OGH 4Ob135/56

OGH4Ob135/5626.3.1957

SZ 30/19

Normen

Arbeitsgerichtsgesetz §3
JN §93
Arbeitsgerichtsgesetz §3
JN §93

 

Spruch:

§ 93 JN. kann im arbeitsgerichtlichen Verfahren angewendet werden, wenn dadurch nicht dem Zweck des § 3 ArbGerG. zuwidergehandelt wird.

Entscheidung vom 26. März 1957, 4 Ob 135/56.

I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Erstkläger hat zu 5 Cr 37/56 des Arbeitsgerichtes Wien, der Zweitkläger zu 5 Cr 161/55 desselben Gerichtes von den Beklagten rückständige Löhne eingeklagt. Der Zweitbeklagte hat nur zu 5 Cr 161/55 die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit erhoben.

Das Erstgericht verurteilte den Erstbeklagten zur Zahlung der geforderten Beträge und zum Ersatz der Prozeßkosten. Mit dem in das Urteil aufgenommenen Beschluß erklärte das Erstgericht die zu 5 Cr 37/56 und 5 Cr 161/55 in Ansehung der zweitbeklagten Partei durchgeführten Verfahren bis einschließlich der Klagezustellung für nichtig und wies die beiden Klagen, soweit sie gegen die zweitbeklagte Partei gerichtet waren, wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück. Es führte in diesem Belange aus, daß hinsichtlich des Zweitbeklagten keiner der fünf Kompetenztatbestände des § 3 ArbGerG. gegeben sei. Da § 3 ArbGerG. die örtliche Zuständigkeit ausschließlich regle, könne das angerufene Gericht selbst durch ausdrückliche Vereinbarung mit dem Zweitbeklagten für die gegenständliche Rechtssache nicht zuständig gemacht werden. Es könnten sich deshalb die Kläger auch nicht auf § 93 JN. mit der Behauptung stützen, daß die beiden Beklagten eine gemeinsame Firma in Istanbul gegrundet hätten und Gesellschafter dieser Firma seien.

Dem Rekurse gegen die Zuständigkeitsentscheidung wurde vom Rekursgericht Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Erstgerichte unter Rechtskraftvorbehalt die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen. Das Rekursgericht vertrat hiebei die Auffassung, daß für den Fall, als nach dem Wortlaute des § 3 ArbGerG. der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft ausgeschlossen erscheinen sollte, eine Gesetzeslücke anzunehmen sei, die im Wege der Analogie zu § 93 JN. geschlossen werden müßte.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Zweitbeklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Daß es sich im Gegenstande um eine Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis handelt, ist nicht bestritten. Es ist auch nicht bestritten, daß der maßgebende Dienstvertrag zwischen Inländern im Inlande geschlossen wurde, allerdings mit Bezug darauf, daß die Arbeitsleistungen nicht im Inlande, sondern im Auslande (Istanbul) erbracht werden sollten. Daß beide Beklagten ihren Wohnsitz im Inlande haben, wurde im Verfahren erster Instanz nicht bestritten. Erst im Rekurse hat der Zweitbeklagte neu und daher unzulässig vorgebracht, daß der Erstbeklagte seit langem in Istanbul lebe.

Es kann mit Rücksicht auf den Wohnsitz beider Beklagter in Österreich und auf den in Österreich zwischen Inländern abgeschlossenen Dienstvertrag kein Zweifel bestehen, daß zur Entscheidung von Streitigkeiten aus diesem Dienstvertrage die inländische Gerichtsbarkeit gegeben ist. Da es sich um Streitigkeiten aus Arbeitsverhältnissen handelt, sind gemäß § 1 ArbGerG. die Arbeitsgerichte zur Entscheidung zuständig. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich gemäß § 3 ArbGerG. mangels eines anderen Kompetenztatbestandes nach dem Wohnsitz der Unternehmer, also nach dem Wohnsitz der Beklagten. Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes Wien hinsichtlich der mit dem Erstbeklagten bestehenden Streitigkeiten steht nach dem Gesagten fest.

