OGH 1Ob72/57

OGH1Ob72/5713.3.1957

SZ 30/15

Normen

ABGB §879
ABGB §1431
ABGB §1434
Devisengesetz §22
ABGB §879
ABGB §1431
ABGB §1434
Devisengesetz §22

 

Spruch:

Ein Geschäft, das der Genehmigung nach dem Devisengesetz bedarf, ist bis zur Versagung dieser Genehmigung mit seiner Wirksamkeit in Schwebe; vor Erfüllung der Pflicht zum Ansuchen um die Genehmigung ist eine Rückforderung der Leistung unter Berufung auf § 1434 ABGB. unzulässig.

Entscheidung vom 13. März 1957, 1 Ob 72/57.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Beklagte kaufte im Frühjahr 1949 das in Wien III., H.-Straße 23, gelegene Parfumeriegeschäft von den in den USA befindlichen Eigentümern. Der Kaufpreis von 1500 $ wurde in der Weise bezahlt, daß die Klägerin, welche die Gattin eines amerikanischen Staatsbürgers ist, diesen Betrag am 23. Mai 1949 den Verkäufern überwies. Am 4. Mai 1949 schlossen die Streitteile einen Darlehensvertrag, nach welchem die Beklagte die Barzahlung eines Betrages von 37.500 S bestätigte und sich zur Zahlung bis spätestens 30. Juni 1953 verpflichtete. Der Darlehensbetrag stellte den Gegenwert für 1500 $ zum Kurs von 25 S dar.

Die Klägerin begehrt den Erlag des Darlehensbetrages auf ein Sperrkonto und stützt das Klagebegehren primär auf den Darlehensvertrag und für den Fall seiner Nichtigkeit auf den Titel der Bereicherung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Beklagte habe durch Anweisung an die Klägerin eine Zahlung an Devisenausländer, nämlich die Rückstellungswerber, geleistet. Diese Zahlung sei gemäß § 22 DevG. nichtig. Die Nichtigkeit gelte auch für das Darlehensgeschäft. Allerdings stehe der Klägerin ein Bereicherungsanspruch gemäß §§ 877, 879 ABGB. ungeachtet des Umstandes zu, daß sie nunmehr Devisenausländerin sei. Dieser Bereicherungsanspruch könne aber so lange nicht geltend gemacht werden, als nicht die Überweisung und somit das zugrunde liegende Deckungsgeschäft, das ist der Darlehensvertrag, devisenbehördlich genehmigt sei.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Vorbehalt der Rechtskraft auf. Die Transaktion sei gemäß §§ 3 Z. 5, 4 DevG. genehmigungspflichtig. Eine solche Genehmigung sei im Verfahren erster Instanz nicht vorgelegen. Das Geschäft sei daher nichtig, jedoch bis zur Bewilligung "schwebend" und erst mit der Versagung endgültig unwirksam. Die Klägerin habe im Berufungsverfahren eine nachträgliche Bewilligung der Oesterreichischen Nationalbank vorgelegt. Es könne dahingestellt bleiben, ob darauf im Berufungsverfahren überhaupt Bedacht genommen werden könne. Selbst wenn dies verneint werde sei die Sache nicht spruchreif um über den Anspruch soweit er aus dem Titel der Bereicherung geltend gemacht werde, absprechen zu können. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes hindere der Mangel der devisenbehördlichen Genehmigung die Klägerin nicht an der Geltendmachung ihres Anspruches aus dem Titel der Bereicherung. Dieser sei an sich berechtigt, es müsse jedoch die Einwendung der mangelnden Fälligkeit geprüft werden. In dem fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht auch auf die nachträglich erteilte Bewilligung der Nationalbank Bedacht zu nehmen haben.

