OGH 2Ob493/57

OGH2Ob493/5720.11.1957

SZ 30/78

Normen

Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §79
NO §52
NO §76 Abs1
Notariatszwangsgesetz §1
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §79
NO §52
NO §76 Abs1
Notariatszwangsgesetz §1

 

Spruch:

Die Beurkundung von Generalversammlungsbeschlüssen durch den Notar in einer Niederschrift gemäß § 76 Abs. 1 NotO. kann die Errichtung eines Notariatsaktes nicht ersetzen.

Entscheidung vom 20. November 1957, 2 Ob 493/57.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Mit Gesellschaftsvertrag vom 24. Juni 1949 schlossen sich der Kläger und zwei andere Personen zu einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zusammen. Bei der am 30. August 1949 abgehaltenen außerordentlichen Generalversammlung der Gesellschafter wurde einstimmig beschlossen, daß jedem der Gesellschafter eine teilweise Abtretung seines Geschäftsanteiles ohne weitere Zustimmung der übrigen Gesellschafter gestattet sei. Am 24. Jänner 1950 wurde die Gesellschaft auf Grund des Gesellschaftsvertrages vom 24. Juni 1949 und des Nachtrages vom 30. August 1949 eingetragen.

Mit dem Beschluß vom 13. März 1956 forderte das Registergericht die Geschäftsführer auf, die Löschung des Klägers als Geschäftsführers zur Eintragung im Handelsregister anzumelden, weil sich aus der Gesellschafterliste vom 1. März 1956 ergebe, daß der Kläger als Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschieden sei, wodurch gemäß § 15 Abs. 1 GesmbHG. auch seine Geschäftsführerbefugnis erloschen sei. Dieser Aufforderung kamen die Geschäftsführer Franz K. und Dr. Eduard Z. unter Vorlage des Notariatsaktes vom 10. Februar 1956 nach, mit dem der Kläger seinen Geschäftsanteil von 2000 S an seine Gattin übertragen hatte. Am 23. März 1956 wurde die Eintragung des Klägers als Geschäftsführers im Handelsregister gelöscht.

Der Kläger behauptet, daß er nie aufgehört habe, Geschäftsführer zu sein, und begehrt die Verurteilung der beklagten Gesellschaft zur Zahlung seiner seit dem 30. April 1956 fällig gewordenen rückständigen Geschäftsführerbezüge bis Februar 1957 und des rückständigen "Autopauschales" bis März 1957. Während des Rechtsstreites hat die Ehefrau des Klägers diesem eine Stammeinlage von 2000 S rückübertragen.

Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil, daß die Ansprüche des Klägers auf Bezahlung der Bezüge als Geschäftsführer auch für die Zeit ab April 1956 zu Recht bestehen.

Das Berufungsgericht bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Gesellschaft nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Frage, ob der Kläger auf Grund der Teilabtretungen aus der Gesellschaft als Gesellschafter ausgeschieden ist, gehört dem Gebiete der rechtlichen Beurteilung an und war daher vom Berufungsgericht im Rechtsmittelverfahren zu erörtern. § 15 HGB. schützt nur Dritte, somit nicht unmittelbar an der Maßnahme Beteiligte. Wie sich aus mehrfachen Hinweisen in den Beschlüssen der Generalversammlung vom 30. August 1949 ergibt, sollten die Beschlüsse der Generalversammlung ihre Rechtswirksamkeit auch auf den bereits abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag vom 24. Juni 1949 äußern. Gemäß § 79 GesmbHG. muß die Teilung eines Geschäftsanteiles im Gesellschaftsvertrag gestattet sein. Eine derartige Bestimmung bildet einen echten Satzungsbestandteil. Auch Änderungen, Berichtigungen und Ergänzungen des Gesellschaftsvertrages vor der Registrierung der Gesellschaft bedürfen zwingend der Form des Notariatsaktes (vgl. Graschopf, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, S. 33). Die Beschlüsse in der sogenannten Generalversammlung vom 30. August 1949 wurden vom Notar gemäß § 76 Abs. 1 NotO. in einer Niederschrift beurkundet. Diese Niederschrift ist jedoch, mögen auch die Vorschriften des § 68 NotO, eingehalten worden sein, nicht als Notariatsakt anzusehen. Die Errichtung eines Notariatsaktes ist in den Fällen, in denen das Zustandekommen des Rechtsgeschäftes zwingend an die Form des Notariatsaktes gebunden ist, rechtsbegrundend. Ein Notariatsakt unterscheidet sich seinem Inhalt nach von der notariellen Beurkundung dadurch, daß in ihm Rechtserklärungen und Rechtsgeschäfte (§ 52 NotO.) beurkundet werden, während die Niederschrift die Beurkundung von Tatsachen, welche sich vor dem Notar persönlich und unmittelbar abspielen, und von Erklärungen, die in seiner Gegenwart abgegeben werden, zum Gegenstande hat. Wenngleich also der ausdrückliche Gebrauch des Wortes "Notariatsakt" in den §§ 52 f. NotO. nicht vorgeschrieben ist, kann die Beurkundung der Generalversammlung durch den Notar in einer Niederschrift im Sinne des § 76 Abs. 1 lit. g NotO. die Errichtung eines Notariatsaktes nicht ersetzen. Die beschlossene Satzungsänderung ist daher ebensowenig wirksam wie es ein Gesellschaftsvertrag wäre, der in einer derartigen Form beurkundet wäre.

Aus der Unzulässigkeit der Teilung des Geschäftsanteiles folgt auch die Ungültigkeit der Abtretung von Teilen des Geschäftsanteiles. Die unwirksamen Teilabtretungen mit den Notariatsakten vom 28. Februar 1951 und 20. November 1951 wären mit der letzten Abtretung vom 10. Februar 1956 nur dann wirksam geworden, wenn alle drei Abtretungen Teile eines einheitlichen Geschäftes gewesen wären. Die Bestimmung des § 17 des deutschen GesmbHG. kann wegen des anders lautenden Wortlautes zum Vergleiche nicht herangezogen werden. Es kann auch nicht davon die Rede sein, daß die Teilabtretungen bis zur Erlassung einer die Abtretung genehmigenden Satzungsbestimmung in Schwebe gewesen wären. Hievon abgesehen würde sich die Annahme eines Schwebezustandes schon mit Rücksicht auf den zwischen den beiden ersten Abtretungen und der letzten Abtretung liegenden Zeitraum verbieten. Auch eine Umdeutung des ungültigen Geschäftes in die Schaffung eines gemeinschaftlichen Eigentums an dem Geschäftsanteil ist nicht möglich. Jede Teilabtretung hat eine Haftungsänderung zur Folge, während Mitberechtigte im Sinne des § 80 GesmbHG. für Leistungen, die auf den Gesellschaftsanteil zu bewirken sind, zur ungeteilten Hand haften. Die Teilung des Geschäftsanteiles ist trotz der Bestimmung des § 78 GesmbHG. auch nicht durch die Eintragung in das Anteilbuch im Verhältnis zu der Gesellschaft wirksam geworden, weil eine auch nur teilweise Wirksamkeit der Teilung eine Umgehung der zwingenden Vorschrift des § 79 GesmbHG. bedeuten würde.

Da der Kläger somit durch die unwirksamen Teilabtretungen nicht aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, bestehen seine Ansprüche auf weitere Bezüge als Geschäftsführer zu Recht.

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