Spruch:
Eine persönliche Verkaufstätigkeit fällt nicht in den Aufgabenkreis der Liquidatoren eines Handelsunternehmens.
Zur Haftung der Liquidatoren für eine von ihnen veranlaßte Geschäftssperre und für leichtfertige Konkurseröffnung.
Entscheidung vom 13. März 1957, 1 Ob 105/57.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Gesellschafter der oHG. Friedrich G. & Co., Wien, I., B.-Gasse 3, Einzelhandel mit Textilien, Schnittwaren, Herren- und Damenwäsche, Strümpfen und Modewaren, sind der Kläger und Leopoldine E. Mit Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 5. Februar 1952, 11 Cg 932/50, rechtskräftig seit 28. Februar 1952, wurde die Gesellschaft aufgelöst. Die beiden Beklagten wurden auf Antrag der Leopoldine E. und mit Zustimmung des Klägers vom Registergericht am 5. Mai 1952 zu Liquidatoren der Gesellschaft infolge der Uneinigkeit der Gesellschafter bestellt.
Der Kläger begehrt von ihnen die Zahlung eines Betrages von 63.000 S samt Zinsen mit der Begründung, daß ihm die Beklagten als Liquidatoren der Gesellschaft durch ihr pflichtwidriges Verhalten einen Schaden in dieser Höhe zugefügt hätten. Der Schaden ergebe sich aus dem Unterschied zwischen dem Erlös für das Unternehmen, der voraussichtlich bei Verwertung außerhalb des Konkurses erzielbar gewesen wäre, und dem im Konkurs erzielten Erlös zuzüglich der Kosten des Konkurses.
Von den im Verfahren erster Instanz behaupteten Pflichtverletzungen hielt der Kläger im Berufungsverfahren nur noch die unbegrundete Geschäftssperre, die ungenügende Bemühung hinsichtlich des Verkaufes des Geschäftes und den unbegrundeten Antrag auf Eröffnung des Konkurses aufrecht. Hiezu stellte das Erstgericht folgendes fest:
1.) Geschäftssperre: Der Kläger führte nach Rechtskraft des die Auflösung der Gesellschaft aussprechenden Urteiles das Geschäft weiter, verwendete die Eingänge aus dem Warenverkauf für die laufenden Auslagen, schaffte Waren auf eigenen Namen an, verkaufte sie im Geschäftslokal und hielt in den Buchungen keine Trennung zwischen seinen und den Waren der Gesellschaft ein. Dadurch entstanden den Beklagten größte Schwierigkeiten. Über Antrag der Gesellschafterin Leopoldine E. wurde deshalb mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt vom 29. Mai 1952, 25 C 1381/52, die einstweilige Verfügung des Inhaltes bewilligt, daß dem Kläger die Geschäftsschlüssel abzunehmen seien und ihm verboten werde, das Geschäftslokal ohne Beisein eines der Liquidatoren zu betreten. Der Vollzug erfolgte am 30. Mai 1952 durch Abnahme der Schlüssel. Diese wurden dem Zweitbeklagten ausgefolgt, der daraufhin das Geschäft sperrte. Die Aufforderung des Vertreters des Klägers, Dr. H., vom 16. Juni 1952, das Geschäft zur gewöhnlichen Zeit aufzusperren und zu schließen und dem Kläger die Führung desselben zu ermöglichen, lehnten die Beklagten ab. Mit Beschluß des Rekursgerichtes vom 29. Juni 1952 wurde die einstweilige Verfügung aufgehoben. Die Zustellung der Entscheidung erfolgte am 15. Juli 1952. Der Aufforderung Dris. H. vom 15. Juli 1952, die Schlüssel wieder an den Kläger auszufolgen, leisteten die Beklagten nicht Folge. Sie erlegten die Schlüssel zum Geschäft am 18. Juli 1952 zugleich mit dem Antrag auf Eröffnung des Konkurses bei Gericht. Das Geschäft wurde nicht wieder eröffnet.