Der Oberste Gerichtshof gab den Rekursen beider Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Beizupflichten ist der von den Rechtsmittelwerbern übrigens nicht bekämpften Rechtsansicht der Untergerichte, daß das gegenständliche Geschäft der Bewilligung der Oesterreichischen Nationalbank bedurfte. Dabei ist davon auszugehen, daß der schriftliche Darlehensvertrag insofern nur ein Scheingeschäft ist, als darin die Zuzählung von 37.500 S in barem bestätigt wird. Bei der Beurteilung ist daher der wahre Sachverhalt zugrunde zu legen. War die Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäftes Deviseninländerin, dann war das Geschäft gemäß § 14 Abs. 2 DevG. bewilligungspflichtig, weil der Vertrag in effektiver ausländischer Währung, nämlich in US-Dollar, zu erfüllen war. War die Klägerin hingegen Devisenausländerin, dann handelt es sich um die Aufnahme eines Kredites bei einem Ausländer und käme die Bestimmung des § 14 Abs. 1 DevG. zur Anwendung. Faßt man das zwischen den Streitteilen geschlossene Geschäft als einen Kauf ausländischer Zahlungsmittel auf, dann beinhaltet das Geschäft einen Handel mit ausländischen Zahlungsmitteln gemäß § 1 Abs. 1 Z. 11 DevG., welcher gemäß § 2 Abs. 1 DevG. der Bewilligung bedurfte.

Bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz wurde eine Bewilligung der Nationalbank nicht vorgelegt. Auf die erst im Berufungsverfahren vorgelegte Bewilligung kann wegen des Neuerungsverbotes kein Bedacht genommen werden (JBl. 1953 S. 521). Die Sache ist daher nach der im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz gegebenen Rechtslage zu beurteilen.

Gemäß § 22 DevG. sind Rechtsgeschäfte, die den Vorschriften dieses Gesetzes widersprechen, nichtig. Sie sind jedoch vom Zeitpunkt ihrer Vornahme an wirksam, wenn die erforderliche Bewilligung nachträglich erteilt wird. Bis zur Versagung der Genehmigung ist daher das Geschäft nicht schlechthin nichtig, sondern mit seiner Wirksamkeit in Schwebe oder schwebend unwirksam. In diesem Stadium bleiben die Vertragspartner wie bei einem unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossenen Geschäft gebunden, haben sich der Möglichkeit endgültiger Bindung entsprechend zu verhalten und nichts gegen das Wirksamwerden des Geschäftes zu Unternehmen.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin noch vor der Genehmigung des Rechtsgeschäftes das Darlehen gegeben, somit den Vertrag erfüllt. Hiezu wäre sie nicht verpflichtet gewesen. Gemäß § 1434 ABGB. kann die Leistung zurückverlangt werden, wenn sie noch von der Erfüllung einer beigesetzten Bedingung abhängt. Diese Bestimmung kann aber dann nicht uneingeschränkte Anwendung finden, wenn zur Herbeiführung der Bedingung die Mitwirkung der Parteien erforderlich ist, die im vorliegenden Fall darin besteht, daß um die Genehmigung des Geschäftes bei der Nationalbank angesucht werden muß. In diesem Fall sind die Vertragspartner nämlich auch verpflichtet, sich um die Genehmigung zu bemühen. Der Vorleistende darf daher grundsätzlich seine Leistung nicht unter Berufung auf obige Bestimmung zurückverlangen, bevor er nicht die ihm obliegende Pflicht zum Ansuchen um die Genehmigung erfüllt hat. Eine Rückforderung seiner Leistung vor Erfüllung dieser Pflicht widerspräche den Grundsätzen der Vertragstreue. In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof entschieden, wenn Rechtsgeschäfte, die der Genehmigung der Grundverkehrskommission unterliegen, vor Erteilung dieser Genehmigung erfüllt werden (1 Ob 409/53).

Allerdings bedarf dieser Grundsatz einer Einschränkung insofern, als der Vorleistende seine Leistung vor Erteilung der Genehmigung jedenfalls dann zurückverlangen darf, wenn sie ihm auch schon nach den Bestimmungen des bedingten Vertrages gebühren würde. Dies ergibt sich aus der Erwägung, daß er durch seine freiwillige Vorleistung nicht schlechter gestellt werden kann, als wenn er die Leistung erst nach der Genehmigung erbracht hätte.

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, daß die Klägerin ihren Anspruch nicht auf den Darlehensvertrag stützen kann, weil dieser mangels Genehmigung noch nicht rechtswirksam ist. Es muß aber geprüft werden, ob die Leistung nach dem intendierten Vertrag bereits fällig wäre.