Was den Zweitbeklagten anlangt, so steht fest, daß er seinen Wohnsitz in S. hat. Durch diesen wäre die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes Salzburg gemäß § 3 ArbGerG. festgelegt, wenn nicht ein Kompetenztatbestand vorliegt, durch den auch die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes Wien gegeben ist. Im Hinblick auf die Gegebenheiten des konkreten Falles könnte, da sich in Wien keine Betriebsstätte des Unternehmens, das die Beklagten als Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes aufgezogen haben, befindet, da in Wien die Arbeit nicht zu leisten und auch nicht der Lohn auszuzahlen ist, für die Kläger nach den Bestimmungen des § 3 ArbGerG. nur etwas gewonnen werden, wenn angenommen werden könnte, daß das Unternehmen seinen Sitz in Wien gehabt hat. Auch dies kann aber nicht gesagt werden, da die allenfalls als organisierte Einheit anzusprechende Erwerbsgelegenheit in Istanbul gelegen war und der Wohnsitz der einzelnen Gesellschafter den Sitz des Unternehmens an sich nicht bestimmen kann (so ArbSlg. 5507).

Vielfach ist in der Judikatur der letzten Zeit der Standpunkt vertreten worden, daß § 3 ArbGerG. die örtliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte abschließend regle und daß auch die örtliche Zuständigkeit von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen sei, daß also § 4 ArbGerG. sich nicht nur auf die sachliche, sondern auch auf die örtliche Zuständigkeit beziehe. Das letztere Problem wurde im Zusammenhang mit der Frage behandelt, ob und wie weit § 104 JN. im arbeitsgerichtlichen Verfahren anwendbar ist. Daß die Zulässigkeit einer Vereinbarung über die örtliche Zuständigkeit im Rahmen des § 3 Abs. 1 ArbGerG. gegeben ist, bedarf keiner weiteren Erörterung (vgl. ArbSlg. 4497).

Sonst ist aber schon zur Zeit der Geltung des Gewerbegerichtsgesetzes der Standpunkt vertreten worden, daß die Zuständigkeit eines anderen als des nach dem Gewerbegerichtsgesetz zuständigen Gewerbegerichtes wirksam nicht vereinbart werden könne. Es wurde ausdrücklich ausgesprochen, daß auch die örtliche Zuständigkeit der Gewerbegerichte eine ausschließliche sei und daß die Bestimmungen des § 104 JN. über Gerichtsstandsvereinbarungen für das gewerbegerichtliche Verfahren nicht anwendbar seien, weil mit keinem Worte im § 3 des Gewerbegerichtsgesetzes darauf hingewiesen sei, daß allgemein oder subsidiär die Zuständigkeitsbestimmungen der Jurisdiktionsnorm für das gewerbegerichtliche Verfahren gelten. Erwähnt seien nur die §§ 54 ff. und 66 JN. Die Streitteile könnten daher nur zwischen den im § 3 des Gewerbegerichtsgesetzes genannten örtlichen Gerichtsständen wählen. Das ergebe sich aus der umfassenden Bestimmung des § 4 des Gewerbegerichtsgesetzes (so ArbSlg. 4121, 4749).

Den gleichen Standpunkt haben die Entscheidungen JBl. 1947 S. 246, EvBl. 1948 Nr. 453, ArbSlg. 4896, 5142 und 5790 seit der Geltung des Arbeitsgerichtsgesetzes eingenommen. Die Argumentation ging im wesentlichen dahin, daß die Jurisdiktionsnorm die Zuständigkeitsfrage der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen regle. Die ordentlichen Gerichte seien im § 1 JN. erschöpfend aufgezählt. Zu ihnen gehörten nicht die Arbeitsgerichte. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte sei im Arbeitsgerichtsgesetz ausschließlich geregelt, so daß den Zuständigkeitsbestimmungen der Jurisdiktionsnorm auch keine subsidiäre Bedeutung zukomme. Aus diesem Gründe sprach ArbSlg. 5142 aus, daß die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes nur gegeben sei, wenn eine der im § 3 ArbGerG. angeführten Voraussetzungen, an die die örtliche Zuständigkeit anknüpfe, im Zeitpunkte der Klagseinbringung vorliege. Es genüge nicht, daß die Betriebsstätte oder der Sitz des Unternehmens während der Dauer des Dienstverhältnisses im Sprengel des Arbeitsgerichtes gelegen sei, wenn dies im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr der Fall sei.