Die Gründe der Geschäftssperre waren folgende: Die Beklagten waren wegen ihrer beruflichen Tätigkeit weder in der Lage noch verpflichtet, das Geschäft persönlich weiterzuführen. Der Einladung der Beklagten zu zwei Besprechungen wegen Weiterführung des Geschäftes leistete der Kläger keine Folge. Die Gesellschafterin Leopoldine E. weigerte sich, weitere Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Da die Beklagten bei den knappen Geldmitteln die Einstellung eines Verkäufers nicht für tragbar hielten, sperrten sie das Geschäft.
Auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen Karl F. stellte das Erstgericht fest, daß durch die Geschäftssperre der Wert des Geschäftes stark beeinträchtigt wurde. Bei Unterbleiben der Sperre hätten, wie auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen Dr. Friedrich G. festgestellt wurde, die laufenden Verbindlichkeiten gedeckt werden können. Ferner hätte ohne die Geschäftssperre bei dem Verkauf des gesamten Unternehmens ein höherer als der tatsächlich erzielte Kaufpreis erreicht werden können. Nach Ansicht des Erstgerichtes trifft die Beklagten an der Geschäftssperre kein Verschulden. Ursache dafür sei vielmehr das unkaufmännische Verhalten beider Gesellschafter gewesen.
2.) Bemühungen wegen Verkaufes des Geschäftes: Die Beklagten veranlaßten die Einschaltung von Verkaufsanzeigen, die am 8. und 10. Juni 1952 erschienen. Weiters hielten sie Umfrage in Branchenkreisen. Sie luden den Kläger zu einer Besprechung für den 14. Juni 1952 ein, bei der er jedoch nicht erschien. Leopoldine E. erklärte sich zur Übernahme des Unternehmens um den Betrag von 110.000 S bereit. Dieses Anbot wurde vom Kläger abgelehnt. Nach Ansicht des Erstgerichtes stand der Verwertung des Unternehmens die unklare Rechtslage bezüglich der Mietrechte an dem Geschäftslokal entgegen, die der Kläger für sich in Anspruch nahm. Ferner war auch der Umstand hinderlich, daß die Hausverwaltung einer Übertragung der Mietrechte an eine Person, die seitens der Liquidatoren vorgeschlagen würde, die Zustimmung nicht geben wollte.
3.) Konkurseröffnung: Der Vertreter des Klägers drohte bereits in den Schreiben vom 13. und 16. Juni 1952 mit der Beantragung der Konkurseröffnung. Am 17. Juli 1952 fand eine Besprechung zwischen dem Zweitbeklagten, den beiden Gesellschaftern und Dr. H. statt. Der Zweitbeklagte schlug die Einleitung des Konkursverfahrens vor und las den Anwesenden auch den Entwurf eines derartigen Antrages vor. Der Kläger und sein Vertreter äußerten sich weder zustimmend noch ablehnend. Die Beklagten gewannen daraus die Gewißheit, daß ein derartiger Antrag auch dem Willen der beiden Gesellschafter entspreche. Am 18. Juli 1952 wurde seitens des Zweitbeklagten mit Einverständnis des Erstbeklagten die Konkurseröffnung beim Handelsgericht beantragt. Zur Begründung wurde unter anderem angeführt, es sei den Liquidatoren nicht möglich, die Liquidation mit dem Ergebnis der Befriedigung sämtlicher Gläubiger durchzuführen. In der Aufstellung über das Vermögen wurden als Aktiven bloß ein Bargeldstand von 1 S 20 g und der Warenvorrat im Wert von 6132 S 42 g, als Passiven Schulden im Gesamtbetrag von 15.872 S 15 g angeführt. Der Wert des Geschäftes und des Inventars schien unter den Aktiven nicht auf. Der Wert der Einrichtung und des Geschäftsportales betrug 85.000 S. Auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen Dr. G. wurde festgestellt, daß der Status zum 18. Juli 1952 unter Zugrundelegung der damals überschaubaren Situation und bei Beobachtung äußerster Vorsicht einen Vermögensüberschuß von rund 26.400 S hätte ergeben müssen. Vom Standpunkt des Buchsachverständigen war die Konkurseröffnung nicht erforderlich und unter dem Gesichtspunkt der Versilberung keine Zahlungsunfähigkeit gegeben. Der vorhandene Vermögensüberschuß hätte auch bei einer weiteren Verzögerung der Geschäftsveräußerung noch einige Zeit zur Deckung der laufenden fixen Kosten ausgereicht. Es hätten daher auch die Kosten des Konkursverfahrens mit oder ohne Fortführung des Geschäftes erspart werden können. Da das Geschäft bereits vor der Konkurseröffnung gesperrt war, wurde durch sie der Wert des Unternehmens nicht wesentlich beeinträchtigt.
