OGH 2Ob542/57

OGH2Ob542/5715.1.1958

SZ 31/9

Normen

Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §84
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §84

 

Spruch:

Trotz Konkurses wird die GesmbH. hinsichtlich einer ihr gehörenden, aus der Konkursmasse ausgeschiedenen Liegenschaft durch ihre Geschäftsführer oder Liquidatoren vertreten.

Entscheidung vom 15. Jänner 1958, 2 Ob 542/57.

I. Instanz: Bezirksgericht Mattersburg; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Das Erstgericht hat mit Beschluß vom 19. November 1956 der betreibenden Partei zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von 16.200 S s. A. die Zwangsversteigerung der der verpflichteten GesmbH. gehörigen Liegenschaft EZ. 2526 Grundbuch M. bewilligt. Der Bewilligungsbeschluß und alle weiteren vom Erstgericht in diesem - bis zu einer Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen gediehenen - Versteigerungsverfahren gefaßten Beschlüsse gingen nicht der verpflichteten Partei unmittelbar, sondern dem im Konkurs über ihr Vermögen bestellten Masseverwalter zu, der sich jedoch dem Verfahren fernhielt. Anläßlich der Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen wies der Vertreter einer Hypothekargläubigerin darauf hin, daß über das Vermögen der verpflichteten Partei der Konkurs eröffnet, die in Exekution gezogene Liegenschaft jedoch mit Beschluß der Konkursgerichtes vom 11. September 1956 aus der Konkursmasse ausgeschieden worden sei; er ersuchte daher, festzustellen, ob der Masseverwalter die verpflichtete GesmbH. in diesem Versteigerungsverfahren vertreten könne. Der sodann im Rechtshilfeweg vernommene Masseverwalter bestätigte die Angaben der Hypothekargläubigerin, verwies auch seinerseits auf den Beschluß auf Ausscheidung der Liegenschaft aus der Konkursmasse und brachte vor daß ihm in diesem Exekutionsverfahren keine Vertretungsbefugnis zukomme. Daraufhin erklärte das Erstgericht mit Beschluß vom 17. Mai 1957 das bisher abgeführte Versteigerungsverfahren wegen Fehlens einer ordnungsgemäßen Zustellung an die verpflichtete Partei für nichtig und forderte die betreibende Partei auf, den Zustellungsbevollmächtigten der verpflichteten GesmbH. bekanntzugeben oder andere geeignete Zustellungsanträge zu stellen. Die betreibende Partei beantragte nun die Bestellung eines Zustellungskurators für die verpflichtete Partei und begrundete ihren Antrag damit, daß der von ihr befragte Geschäftsführer Ferdinand W. der verpflichteten GesmbH. seine Vertretungsbefugnis mit Rücksicht auf die Konkurseröffnung in Abrede gestellt habe. Das Erstgericht bestellte mit Beschluß vom 5. August 1957 den Rechtsanwalt Dr. S. zum Kurator der verpflichteten Partei; dieser ergriff namens der verpflichteten Partei Rekurs.

Das Rekursgericht hob den angefochtenen Beschluß auf. Es vertrat die Ansicht, daß zwar die Konkurseröffnung die GesmbH. aufgelöst, daß jedoch der Auflösung der Gesellschaft deren Liquidation zu folgen habe und daß die Geschäftsführer die vom Gesetz berufenen "geborenen" Liquidatoren seien; die Kuratorbestellung sei daher nicht gerechtfertigt.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Rechtsmittel ist zwar zulässig, weil das Rekursgericht trotz der andersartigen Fassung seines Spruches in Wahrheit eine abändernde Entscheidung getroffen, nämlich den vom Erstgericht aufrecht erledigten Antrag der betreibenden Partei auf Bestellung eines Kurators abgewiesen hat; es ist jedoch nicht begrundet.

Es steht unangefochten fest, daß die in Exekution gezogene Liegenschaft bereits am 11. September 1956 - somit vor der am 19. November 1956 erfolgten Bewilligung der Zwangsversteigering - aus der Konkursmasse ausgeschieden wurde. Das Versteigerungsverfahren bewegt sich daher im konkursfreien Raum und ist der Ingerenz des Masseverwalters entzogen. In diesem Umfang treten aber die Befugnisse der Gesellschaftsorgane wiederum auf den Plan (vgl. Graschopf, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, S. 381), d. h. es ist nicht ein Kurator für die Gesellschaft zu bestellen, sondern die Gesellschaft wird durch ihre Geschäftsführer oder Liquidatoren vertreten; sie ist ja durch die Konkurseröffnung zwar in das Stadium der Auflösung getreten, als Rechtssubjekt aber bestehen geblieben (ZBl. 1914 Nr. 249).

Ob das Registergericht aus der Konkurseröffnung bereits Folgerungen gezogen hat oder nicht - seine Auskunft vom 3. Juli 1957 läßt erkennen, daß Ferdinand W. damals zumindest noch immer als Geschäftsführer eingetragen war -, ist für das Exekutionsverfahren nicht entscheidend; denn das Exekutionsgericht hat sich jedenfalls an den Registerstand zu halten und ist nicht berufen, einer allfälligen Neuregelung der Vertretung der verpflichteten GesmbH. durch eine Kuratorbestellung vorzugreifen. Die von Ferdinand W. anläßlich seiner Vernehmung geäußerte Rechtsansicht ist unmaßgeblich, ebensowenig kann es der betreibenden Partei erspart werden, nachzuforschen, wer nunmehr als vertretungsbefugtes Organ der verpflichteten GesmbH. in Betracht kommt. Nur mit diesem Organ, nicht aber mit dem Masseverwalter oder mit einen vom Exekutionsgericht bestellten Kurator kann das Zwangsversteigerungsverfahren ordnungsgemäß abgeführt werden.

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