Endlich hat ArbSlg. 5945 in letzter Zeit ausgesprochen, daß § 104 JN. im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht anwendbar sei. Eine Gerichtsstandsvereinbarung sei nur im Rahmen des § 1 Abs. 4 ArbGerG. zulässig. Das Wahlrecht des Dienstnehmers unter den im § 3 ArbGerG. angeführten Gerichtsständen dürfe durch Vereinbarung in keiner Weise beschränkt werden. Zur Begründung führte diese Entscheidung wieder an, daß das Gesetz nur von der Anwendbarkeit der Bestimmungen der Zivilprozeßordnung, nicht aber auch jener der Jurisdiktionsnorm spreche. Eine Gerichtsstandsvereinbarung nach § 104 JN. sei außer dem Falle des § 1 Abs. 4 ArbGerG. unmöglich. Der Zweck des die örtliche Zuständigkeit regelnden § 3 ArbGerG. gehe dahin, dem Dienstnehmer als dem wirtschaftlich Schwächeren durch die Möglichkeit, die Klage bei einem ihm leicht zugänglichen Gerichte anzubringen, die Rechtsverfolgung zu erleichtern. Diesem Zweck würde aber eine Vereinbarung widersprechen, durch die das Wahlrecht des Klägers schon anläßlich der Eingehung des Dienstverhältnisses eingeschränkt würde. Selbst wenn der vereinbarte Gerichtsstand zugleich ein nach § 3 ArbGerG. zulässiger Weg sei, dürfe das Wahlrecht des Klägers nicht vor Erhebung und Zustellung der Klage beschränkt werden.

Ein derartig starrer Standpunkt ist von der Judikatur nicht immer eingenommen worden. So hat z. B. ArbSlg. 4255 - in der Zeit der Geltung des Gewerbegerichtsgesetzes - ausgesprochen, daß die örtliche Zuständigkeit des Gewerbegerichtes für Streitigkeiten aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis auch dann erhalten bleibe, wenn sich die Betriebsstätte oder der Sitz des Unternehmens im Zeitpunkte der Klageerhebung nicht mehr im Sprengel des angerufenen Gewerbegerichtes befinde, und zur Begründung darauf hingewiesen, daß § 3 des Gewerbegerichtsgesetzes logisch dem § 1 untergeordnet sei, der das im einzelnen Falle anzurufende Gericht gattungsmäßig bestimme, während § 3 bloß innerhalb dieser Gattung eine individuelle Bestimmung des für den einzelnen Rechtsstreit zuständigen Gerichtes ermöglichen wolle. Diese logische Unterordnung müsse zur Folge haben, daß durch § 3 die Bestimmung des § 1 eine Einschränkung nicht erfahren könne und dürfe.

Die Entscheidung JBl. 1934 S. 303 weist darauf hin, daß auch dann, wenn die inländische Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens aufgelassen werde, für Streitigkeiten zwischen einem Angestellten und dem Unternehmer das Gewerbegericht zuständig sei, in dessen Sprengel sich die Betriebsstätte befunden habe. Der Zweck des Gewerbegerichtsgesetzes erfordere eine solche Auslegung seines § 3.

Am weitesten geht die Entscheidung SZ. IX 114. Sie sagt, es wäre ganz gegen die Absicht des Gewerbegerichtsgesetzes, das in erster Linie den Gerichtsstand der Betriebsstätte bzw. jenes Gerichtes nenne, in dessen Sprengel die Arbeit zu leisten ist oder die Auszahlung des Lohnes zu erfolgen hat, wenn vielleicht der in einer in weit entfernter Gegend des Bundesgebietes gelegenen Betriebsstätte beschäftigte Arbeitnehmer gezwungen wäre, weil dort ein Gewerbegericht nicht besteht, sein Recht beim Gewerbegerichte des Unternehmens, also etwa in Wien, zu suchen. Es müßten vielmehr in einem solchen Falle die allgemeinen Gerichtsstände nach der Jurisdiktionsnorm zur Verfügung stehen, von denen in der Regel jener nach § 87 JN. die Klage vor einem näheren Gerichte ermöglichen werde. Diese Entscheidung hat in der Zeit, in der das Bundesgebiet noch nicht von einem geschlossenen Netz von Arbeitsgerichten überzogen war, jedenfalls der Bestimmung des § 3 des Gewerbegerichtsgesetzes nicht jene Ausschließlichkeit zugesprochen, wie dies heute geschieht.