Nach Ansicht des Erstgerichtes war der Konkursantrag gerechtfertigt, weil Zahlungsunfähigkeit vorlag, und hat er auch dem Willen beider Gesellschafter entsprochen.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Vorbehalt der Rechtskraft auf. Die Beweiswürdigung sei nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens unbedenklich. In rechtlicher Hinsicht war das Berufungsgericht der Ansicht, daß die Beklagten Handlungen gesetzt hätten, die ihrer Pflicht zu ordnungsgemäßer und rascher Liquidation widersprachen. Die Sperre des Lokals sei in keiner Weise gerechtfertigt gewesen. Es habe keine Zahlungsunfähigkeit bestanden und es seien Waren im Wert von 3075 S vorhanden gewesen. Die mit der Weiterführung verbundenen höheren Regien wären in Kauf zu nehmen gewesen, weil ein lebendes Geschäft wertvoller sei als ein stillgelegtes. Die Maßnahmen zur Veräußerung seien ungenügend gewesen, insbesondere wäre ein Vermittler mit der Verwertung des Geschäftes zu beauftragen gewesen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen F. wäre diese Maßnahme allem Anschein nach erfolgreich gewesen. Der Antrag auf Konkurseröffnung sei unbegrundet gewesen. Bei richtiger Bewertung der Aktiven und Passiven hätte sich ein bedeutender Vermögensüberschuß ergeben. Ein wirklich andrängender Gläubiger sei nicht vorhanden gewesen. Die Sorge wegen einer allfälligen Steuernachzahlung sei unbegrundet gewesen. Die Frage, wem die Mietrechte an dem Geschäftslokal zustanden, hätte durch Erhebung bei der Hausverwaltung geklärt werden können. Eine stillschweigende Zustimmung des Klägers zu dem Antrag habe nicht vorgelegen. Das Schreiben des klägerischen Vertreters vom 18. Juli 1952 könne nur im gegenteiligen Sinn aufgefaßt werden. Überdies hätten die Beklagten die Pflicht gehabt, selbständig die Voraussetzungen zu prüfen. Die Beklagten hätten daher nach der derzeitigen Aktenlage eine günstigere Verwertung außerhalb des Konkurses schuldhaft unterlassen und seien deshalb dem Kläger grundsätzlich schadenersatzpflichtig. Es müsse jedoch geprüft werden, ob das Anbot der Gesellschafterin Leopoldine E. auf Übernahme des Unternehmens ernst gemeint und erfüllbar gewesen sei. Wenn dies zutreffe, so müßten die Folgen der Zurückweisung unter Umständen dem Kläger angelastet werden.
Da das Erstgericht auch Feststellungen über den Bestand und die Höhe der Forderung des Klägers getroffen habe, die für die Beklagten ungünstig seien, aber von ihnen wegen des Obsiegens in erster Instanz nicht angefochten werden konnten, könne das Berufungsgericht diese Feststellungen ohne Beweiswiederholung nicht zur Grundlage seiner gegenteiligen Entscheidung machen. Das Verfahren erster Instanz sei daher so zu behandeln, als wenn die streitentscheidenden Beweise nicht aufgenommen und die streitentscheidenden Tatsachen nicht festgestellt worden wären. Es sei daher im Sinne des § 496 Abs. 1 Z. 2 und 3 ZPO. als mangelhaft zu bezeichnen.
Der Oberste Gerichtshof gab den dagegen erhobenen Rekursen beider Parteien nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
I. Rekurs der Beklagten:
Die Beklagten machen geltend, daß nicht der Kläger, sondern nur die Gesellschaft befugt sei, Schadenersatzansprüche gegen die Liquidatoren wegen eines pflichtwidrigen Verhaltens zu stellen. Auf diese strittige Frage muß jedoch nicht eingegangen werden. Die Beklagten machen mit diesen Ausführungen den Mangel der aktiven Klagslegitimation geltend. Diese Einwendung hätte jedoch, um Berücksichtigung finden zu können, im Verfahren erster Instanz erhoben werden müssen. Die Geltendmachung dieses Umstandes erst im Rechtsmittelverfahren verstößt gegen das Neuerungsverbot und ist daher unbeachtlich.
