OGH 2Ob419/57

OGH2Ob419/5720.11.1957

SZ 30/77

Normen

ZPO §500 Abs2
ZPO §502 Abs3
ZPO §500 Abs2
ZPO §502 Abs3

 

Spruch:

Es liegt kein voll bestätigendes Urteil des Berufungsgerichtes vor, wenn das Erstgericht Haupt- und Eventualbegehren abgewiesen und das Berufungsgericht die Abweisung des Hauptbegehrens bestätigt, dem Eventualbegehren aber Folge gegeben hat.

Entscheidung vom 20. November 1957, 2 Ob 419/57.

I. Instanz: Bezirksgericht Floridsdorf; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die drei Kläger haben das Begehren gestellt, die Beklagte schuldig zu erkennen, die früher von Leopoldine F. gemietete Wohnung zu räumen, in eventu festzustellen, daß der Beklagten an dieser Wohnung keine ausschließlichen Mietrechte auf Grund eines nach dem Tode der Leopoldine F. im Jahre 1954 geschlossenen Mietvertrages zustunden.

Das Erstgericht wies in Ansehung aller drei Kläger Klagebegehren und Eventualbegehren ab.

Auf Berufung der drei Kläger hat das Berufungsgericht in teilweiser Abänderung des erstgerichtlichen Urteiles dem Haupt-(Räumungs-)begehren der Erstklägerin Folge gegeben, die Abweisung des Haupt- (Räumungs-)begehrens des Zweitklägers und der Drittklägerin mit dem Ausspruche, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S nicht übersteige, bestätigt, hingegen dem Eventual-(Feststellungs-)begehren des Zweitklägers und der Drittklägerin Folge gegeben.

Der Zweitkläger und die Drittklägerin fechten mit ihrer Revision das Urteil des Berufungsgerichtes in seinem ihr Haupt-(Räumungs-)begehren abweisenden Teil an.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Zweitklägers und der Drittklägerin aus sachlichen Gründen nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Zulässigkeit der Revision des Zweitklägers und der Drittklägerin wird aus folgenden Erwägungen bejaht:

Im Judikat Nr. 56 neu, JABl. 1952 S. 8, hat der Oberste Gerichtshof unter Punkt 2. ausgesprochen, daß die Vorschriften der §§ 500 Abs. 2 und 502 Abs. 3 ZPO. auf bloß teilweise bestätigende Urteile nicht anzuwenden sind. Die Erwägungen, mit denen dieser Rechtssatz begrundet wird, gelten zum überwiegenden Teil auch für den hier gegebenen Fall, daß das Erstgericht Haupt- und Eventualbegehren abgewiesen und das Berufungsgericht die Abweisung des Hauptbegehrens bestätigt, in teilweiser Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung aber dem Eventualbegehren Folge gegeben hat. So kann auch in diesem Fall schon sprachlich nicht von einem (voll) bestätigenden Urteil die Rede sein, wie es § 502 Abs. 3 ZPO. in Verbindung mit § 500 Abs. 2 ZPO. im Auge hat. Auch in diesem Fall bestunde bei anderer Rechtsansicht die Möglichkeit, daß das Revisionsgericht bei Beurteilung des Eventualbegehrens zu einer Rechtsansicht gelangt, die die seiner Überprüfung entzogene Abweisung des Hauptbegehrens als unrichtig erscheinen läßt, mit der Folge, daß das Eventualbegehren eben aus dem Gründe abgewiesen werden müßte, aus dem die Abweisung des Hauptbegehrens durch die Untergerichte unrichtig ist, z. B. daß im vorliegenden Fall das Eventualbegehren auf Feststellung unzulässig wäre, weil bei richtiger rechtlicher Beurteilung die Leistungsklage möglich erschiene, weshalb dem Hauptbegehren auf Räumung stattgegeben hätte werden sollen.

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