ArbSlg. 4902 hat, wenn die Entscheidung auch die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes nach § 1 Abs. 4 ArbGerG. und nicht die örtliche Zuständigkeit im Auge hat, richtig hervorgehoben, daß die Jurisdiktionsnorm, wenn ihrer auch nicht so wie der Zivilprozeßordnung im Arbeitsgerichtsgesetze Erwähnung getan wird, doch auch auf arbeitsrechtliche Streitigkeiten Anwendung zu finden habe, und zwar jedenfalls in den Bestimmungen der §§ 1 bis 48, die von der Gerichtsbarkeit im allgemeinen handeln.

Den vom Rekursgerichte im gegenständlichen Falle eingenommenen Standpunkt hat die Entscheidung ArbSlg. 5507 restlos vertreten. Auch dort handelte es sich um eine Arbeitsgemeinschaft (Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes). Es wurde anerkannt, daß in analoger Anwendung des § 93 Abs. 1 JN. mehrere eine Arbeitsgemeinschaft bildende Unternehmungen als Streitgenossen bei jedem Arbeitsgerichte belangt werden können, in dessen Sprengel eine von ihnen ihren Sitz hat. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß Sinn und Zweck der örtlichen Zuständigkeitsbestimmungen des § 3 ArbGerG. nicht so sehr das Heranbringen der Zuständigkeit an den Arbeitsort gewesen sei, da sonst der Wohnsitz des Unternehmers, der vom Arbeitsorte ebenso weit entfernt sein könne wie der Sitz des Unternehmens, nicht in die die Zuständigkeit begrundenden Merkmale hätte aufgenommen werden dürfen. Es scheine vielmehr die Absicht bestanden zu haben, sowohl dem Unternehmer als auch dem Arbeitnehmer einen möglichst weiten Spielraum in der Wahl der örtlichen Zuständigkeit und damit eine möglichst ökonomische Prozeßführung zu ermöglichen. Wenn nun der Wortlaut des § 3 ArbGerG. nicht ausreiche, um für alle Streitgenossen die Zuständigkeit desjenigen Arbeitsgerichtes zu begrunden, in dessen Sprengel eine der drei als Streitgenossen beklagten Bauunternehmungen ihren Sitz habe, so sei das Vorliegen einer Gesetzeslücke anzunehmen, die, wenn auch den Zuständigkeitsbestimmungen der Jurisdiktionsnorm im arbeitsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich keine subsidiäre Bedeutung zukomme, doch durch einen Analogieschluß zu § 93 Abs. 1 JN. zu schließen sein werde. Es könne nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, den einem nicht arbeitsrechtlichen Vertragspartner der Arbeitsgemeinschaft (z. B. dem Lieferanten) zugute kommenden Gerichtsstand der Streitgenossenschaft einem arbeitsrechtlichen Vertragspartner dieser Arbeitsgemeinschaft zu verwehren.

Die Entscheidung ArbSlg. 5566 bejahte die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes, in dessen Sprengel die Arbeit zu leisten ist, auch für Klagen, die erst nach Beendigung des Dienstverhältnisses erhoben werden: Sie legte die Zuständigkeitsbestimmungen des § 3 ArbGerG. erweiternd aus und verwies darauf, daß bei anderer Auslegung dieser Gerichtsstand in den seltensten Fällen gegeben wäre.

Die Entscheidung ArbSlg. 5818 sprach den Rechtssatz aus, daß der Mangel der örtlichen Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes in höherer Instanz von Amts wegen nicht berücksichtigt werden könne. Die Entscheidung verwies auf § 28 JN., aus welcher Bestimmung sich ergebe, daß der Mangel örtlicher Zuständigkeit nicht den Mangel der Gerichtsbarkeit herbeiführe. Es hing im konkreten Falle die Frage, ob im Inlande eine Betriebsstätte bestehe, aufs innigste mit der Frage der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers zusammen.