Hinsichtlich der Geschäftssperre vermag sich der Oberste Gerichtshof den Erwägungen des Berufungsgerichtes nicht anzuschließen. Wohl ist es richtig, daß durch die einstweilige Verfügung nicht die Sperre des Geschäftes angeordnet wurde. Sie war jedoch eine durch sie veranlaßte und notwendige Maßnahme. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Dem Kläger war das Betreten des Geschäftes ohne Beisein eines der Liquidatoren verboten. Diese waren entgegen der Meinung des Klägers nicht verpflichtet, den Geschäftsbetrieb persönlich zu führen. Die Tätigkeit eines Ladenverkäufers fällt nicht in den Aufgabenkreis der Liquidatoren gemaß § 149 HGB. Es wäre daher entweder die Aufnahme eines Angestellten erforderlich gewesen oder es wäre der Liquidator, der diese Tätigkeit selbst übernommen hätte, besonders zu entlohnen gewesen. Für die Beklagten ergab sich daher die Notwendigkeit der Prüfung, ob die Aufnahme und Entlohnung eines Verkäufers zweckmäßig und tragbar sei. Wenn sie dabei zu einem negativen Ergebnis gelangten, kann darin keine Pflichtverletzung erblickt werden. Auch das Berufungsgericht vermag keinen gangbaren Weg für die Offenhaltung des Geschäftes aufzuzeigen, sondern meint bloß, die Beklagten hätten sich den vom Sachverständigen Dr. G. angestellten Erwägungen nicht verschließen dürfen. Dieser Sachverständige erklärt aber in seinem mündlichen Gutachten, es sei richtig, daß die Möglichkeiten der finanziellen Beweglichkeit mit Rücksicht auf das relativ geringe Lager sehr beengt waren, so daß die Aufnahme eines Angestellten nicht ohne weiteres gutzuheißen gewesen wäre; es könne aber 100%ig Konkretes über die Ergebnisse bei einer Fortführung des Geschäftes nicht gesagt werden, da dem Kläger möglicherweise doch Möglichkeiten zur Verfügung gestanden wären, zusätzliche Betriebsmittel in das Geschäft einzubringen. Auch der Sachverständige vermag also die Frage der Weiterführung des Geschäftes nicht mit Sicherheit zu bejahen. Mit den von ihm angeführten Möglichkeiten, die völlig unbestimmt sind, konnten und durften die Beklagten jedoch nicht rechnen, zumal sie aus der Interesselosigkeit beider Gesellschafter bei den Besprechungen über dieses Thema geradezu eine gegenteilige Schlußfolgerung ziehen mußten. Die Sperre des Geschäftes war daher eine berechtigte, zumindest aber vertretbare Maßnahme.
Es war weiter zu prüfen, ob darin, daß die Beklagten nach Aufhebung der einstweiligen Verfügung die Geschäftsschlüssel nicht dem Kläger ausfolgten, eine Pflichtwidrigkeit gelegen war. Auch das muß verneint werden. Der Kläger wäre verpflichtet gewesen, sich nach dem Eintritt der Auflösung der Gesellschaft und der Bestellung der Liquidatoren jeder weiteren Tätigkeit zu enthalten und ihnen das Geschäft zu übergeben. Statt dessen führte er das Unternehmen weiter, betrieb im gleichen Lokal Geschäfte gleicher Art auf eigenen Namen, ohne dabei diese Geschäfte rechnungsmäßig zu trennen. Die Beklagten waren daher berechtigt, dem Kläger auch nach Aufhebung der einstweiligen Verfügung die Ausfolgung der Schlüssel und das Betreten des Geschäftes zu verweigern.
Zusammenfassend ergibt sich, daß die Beklagten für die durch die Geschäftssperre verursachten Schäden nicht haftbar gemacht werden können.
