OGH 1Ob418/57

OGH1Ob418/579.10.1957

SZ 30/54

Normen

Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtXLII.
ZPO §405
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtXLII.
ZPO §405

 

Spruch:

Die bloße Unterhaltsverpflichtung allein begrundet noch keine Eidesleistungs- und Rechnungslegungspflicht.

Bucheinsicht ist kein Minus gegenüber der Rechnungslegung.

Entscheidung vom 9. Oktober 1957, 1 Ob 418/57.

I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Die Streitteile haben am 30. Juni 1944 in dem zu 16 Cg 239/44 des damaligen Landgerichtes Wien abgeführten Ehescheidungsprozeß einen Vergleich geschlossen, der unter anderem vorsieht:

"Der Beklagte verpflichtet sich, der Klägerin, solange sie sich nicht wieder verheiratet oder nicht in einem eheähnlichen Verhältnisse lebt, 40% seines gesamten Reineinkommens als Unterhaltsbeitrag auszuzahlen; er anerkennt ausdrücklich, daß die Klägerin jederzeit berechtigt ist, die Höhe seines Einkommens durch Einsichtnahme in sein Steuerbekenntnis und seine sonstigen Aufzeichnungen nachzuprüfen. In diesem Unterhaltsbeitrag sind die für die Kinder zu zahlenden Unterhaltsbeiträge nicht inbegriffen."

Mit Urteil vom selben Tage wurde die Ehe aus dem Verschulden des beklagten Ehemannes geschieden.

Die Klägerin verlangte unter Hinweis auf den Vergleich, Art. XLII EGZPO. und darauf, daß ihr der Beklagte die verlangte Einsicht in seine vermögensrechtlichen Unterlagen nicht gewährt habe, das Urteil, er sei schuldig, unter Vorlage eines Verzeichnisses die Höhe seines Einkommens vom 1. Juli 1944 bis zum Klagstage anzugeben und einen Eid dahin zu leisten, daß seine Angaben richtig und vollständig seien. Der Beklagte beantragte Abweisung dieses Begehrens.

Das Erstgericht stellte fest, daß die Streitteile nach der Scheidung jahrelang wieder wie Eheleute zusammengelebt, sich aber dann im Jahre 1955 wieder getrennt hätten und daß der Beklagte im Oktober 1955 wieder geheiratet habe. Ferner sei der Beklagte nicht mehr Angestellter wie zur Zeit des Vergleichsabschlusses, sondern selbständiger Unternehmer. Schließlich sei bei der endgültigen Trennung im Jahre 1955 vereinbart worden, daß der Beklagte 500 S zahlen solle.

In rechtlicher Beziehung meinte das Erstgericht, ein Unterhaltsversprechen allein begrunde keinen Anspruch nach Art. XLII EGZPO. Im Vergleich sei der Klägerin die Ermächtigung zur Einsicht in die Aufzeichnungen des Beklagten gegeben. Daraus folge, daß sie sich die Kenntnis der Einkommenshöhe des Beklagten nur auf diese Weise und nicht wie in der Klage begehrt verschaffen könne. Ferner sei der Vergleich infolge der geänderten Verhältnisse und wegen der späteren Vereinbarung der Zahlung von 500 S monatlich hinfällig geworden, so daß auch deswegen der Klageanspruch unbegrundet sei.

Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Berufungsgericht bewertete den Streitgegenstand, über den es entschieden hatte, mit mehr als 10.000 S. Es übernahm die erstrichterlichen Feststellungen mit Ausnahme jener über die Vereinbarung eines Unterhaltsbetrages von 500 S. Der Rechtsauffassung, daß der Vergleich infolge geänderter Verhältnisse hinfällig sei, pflichtete es bei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das die bloße Unterhaltsverpflichtung keine Rechnungslegungs- und Eidespflicht gemäß Art. XLII EGZPO. begrundet, hat der Oberste Gerichtshof zuletzt in seiner Entscheidung EvBl. 1956 Nr. 193 dargelegt. Von dieser Rechtsauffassung abzugehen, bieten die Ausführungen in der Revision keinen Anlaß. Auch auf den Vergleich vom 30. Juni 1944 kann - seine weitere Geltung in der hier in Betracht kommenden Beziehung angenommen - der Klageanspruch nicht mit Erfolg gestützt werden. Der Vergleich sieht nämlich vor, daß die Klägerin jederzeit berechtigt ist, die Höhe des Einkommens des Beklagten durch Einsichtnahme in seine Steuerbekenntnisse und sonstigen Aufzeichnungen nachzuprüfen. Dazu hat bereits das Erstgericht zutreffend ausgeführt, daß diese Vertragsabrede dahin zu verstehen ist, daß die Klägerin sich nur durch eigene Einsicht in die Belege des Beklagten und nicht im für den Beklagten unter Umständen beschwerlichen Weg der Rechnungslegung und Eidesleistung die ihr erwünschte Kenntnis beschaffen kann. Dem Rechnungslegungs- und Eidesleistungsbegehren steht daher im vorliegenden Fall auch noch die ausdrückliche, nach dem eigenen Standpunkt der klagenden Partei noch aufrechte Vergleichsabrede entgegen. Daß die Bucheinsicht ein Minus gegenüber der Rechnungslegung wäre, kann nicht gesagt werden. Es handelt sich dabei vielmehr um verschiedene Ansprüche, im ersten Fall nämlich um einen Anspruch auf Duldung der Einsicht, also einer Tätigkeit der Klägerin, im zweiten Fall dagegen darum, daß der Beklagte selbst tätig werde, nämlich eine Rechnung lege. Die Verschiedenheit der Ansprüche wird schon daraus klar, daß sie unabhängig voneinander geltend gemacht werden können; es ist ohne weiteres eine Rechnungslegung ohne Bucheinsicht und auch eine Bucheinsicht ohne Rechnungslegung des Buchführers möglich.

Schon aus diesen Erwägungen haben daher die Untergerichte das Klagebegehren im Ergebnis mit Recht abgewiesen.

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