tritt die Klägerin allein handelnd auf. Daraus folgt, daß sie als handelnde Gesellschafterin die Bezeichnung der Filialen mit der Unternehmensbezeichnung "K.-Optik" ohne Zusatz versehen hat bzw. versehen ließ. Ist dies aber der Fall, folgt daraus, daß sie persönlich gegen das in der einstweiligen Verfügung erlassene Verbot verstoßen hat, die Exekution gegen sie mit Recht bewilligt wurde. Damit fallen alle Einwendungen der Klägerin gegen die Exekutionsbewilligung in sich zusammen.

Mit der einstweiligen Verfügung wurde der Klägerin untersagt, auf Geschäftskarten oder sonstigem Werbematerial die Unternehmensbezeichnung "K.-Optik" ohne Zusatz zu verwenden. Nun fallen aber auch Leuchtröhren, die über dem Geschäftsportal oder auf Steckschildern angebracht werden, unter den Begriff Werbematerial, werden sie doch zur Werbung für das Unternehmen verwendet. Daraus folgt, daß die Handlung der Klägerin gegen das Verbot der einstweiligen Verfügung verstoßen hat.

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