Hinsichtlich der Verwertung des Unternehmens stützt sich das Berufungsgericht auf das Gutachten des Sachverständigen F. Wenn dieses in dem fraglichen Punkt zutrifft, was bis jetzt im Verfahren erster Instanz nicht festgestellt wurde, dann müßte tatsächlich den Beklagten zum Vorwurf gemacht werden, daß sie nicht die zur Verwertung des Unternehmens erforderlichen Maßnahmen getroffen haben. Diese hätten, wie das Berufungsgericht richtig ausführt, viel intensiver gestaltet werden müssen. Insbesondere wäre die Heranziehung eines Vermittlers unerläßlich gewesen. Der Umstand, daß der Kläger die Mietrechte für sich in Anspruch nahm und daß die Hausinhabung hinsichtlich der Übertragung der Mietrechte Schwierigkeiten machte, durfte die Beklagten von ihren Bemühungen nicht abhalten. Die Hindernisse waren nicht unüberwindbar, wie die Tatsache des Verkaufes des Unternehmens an Franz W. beweist. Die Hausinhabung stand ja selbst auf dem Standpunkt, daß die Mietrechte der Gesellschaft und nicht dem Kläger zustunden. Auch der Standpunkt des Klägers, daß ihm die Mietrechte zustunden, war aus diesem Gründe von vorneherein schwach. Allerdings muß noch geprüft werden, ob und in welchem Ausmaß eine derartige Differenz hinsichtlich der Frage der Mietrechte auf den Wert des Standortes des Geschäftes preisdrückend wirkt. Denn es ist nicht von der Hand zu weisen, daß eine Unklarheit in diesem Belange allfällige Interessenten abhalten und infolgedessen auf den Preis herabdrückend wirken kann.
Zum Antrag der Beklagten auf Eröffnung des Konkurses ist folgendes zu erwägen: Das Unternehmen war bereits vor diesem Antrag stillgelegt und befand sich im Stadium der Liquidation. Die Stillegung des Unternehmens hatte zur Folge, daß keine Eingänge mehr zu erwarten waren. Barmittel zur Zahlung der bereits vorhandenen und künftig entstehenden Schulden, insbesondere des weiter laufenden Mietzinses, waren nicht vorhanden. Die Auflösung der Gesellschaft brachte aber insofern eine Erleichterung, als bei einem in Liquidation befindlichen Geschäft auch die sonst illiquiden Vermögensbestandteile in absehbarer Zeit flüssig gemacht werden können. Solange also die Schulden in dem Veräußerungswert des Gesamtvermögens eine ausreichende Deckung fanden, bestand keine Notwendigkeit zur Eröffnung des Konkurses. Dies war nach den Feststellungen des Erstgerichtes der Fall. Wenn auch im Zeitpunkt des Antrages die formelle Voraussetzung für die Konkurseröffnung, nämlich Zahlungsunfähigkeit, gegeben gewesen sein mag, so wäre sie doch bei richtiger Erwägung der vorigen Umstände noch nicht erforderlich gewesen. Die Beklagten gelangten zu ihrer Auffassung nur deshalb, weil sie die einen erheblichen Wert darstellende Geschäftseinrichtung und den Wert des Portals sowie des Standortes nicht berücksichtigten. Wenn daher mit der Veräußerung des Geschäftes bei entsprechend intensiver Bemühung in einem solchen Zeitraum gerechnet hätte werden können, daß die Aktiven immer noch bei äußerster Vorsicht zur Deckung der Schulden ausgereicht hätten, so wäre die Konkurseröffnung tatsächlich vermeidbar gewesen.
