OGH 2Ob195/55

OGH2Ob195/5530.3.1955

SZ 28/88

Normen

Außerstreitgesetz §115
Außerstreitgesetz §122
Außerstreitgesetz §125
Außerstreitgesetz §115
Außerstreitgesetz §122
Außerstreitgesetz §125

 

Spruch:

Ein Erbprätendent kann nach Annahme der Erbserklärung nicht seine Erbserklärung dadurch umgehen, daß er ein widersprechendes Erbrecht als das bessere anerkennt.

Entscheidung vom 30. März 1955, 2 Ob 195/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Friedberg; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Mit letztwilliger Erklärung vom 18. Februar 1954 verfügte der Erblasser, daß seine Wirtschafterin Elisabeth B. die Hälfte seines Einfamilienwohnhauses in S., einen Baugrund in F., eine Forderung für Bauarbeiten im Betrage von 20.000 S und einen Kraftwagen, seine Tochter Katharina H. jedoch die andere Hälfte des Einfamilienhauses und einen Vorhang bekommen solle.

Elisabeth B. erklärte sich für den Fall, als aus dem Inhalt der letztwilligen Erklärung eine Erbeinsetzung hervorginge, aus dem Titel des Testamentes bedingt als Erbin. Mit Beschluß ON. 23 nahm das Abhandlungsgericht diese Erbserklärung an. Die erblasserische Tochter Katharina H. erklärte sich aus dem Titel des Gesetzes bedingt als Erbin; auch diese Erbserklärung wurde, und zwar mit Beschluß ON. 29, vom Gericht angenommen, und es wurde die Tagsatzung nach § 125 AußStrG. auf den 14. Juli 1954 anberaumt. Bei dieser Tagsatzung erklärte der Vertreter der erblasserischen Tochter, daß deren aus dem Titel des Gesetzes abgegebene Erbserklärung dahin zu verstehen sei, daß damit nur der Pflichtteilsanspruch geltend gemacht werde. Der Vertreter der Elisabeth B. erklärte, daß nach dem Inhalt der letztwilligen Anordnung vom 18. Februar 1954 diese Erklärung nur als ein Kodizill, nicht aber als ein Testament angesehen werden könne, so daß er namens seiner Klientin das gesetzliche Erbrecht der erblasserischen Tochter anerkenne.

Auf Grund des Ergebnisses dieser Tagsatzung wies das Abhandlungsgericht die bereits angenommene Erbserklärung der Elisabeth B. zurück und wies den Antrag der erblasserischen Tochter, ihr die Klägerrolle im Erbrechtsprozeß zuzuweisen, mit der Begründung ab, daß nunmehr nur eine einzige Erbserklärung vorliege.

Auf den Rekurs der erblasserischen Tochter hat das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes dahin geändert, daß es der erblasserischen Tochter die Klägerrolle zuwies und sie anwies, die Klage binnen einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft anzubringen, widrigens die Verlassenschaftsabhandlung ohne Rücksicht auf ihre Erbansprüche vorgenommen werden würde.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Elisabeth B. nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Annahme des Rekursgerichtes, von der auch das Erstgericht bei der Annahme der Erbserklärung der Elisabeth B. geleitet war, daß nämlich in der letztwilligen Erklärung vom 18. Februar 1954 eine Erbseinsetzung der Elisabeth B. gelegen sein könne, trifft zu (vgl. EvBl. 1950 Nr. 3).

Ebenso wie eine Erbserklärung unwiderruflich ist, kann auch nach ständiger Praxis des Obersten Gerichtshofes eine vom Abhandlungsgericht bereits angenommene Erbserklärung nicht wieder zurückgewiesen werden.

Es ist also davon auszugehen, daß widersprechende Erbserklärungen vorliegen, eine Situation, die im Wege der Vorschriften der §§ 125 ff. AußStrG. zu bereinigen ist. Ob durch die letztwillige Erklärung eine Universalnachfolge angeordnet wurde, ist nicht im Rahmen des außerstreitigen Verfahrens, sondern im Prozeßwege zu klären. Es ist daher für den Bereich einer Entscheidung nach § 125 AußStrG. darauf abzustellen, daß die erblasserische Tochter den schwächeren Erbrechtstitel hat.

Da sich ein Erbprätendent nicht einmal durch Erbsentschlagung nach Annahme der Erbserklärung seinen aus dieser Erklärung fließenden Pflichten entziehen kann, kann er auch nach Annahme der Erbserklärung nicht diese Erklärung dadurch umgehen, daß er ein widersprechendes Erbrecht als das bessere anerkennt. Ein solches Anerkenntnis kann nur im Erbrechtsprozeß abgegeben werden.

Nach der Aktenlage dürften beide Erbprätendenten nur deshalb die Klägerrolle anstreben, also sich in die schwächere prozeßrechtliche Position drängen, weil sie nicht klagen, sondern weil sie von der Drohung des § 125 AußStrG. "widrigenfalls" profitieren wollen. Diese vom Gesetz sicherlich nicht als solche gedachte Chance kann sich die Rekurswerberin nicht durch eine im Abhandlungsverfähren abgegebene Erklärung verschaffen (vgl. SZ. XXIII 341).

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