Was die Höhe der zurückzufordernden Leistung anlangt, so ergibt sich folgendes:

Die Bestimmungen des Vertrages kommen nicht zur Anwendung, weil dieser noch nicht genehmigt ist. Dem Berufungsgericht ist ferner darin beizupflichten, daß auch die Vereinbarung eines höheren als des im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages verlautbarten Kurses der Genehmigung durch die Nationalbank bedürfte. Es wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Hinzuzufügen ist, daß sich die Notwendigkeit der Genehmigung aus der Bestimmung des § 2 Abs. 2 DevG. ergibt. In dieser wird bestimmt, daß lediglich der verlautbarte Kurs Geltung hat. Die Vereinbarung eines höheren Kurses ist daher verboten und nichtig, es sei denn, daß eine Ausnahme bewilligt wird.

Für die Berechnung des Kurses kommen daher nur die Bestimmungen über die Bereicherung zur Anwendung.

Was die Frage anlangt, welcher Zeitpunkt für die Berechnung des Kurses maßgebend ist, so ist sie dahin zu beantworten, daß dies der Zeitpunkt der Rückzahlung ist. Diese Ansicht wird in der Lehre insbesondere von Ehrenzweig (2. Aufl. II/1 S. 739 f. Anm. 38 a) vertreten. Damit steht die von Wilburg in Klang 2. Aufl. VI 476 f. vertretene Meinung nicht im Widerspruch. Wohl ist danach für den Betrag der Vergütung der Zeitpunkt maßgebend, in welchem der zu vergütende Nutzen eingetreten ist, doch kann eine Erhöhung verlangt werden, wenn sich nach diesem Zeitpunkt der Wert des Geldes wesentlich geändert hat, weil dies der Erwägung entspricht, daß die Kondiktion, wenn sie sich auch des Geldersatzes als Mittel bedient, doch in ihrem Wesen auf eine reale Vergütung des Nutzens gerichtet ist. Daraus läßt sich gleichfalls folgern, daß bei einer Erhöhung des Kurses diese zu ersetzen ist. Auch die Rechtsprechung vertritt in bezug auf § 1332 ABGB. (Judikat 15 neu = SZ. VI 226) und § 1041 ABGB. (2 Ob 53/55) den Standpunkt, daß bei einer gerichtlichen Wertfestsetzung die zwischen dem vom Gesetz vorgesehenen, verflossenen Zeitpunkt und der Urteilsfällung erster Instanz eingetretene Wertänderung zu berücksichtigen sei, ungeachtet des Umstandes, daß in den zitierten Bestimmungen als maßgeblicher Zeitpunkt jener des schädigenden Ereignisses bzw. der Verwendung ausdrücklich bezeichnet wird. Um so mehr muß dieser Grundsatz daher für §§ 1431 ff. ABGB. gelten, weil diese Bestimmungen im Gegensatz zu den beiden vorher erwähnten nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt Bezug nehmen. Die Richtigkeit dieser Ansicht wird auch durch folgende Überlegung bestätigt: Die Beklagte hat mit dem ihr von der Klägerin zur Verfügung gestellten Dollarbetrag den Kaufpreis für das Parfumeriegeschäft bezahlt und dadurch das Geschäft erworben. Ihr ist also der Nutzen vollständig zugekommen, wobei jedoch zu bemerken ist, daß der Nutzen schon darin gelegen ist, daß sie über den Dollarbetrag nach ihrem Gutdünken verfügen konnte (Ehrenzweig a. a. O.). Es ist daher nur billig, daß sie der Klägerin entweder den Dollarbetrag oder einen solchen Gegenwert in Schilling zurückerstattet, mit dem sich die Klägerin den Dollarbetrag beschaffen kann. Andernfalls wäre die Beklagte auf Kosten der Klägerin bereichert und diese geschädigt.

Eine devisenbehördliche Genehmigung zur Verurteilung der Beklagten zum Erlag des geschuldeten Betrages ist gemäß Z. 2 lit. a der Kundmachung der Oesterreichischen Nationalbank Nr. 110 (Wiener Zeitung vom 26. Juni 1955) nicht erforderlich.

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