OGH 3Ob16/55

OGH3Ob16/552.2.1955

SZ 28/29

Normen

JN §28
JN §99
MarkSchG §32a
Patentgesetz 1950 §7
JN §28
JN §99
MarkSchG §32a
Patentgesetz 1950 §7

 

Spruch:

Vermögensgerichtsstand bei Ansprüchen nach dem Patent- und Markenschutzgesetz.

Entscheidung vom 2. Februar 1955, 3 Ob 16/55.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin begehrt mit ihrem geänderten Klagebegehren die Feststellung, daß die Beklagte bezüglich der in der Klage aufgezählten österreichischen Marken nicht rechtmäßige Inhaberin des markenberechtigten Unternehmens der Firma K. L. & C. H. in B. sei und die Beklagte schuldig sei, den beim österreichischen Patentamt von ihr gemäß § 6 MarkenÜG. gestellten Antrag auf Eintragung der in der Klage aufgezählten Marken in das Markenregister zurückzuziehen. Die örtliche Zuständigkeit des Handelsgerichtes Wien wird auf § 99 JN. gestützt. Die Beklagte mache den Anspruch auf die in der Klage aufgezählten Marken und auf eine Reihe von international eingetragenen Marken auch als Vermögensrechte in Österreich geltend. Die Beklagte erhob die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit.

Das Erstgericht beschränkte die Verhandlung auf die frage der Zuständigkeit des Handelsgerichtes Wien und gab der Unzuständigkeitseinrede statt. Wenn auch die Marken ein immaterielles Güterrecht verkörpern, so könne doch nicht gesagt werden, daß sie ein im Inland befindliches Vermögen eines ausländischen Markeninhabers im Sinne des § 99 JN. seien. Der Vermögenswert liege in dem durch die Eintragung erworbenen alleinigen Recht des Markeninhabers zu ihrem Gebrauch. Nicht der Marke selbst hafte ein Schutzrecht an. Die Marke klebe gemäß § 9 MSchG. an dem Unternehmen und sei für sich allein kein Gegenstand des Verkehrs. Als Ort, an welchem sich das durch das Markenrecht dargestellte Vermögen befinde, könne nur der Sitz des Unternehmens angesehen werden, für welches die Marke bestimmt sei, und nicht das Gebiet, auf welches sich das alleinige Recht der Benützung der Marke erstrecke. Aus dem gleichen Grund könne auch der Gerichtsstand des Klagsgegenstandes nicht in Anspruch genommen werden. Auch sei die Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtes nicht eine Klage, mit welcher das Recht in Anspruch genommen werde. Der Hinweis auf § 7 Abs. 4 PatG. gehe fehl.

Das Rekursgericht verwarf die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf. Auf Grund des Amtszeugnisses des österreichischen Patentamtes vom 4. November 1954 und der Ausschnitte der Monatsschrift des Internationalen Büros "Les marques internationales" stehe fest, daß für die Beklagte seit 6. Februar 1950 unter der Nr. 145.241 die Marke S., seit 6. Februar 1950 unter der Nr. 148.029 die Marke G. und seit 5. Juni 1951 unter der Nr. 153.972 die Marke K.-P. international registriert sind. Ausländische Marken und international registrierte Marken der Beklagten stellen, soweit sie nicht den Gegenstand des Rechtsstreites bilden, ein Vermögen, und soweit sie den Gegenstand des Rechtsstreites bilden, den mit der Klage in Anspruch genommenen Gegenstand im Sinne des § 99 JN. dar. Auf diese Weise lasse sich für die vorliegende Streitsache der Gerichtsstand des Vermögens und der Gerichtsstand des Klagsgegenstandes vor einem inländischen Gerichte begrunden, und da sich das Markenrecht auf das ganze Land erstrecke, habe die Klägerin die Wahl zwischen allen sachlich zuständigen Gerichten des Landes und damit die Möglichkeit, die Klage auch vor dem sachlich zuständigen Gerichte, in dessen Sprengel sich das österreichische Patentamt befindet, dem Prozeßgericht erster Instanz, zu erheben. Das Fehlen einer dem § 35 Abs. 2 des deutschen Markenschutzgesetzes entsprechenden Bestimmung im österreichischen Markenschutzgesetz wirke sich auf die Erledigung des Zuständigkeitsstreites nicht aus.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Gerichtsstand des Vermögens nach § 99 JN. setzt voraus, daß der Vermögensgegenstand an einem bestimmten Ort im Inland lokalisiert werden kann. Die bloße Tatsache, daß ein Recht als inländisches Recht anzusprechen ist, hat nur die Wirkung, daß die inländische Gerichtsbarkeit gegeben ist, nicht aber die, daß das in Frage stehende Recht an jedem Ort im Inland lokalisiert wäre. Eine dem inländischen Recht unterworfene Forderung kann aus diesem Grund, allein noch nicht, solange der Oberste Gerichtshof nicht von der Bestimmung des § 28 JN. Gebrauch gemacht hat, bei einem inländischen Gericht eingeklagt werden, sondern nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 99 Abs. 2 JN. gegeben sind, und zwar auch dann nicht, wenn die Forderung im Inland zu erfüllen ist.

Daß diese Grundsätze auch für das immaterielle Güterrecht gelten, ergibt sich klar aus § 7 Abs. 4 PatG., der einen subsidiären inländischen Wohnsitz als allgemeinen inländischen Gerichtsstand für den nicht im Inland wohnhaften Patentinhaber normiert, und zwar primär den Wohnsitz des etwa bestellten inländischen Vertreters, in Ermangelung eines solchen den Sitz des Patentamtes. Damit ist für Patente die Möglichkeit geschaffen, den ausländischen Inhaber eines inländischen Patentes klagen zu können, ohne vorerst einen Antrag nach § 28 JN. stellen zu müssen. Die entgegenstehende, in den ersten Jahren nach Erlassung des Patentgesetzes von einigen Unterinstanzen vertretene Auffassung, Patente seien am Sitze des Patentamtes im Sinne des § 99 JN. lokalisiert, wird daher vom Obersten Gerichtshof als rechtsirrig abgelehnt.

Für das Gebiet des Markenrechtes enthält § 32a MSchG. keine dem § 7 PatG. entsprechende Bestimmung. Der Markeninhaber hat daher, auch wenn er eine inländische Marke oder eine internationale, im Inland wirksame Marke besitzt, im Inland keinen Wohnsitz; da sein Markenrecht auch an keinem bestimmten, inländischen Ort lokalisiert ist, kann er auch nicht auf Grund des § 99 JN. klagen. Er bleibt infolgedessen auf den im § 28 JN. vorgesehenen Weg beschränkt. Da die anwaltlich vertretene Partei bisher diesen Weg nicht beschritten hat, war der Unzuständigkeitseinrede Folge zu geben und die Klage zurückzuweisen.

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