OGH 3Ob821/54

OGH3Ob821/5426.1.1955

SZ 28/20

Normen

Kärntner Höfegesetz §1
Kärntner Höfegesetz §2
Kärntner Höfegesetz §7
Kärntner Höfegesetz §1
Kärntner Höfegesetz §2
Kärntner Höfegesetz §7

 

Spruch:

Im Falle des Todes des bestimmten Anerben ist nach dem Kärntner Höfegesetz ein anderer Anerbe, wofern sich einer der Miterben zur Übernahme bereit erklärt, zu bestimmen. "Behaust" ist eine Besitzung, wenn ein Wohnhaus, ein Wirtschaftsgebäude und ein Stadel vorhanden sind, auch wenn das Wirtschaftsgebäude verfallen ist und die Liegenschaften bloß als Halthuben benützt werden.

Entscheidung vom 26. Jänner 1955, 3 Ob 821/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Althofen; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Der am 18. Juli 1928 verstorbene Franz E. war Besitzer der Prigl- und der Ehgartnerhube in V. Der Besitz war seit 1910 verpachtet und wurde bloß als Weide benützt. Bei der Priglhube war schon zur Zeit des Todes des Franz E. das Wohnhaus und das Wirtschaftsgebäude verfallen, bei der Ehgartnerhube war das Wohnhaus noch vorhanden, aber in einem minderen Zustande, das Wirtschaftsgebäude verfallen. Franz E. hinterließ eine Gattin und sechs minderjährige Kinder. Die Liegenschaften wurden nach Kärntner Höferecht behandelt und von der Ehegattin Theresia E. als Anerbin übernommen, die Kinder auf ein Aufgriffsrecht beschränkt. Theresia E. starb am 1. Juni 1933 ohne letztwillige Anordnung. Am Zustande der Liegenschaften hatte sich nichts geändert. Die Erben einigten sich dahin, daß die Erbteilung auf später verschoben werden sollte; es erfolgte die Einantwortung an die erblasserischen Kinder zu je einem Sechstel mit dem Vorbehalt, daß der Anerbe Franz E., der damals noch minderjährig war, jederzeit sein Anerbenrecht geltend machen könne. Der Besitz blieb auch weiterhin bis zum Jahre 1950 verpachtet. Der Anerbe Franz E. wurde 1954 für tot erklärt. Der 31. März 1945 wurde als der Tag bestimmt, den er nicht überlebt habe. In der Verlassenschaftsabhandlung stellte einer der Brüder, und zwar Johann E., den Antrag, nunmehr ihn an Stelle des für tot erklärten Bruders als Anerben zu bestimmen. Die übrigen Geschwister sprachen sich dagegen aus.

Das Erstgericht wies den Antrag ab und antwortete den Liegenschaftsanteil des Franz E. gleichteilig an die Geschwister ein. Nach Ansicht des Erstgerichtes ist im Gesetze nicht vorgesehen, daß ein anderer Erbe berechtigt wäre, als Anerbe aufzutreten, wenn der bereits bestimmte Anerbe von seinem Anerbenrecht keinen Gebrauch macht. Franz E. hätte schon anläßlich des Eintrittes seiner Großjährigkeit von seinem Recht Gebrauch machen müssen. Er hat dies nicht getan, vielmehr wurde der bisherige rechtliche Zustand durch mehr als 20 Jahre aufrechterhalten. Auch der Antragsteller Johann E. selbst habe sich noch 1947 mit dem gleichteiligen Miteigentum der Geschwister einverstanden erklärt. Infolge des fortschreitenden Verfalles des Wohnhauses, des Mangels an Inventar, lägen auch die Voraussetzungen für die Anwendung des Gesetzes über das Kärntnerische Höferecht nicht mehr vor.

Über Rekurs des Antragstellers Johann E. änderte das Rekursgericht den Beschluß dahin ab, daß dem Abhandlungsgericht aufgetragen wurde, im Abhandlungsverfahren nach Theresia E. den Anerben zu bestimmen und die Erbteilung vorzunehmen. Das Rekursgericht geht zunächst davon aus, daß der seinerzeitige Beschluß, wonach die Besitzung als Hof im Sinne des Höfegesetzes anzusehen ist und im Abhandlungsverfahren die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung zu finden haben, von den Erben zur Kenntnis genommen wurde, unangefochten geblieben ist und diese Anordnung daher für die weitere Behandlung des Nachlaßvermögens in der Erbfolge bindend ist. Der Tod des bereits bestimmten Anerben ändere an der rechtlichen Eigenschaft, daß die Erbteilung nach dem Höferecht vorzunehmen ist, nichts. Das Abhandlungsgericht habe daher den neuen Anerben nach den Vorschriften des Höfegesetzes zu bestimmen und die Erbteilung vorzunehmen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs sämtlicher Miterben des Johann E. Darin wird zunächst ausgeführt, daß es sich bei den über 40 Jahre nicht mehr besiedelten Halthuben nicht um einen Hof im Sinne des Höfegesetzes handle. Das Erstgericht habe auch im Sinne des § 3 Abs. 4 des Höfegesetzes festgestellt, daß dies nicht der Fall sei, nachdem es Sachverständige und den Bürgermeister darüber gehört hatte. Richtigerweise hätte schon im Abhandlungsverfahren nach Theresia E. diese Feststellung getroffen werden müssen. Daß sich damals die Erben nicht dagegen aussprachen, sei darauf zurückzuführen, daß sämtliche noch minderjährig waren. Das Gericht sei aber heute auch nicht an die damalige Feststellung gebunden, weil das Abhandlungsverfahren damals noch nicht zu Ende geführt worden sei, sondern seine Fortsetzung durch die aufgeschobene Erbteilung nunmehr erst finden solle. Es seien daher auch die inzwischen geänderten Verhältnisse zu berücksichtigen, so daß der heutigen Feststellung, daß ein Hof im Sinne des Höferechtes nicht vorliege, durchaus Beachtung zukomme, da sonst die übrigen Geschwister gänzlich zu Unrecht abgefunden werden würden, während der Übernehmer, der gar nicht daran denke, seinen Beruf aufzugeben und die Liegenschaft wieder zu besiedeln, nur das wertvolle Holz herausschlägern und die Liegenschaft zu seinem eigen Vorteil verkaufen wolle. Es könne von einer nach landesüblichen bäuerlichen Methoden behausten Liegenschaft, die nach dem Sinn des Höferechtes nicht zerstückelt werden soll, nicht gesprochen werden. Der Antragsteller sei auch persönlich als Anerbe nicht befähigt.