Der Oberste Gerichtshof pflichtet dem Berufungsgericht auch darin bei, daß eine Zustimmung des Klägers zu dem Antrag nicht vorlag und das Stillschweigen zu dem Vorschlag des Zweitbeklagten allein nicht ausreichte, um eine derartige Schlußfolgerung mit Beruhigung ziehen zu können. Die Beklagten hätten daher auf eine ausdrückliche Erklärung des Klägers und seines Vertreters dringen müssen. Die Beklagten konnten aber um so weniger dieser Auffassung sein, als sie den Antrag hauptsächlich auf das vertragswidrige, ja ihrer Meinung nach sogar strafbare Verhalten des Klägers grundeten. Sie konnten doch keinesfalls das Einverständnis des Klägers mit einem derartigen Antrag annehmen. Ferner kann auch das Schreiben des Vertreters des Klägers vom 18. Juli 1952 bei richtiger Auslegung nur als Protest gegen die Eröffnung des Konkursverfahrens bezüglich der Gesellschaft aufgefaßt werden. Daß darin vom Konkurs gegen den Kläger gesprochen wird, kann nur so verstanden werden, daß sich der Antrag faktisch als eine gegen ihn gerichtete Maßnahme darstellte. Spätestens im Zeitpunkt des Erhaltes dieses Schreibens hätten aber die Beklagten die Unrichtigkeit ihrer Annahme einer Zustimmung des Klägers erkennen müssen. Da der Konkurs erst am 30. Juli 1952 eröffnet wurde, wäre eine Zurücknahme des Antrages immer noch möglich gewesen. Mangels des Vorliegens einer ausdrücklichen Zustimmung beider Gesellschafter wären die Beklagten an ihren Entschluß, den Antrag zu stellen, auch nicht gebunden gewesen.
II. Rekurs des Klägers:
Der Kläger bekämpft die Ansicht des Berufungsgerichtes, den Kläger treffe unter Umständen ein Mitverschulden, wenn er das Anbot der Gesellschafterin Leopoldine E. unbegrundet zurückgewiesen haben sollte.
Den Ausführungen des Rekurswerbers ist folgendes entgegenzuhalten:
Wohl ist es richtig, daß die Liquidatoren grundsätzlich selbst und unter eigener Verantwortung zu bestimmen haben, wann und wie die Versilberung des Unternehmens stattfinden soll. Es kann auch das Unternehmen an einen Gesellschafter veräußert werden, ohne daß dazu die Zustimmung der übrigen Gesellschafter nötig wäre, sofern die Liquidatoren darin die vorteilhafteste Verwertungsmöglichkeit erblicken (Hueck, Das Recht der oHG., 2. Aufl. S. 332). Die Beklagten hätten daher das Anbot der Leopoldine E. ungeachtet des Einspruches des Klägers annehmen können. Danach müßte unter den vom Berufungsgericht angeführten Voraussetzungen der Ernstlichkeit und Erfüllbarkeit des Anbotes der Leopoldine E., wogegen allerdings das Vorbringen der Beklagten spricht, und unter der weiteren Voraussetzung, daß der voraussichtlich erzielbare Kauferlös nicht wesentlich höher als ihr Anbot gewesen wäre, dem Kläger zum Vorwurf gemacht werden, daß er die Beklagten durch seinen Widerstand zur Ablehnung des Anbotes bestimmt hat. Dies ergibt sich daraus, daß bei Zustimmung zum Anbot der E, seitens des Klägers ein übereinstimmender Beschluß der Gesellschafter vorgelegen wäre, an den die Liquidatoren gebunden gewesen wären. Dieses Verschulden des Klägers müßte gemäß § 1304 ABGB. Berücksichtigung finden. Wenn aber der erzielbare Kaufpreis wesentlich höher gewesen wäre, wären die Beklagten allein haftbar, weil in diesem Fall die Ablehnung des ungünstigen Anbotes der Leopoldine E. seitens des Klägers begrundet gewesen wäre.
Die Ansicht des Berufungsgerichtes, es könne jene Feststellungen, die zuungunsten der in erster Instanz siegreichen Beklagten getroffen wurden, nicht zur Grundlage seiner Entscheidung machen, findet im Gesetz keine Stütze und wird auch nicht in der vom Berufungsgericht zur Begründung seiner Ansicht angeführten Entscheidung SZ. XXVI 262 ausgesprochen. Es kann zur Widerlegung dieser irrigen Ansicht auf die ausführlichen Ausführungen des Rekurswerbers verwiesen werden. Da aber die Aufhebung des Ersturteils wegen der vorhandenen Feststellungsmängel, ferner wegen des Mangels von Feststellungen über die von den Beklagten weiters erhobenen Einwendungen (Vorteilsanrechnung) und insbesondere über die Höhe der Forderungen des Klägers ohnedies unvermeidbar war, ist diese irrige Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes im Endergebnis für die Entscheidung ohne Bedeutung.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)