Wird die hier wiedergegebene Rechtsprechung einer kritischen Betrachtung unterzogen, dann ergibt sich, daß keines der für die Ausschließlichkeit der Gerichtsstände des § 3 ArbGerG. und für die Anwendbarkeit des § 4 ArbGerG. auf die Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit vorgebrachten Argumente zwingend ist und wirklich standhält. In Wahrheit ist der Zweck des § 3 ArbGerG. doch der, zu verhindern, daß der Arbeitnehmer vor einem anderen als den dort angeführten Gerichtsständen Recht nehme. Insoweit ist die Jurisdiktionsnorm ausgeschlossen. Soweit aber dieser Gesichtspunkt nicht zutrifft, ist nicht einzusehen, warum die Jurisdiktionsnorm nicht subsidiär gelten sollte.

Der hervorgehobene Gesichtspunkt trifft nicht zu, wenn beide Unternehmer gleich zusammen geklagt werden. Der Arbeitnehmer wird hiedurch nicht beschwert.

Daß die Anwendbarkeit der Jurisdiktionsnorm für das arbeitsgerichtliche Verfahren im Arbeitsgerichtsgesetz nicht erwähnt ist, besagt an sich nichts. Niemand bezweifelt, daß die Bestimmungen der §§ 1 bis 48 JN. auch auf das arbeitsgerichtliche Verfahren anzuwenden sind. Es kann eben, wie gesagt, die Frage nur dahin gestellt werden, ob durch § 3 ArbGerG. die örtliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte erschöpfend geregelt wurde oder nicht. Das kann mit guten Gründen nicht behauptet werden. Es ist tatsächlich so, daß § 3 dem § 1 ArbGerG. logisch untergeordnet ist, wie für das Gewerbegerichtsgesetz ArbSlg. 4255 hervorgehoben hat und wie seit der Geltung des Arbeitsgerichtsgesetzes um so mehr angenommen werden muß, als nunmehr das ganze Bundesgebiet mit einem Netz von Arbeitsgerichten überzogen ist. Wäre im konkreten Falle die sachliche Zuständigkeit eines Arbeitsgerichtes zur Verhandlung und Entscheidung gegeben und mangelte es an einem örtlich zuständigen Gerichte, dann würde die Anwendung des § 28 JN. eher dem Sinne und Geiste des Arbeitsgerichtsgesetzes gerecht als die Verweisung der Rechtssache an die ordentlichen Gerichte. Läßt man aber die Bestimmung eines örtlich zuständigen Arbeitsgerichtes durch den Obersten Gerichtshof im Sinne des § 28 JN. infolge der Überordnung des § 1 über den § 3 ArbGerG. als möglich zu, dann erhellt, daß das Verhältnis des § 3 ArbGerG. zu den Zuständigkeitsbestimmungen der Jurisdiktionsnorm nicht das der Ausschließlichkeit, sondern das des Vorranges der Bestimmungen des § 3 ArbGerG. vor denen der Jurisdiktionsnorm st, und zwar solange nicht eine Gesetzeslücke offenbar wird. Ihr zwingender Charakter kann insofern ohne Bedenken anerkannt werden und damit auch die Unanwendbarkeit der Bestimmungen des § 104 JN., solange dieses Vorrangsverhältnis und nicht eine offenbare Gesetzeslücke besteht.

Die Zuständigkeitsbestimmungen der Jurisdiktionsnorm sind aber dann analog anzuwenden, wenn die sachliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes feststeht und mangels einer wirksamen Bestimmung über die örtliche Zuständigkeit verneint werden sollte, oder wenn ansonsten eine dem Geiste des Arbeitsgerichtsgesetzes widersprechende Zuständigkeitsordnung bejaht würde. Es besteht deshalb kein Bedenken, die Anwendbarkeit des § 93 JN. zu bejahen, wenn dadurch nicht dem Zwecke des § 3 ArbGerG. widersprochen, sondern eine dem Geiste des Arbeitsgerichtsgesetzes entsprechende Zuständigkeitsordnung hergestellt wird. Der Oberste Gerichtshof tritt aus diesen Gründen der vom Rekursgerichte vorgetragenen Rechtsansicht bei.

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