Der Revisionsrekurs blieb ohne Erfolg.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es kann dahingestellt bleiben, wie weit die seinerzeit ausgesprochene Ansicht des Abhandlungsgerichtes, daß den Liegenschaften die Eigenart als Erbhof zukomme, bindend ist, insbesondere wenn Veränderungen hinsichtlich des Zustandes der Liegenschaft eingetreten sind. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung SZ. XV 19 in einem ähnlich gelagerten Fall seine Meinung zum Ausdruck gebracht, daß nicht der jeweilige Betrieb für die Anerkennung der Erbhofqualität maßgebend ist, sondern vielmehr nur zu prüfen ist, ob die im Gesetz bestimmten Voraussetzungen für die Annahme, daß ein Hof im Sinne des Gesetzes vorliegt, gegeben sind. Daß dies bezüglich der Größe der Liegenschaften der Fall ist, ist unbestritten. Streit könnte daher nur darüber bestehen, ob die Besitzung als "behaust" angesehen werden kann. Dazu gehört nicht nur ein Wohnhaus, sondern auch ein Wirtschaftsgebäude und ein Stadel, wie sie bei landesüblicher Betriebsweise erforderlich sind. Solche Gebäude sind auf der Ehgartnerhube vorhanden, wenn auch das Wirtschaftsgebäude schon gänzlich verfallen ist. Das Vorhandensein dieser Gebäude weist aber darauf hin, daß seinerzeit ein selbständiger Wirtschaftskörper vorhanden war und der derzeitige Zustand nur darauf zurückzuführen ist, daß die Liegenschaften bloß als Halthuben, als sommerliche Viehweide, benützt wurden. Daß sie an sich zur menschlichen Siedlung geeignet sind, beweist schon der Umstand, daß sie bis vor wenigen Jahren von einem Mann und dessen Frau bewohnt worden sind.

Damit verbleibt nur noch die zweite Frage zu lösen, ob durch den Tod des bestimmten Anerben die aus dem Höferecht erfließende Eigentumsbeschränkung der übrigen Miterben behoben worden ist oder ob die Erbteilung nach dem Höferecht durch Bestimmung eines, anderen Anerben fortzusetzen ist. Das Gesetz enthält darüber keine ausdrückliche Vorschrift. Der Sinn und Zweck des Gesetzes erfordert aber, daß seine Bestimmungen so ausgelegt werden, daß der Zerstückelung des bäuerlichen Bodens möglichst vorgebeugt wird. Wenn die Möglichkeit vorgesehen ist, die Erbteilung unter Geschwistern aufzuschieben und es dem Anerben zu überlassen, sein Recht geltend zu machen, dann muß auch die Möglichkeit zugelassen werden, im Falle des Todes oder des endgültigen Verzichtes des Anerben die Erbteilung nach dem Höfegesetz durch Bestimmung eines anderen Anerben zu ermöglichen. Erst wenn kein Erbe sich zur Übernahme bereit erklären würde, wären die Möglichkeiten, die nach dem Höferecht vorgesehen sind, erschöpft (SZ. VI 157). Ansonsten aber ergibt sich die Notwendigkeit der Anwendung des Gesetzes schon aus seinem obligatorischen Charakter (§ 5 Abs. 1 der JMV. vom 14. Jänner 1904, JMVBl. Nr. 2, ferner SZ. V 247).

Die Ausführungen des Revisionsrekurses über die Nichteignung des Antragstellers als Anerbe sind insofern verfrüht, als dem Abhandlungsgericht nur die Bestimmung des Anerben aufgetragen wurde, nicht aber der Antragsteller als Anerbe bestimmt wurde. Es wird daher erst im weiteren Verfahren darüber abgesprochen werden können, ob der Antragsteller etwa nach den Bestimmungen des § 7 Abs. 1 Punkt 4 lit. d des Kärntner Höfegesetzes als von der Übernahme des Hofes ausgeschlossen angesehen werden muß, in welchem Falle es immer noch im Sinne des zweiten Absatzes dieser Gesetzesstelle zu einer Veräußerung der Liegenschaft und einer gleichmäßigen Verteilung des Erlöses kommen könnte.

Dem Revisionsrekurs mußte daher der Erfolg versagt werden.

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