Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 663,08 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger gründet sein Amtshaftungsbegehren in der Höhe von 13.000 S
- soweit das Vorbringen im Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist
- darauf, dass der Beamte der Zulassungsstelle für Kraftfahrzeuge der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt Leopold W***** die von Friedrich J***** im Antrag auf Zulassung eines gestohlenen Kraftfahrzeuges angegebenen Fahrgestell- und Motornummern, die in leicht kenntlicher Weise verändert worden waren, nicht nachgeprüft habe; der vom Kläger im Vertrauen auf den rechtmäßigen Besitz des J***** um 13.000 S von diesem gekaufte Wagen sei dann beschlagnahmt und an den Eigentümer herausgegeben worden.
Das Erstgericht wies gemäß dem Antrag der beklagten Partei das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Am 18. Juli 1949 suchte Friedrich J***** bei der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt um die Zulassung des gegenständlichen Kraftfahrzeuges PKW-BMW 320 an und wies hiebei eine in englischer Sprache abgefasste - wie sich später herausstellte gefälschte - Verkaufsbestätigung mit ovalem Stempel vor. Dieses Ansuchen bearbeitete Leopold W*****, der den Friedrich J***** damals noch nicht gekannt hatte. W***** wandte sich an den Dolmetscher seiner Dienststelle, da er nicht englisch sprechen kann, und fragte ihn um den Inhalt der vorgewiesenen Bestätigung. Nach der erhaltenen Auskunft trat eine englische Einheit als Verkäuferin auf. Damals wurden von englischen und auch russischen Dienststellen häufig solche Verkaufsbestätigungen vorgelegt. Gleichzeitig legte Friedrich J***** seine Steuerkarte vor. Das in dem Ansuchen als früherer Eigentümer bezeichnete Kommando „Das Kommando des 37 Base Supply Depot R.S.A.C."
war in der Verkaufsbestätigung enthalten. Eine Überprüfung des zuzulassenden Personenkraftwagens BMW 320 hat nicht stattgefunden. In der damaligen Zeit waren tausende von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Richtigkeit der Nummern und technischen Einrichtungen noch nicht überprüft. Auf Grund dieses Ansuchens wurde dem Friedrich J***** der Zulassungsschein ausgestellt. Der Zeuge W***** hatte damals keinen Auftrag, die im Ansuchen enthaltenen Angaben und Nummern zu überprüfen. Die vorgelegten Beilagen wurden dem Friedrich J***** nach Einsichtnahme zurückgestellt. W***** hatte keine Bedenken gegen die Echtheit der vorgewiesenen Verkaufsbestätigung. Es haben sich bis zur Verhaftung des Friedrich J***** im Dezember 1949 keine Anstände wegen gefälschter Verkaufspapiere ergeben. Die Zulassungskarte wurde am 18. oder 19. August dem Friedrich J***** ausgefolgt.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass nach § 32 des Kraftfahrgesetzes (richtig Kraftfahrverordnung 1947) keine Verpflichtung des Beamten W***** bestanden habe, sich von der Richtigkeit der Nummernangabe der technischen Teile des Kraftfahrzeuges persönlich zu überzeugen oder den Kraftwagen technisch zu überprüfen. Infolgedessen könne in der Art der Erledigung des Ansuchens des Friedrich J***** um Zulassung des Personenkraftwagens bei der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt im Juli 1949 und der Ausstellung des Zulassungsscheines keine Rechtswidrigkeit erblickt werden.
Die Berufung des Klägers blieb erfolglos.
Der Kläger bekämpft nunmehr das Urteil des Berufungsgerichtes aus dem Grunde des § 503 Z 4 ZPO mit Revision, in der er beantragt, das Urteil des Berufungsgerichtes dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren Folge gegeben werde, in eventu es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die zweite oder erste Instanz zurückzuverweisen.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Die Revision ist nicht begründet.
Rechtliche Beurteilung
Der Verkehr mit einem Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen und sonstigen Verkehrsflächen ist nur gestattet, wenn a) die Type des Kraftfahrzeuges oder das Einzelfahrzeug nach Vornahme einer Prüfung als den gesetzlichen Anforderungen entsprechend genehmigt und b) das einzelne Kraftfahrzeug durch die zuständige Behörde zum Verkehr zugelassen wurde. Dem schriftlich einzubringenden Ansuchen um Zulassung zum Verkehr ist beizufügen a) der Nachweis der Nämlichkeit des Besitzers und des rechtmäßigen Besitzes des Fahrzeuges, b) der Typenschein oder der Bescheid über die Einzelgenehmigung des Fahrzeuges, c) die Angabe über den Verwendungszweck, d) die Bestätigung über den aufrechten Bestand einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, e) bei einem Kraftfahrzeug ausländischer Herkunft der Ausweis über die ordnungsgemäße Zollabfertigung (§ 32 Abs 2 Kraftfahrverordnung 1947). Der Zweck des Verwaltungsverfahrens wegen Zulassung eines Kraftfahrzeuges zum Verkehr besteht - wie die eben wiedergegebene rechtliche Regelung erkennen lässt - darin, im Interesse der Verkehrssicherheit nur ein für den vom Anmelder beabsichtigten Zweck technisch geeignetes Kraftfahrzeug zuzulassen (§ 32 Abs 2 lit b, c KfVO) und das Publikum dahin zu sichern, dass eine Kraftfahrzeug-Haftplichtversicherung besteht (§ 32 Abs 2 lit d KFG). Dabei wird auch bei ausländischen Fahrzeugen ein staatsfinanzielles Interesse wahrgenommen, nämlich geprüft, ob die Zollabfertigung stattgefunden hat (§ 32 Abs 2 lit e KfVO). Da es sich um ein behördliches Verfahren handelt, muss auch die Identität des Antragstellers (Besitzers des Kraftfahrzeuges) und der rechtmäßige Besitz des Antragstellers an dem Kraftfahrzeuge nachgewiesen werden (§ 32 Abs 2 lit a KfVO). Schon aus diesem Zusammenhang erhellt aber, dass der Nachweis des rechtmäßigen Besitzes in dem Verfahren wegen Zulassung eines Kraftfahrzeuges zwar durch allgemeine Ordnungsinteressen erforderlich gemacht, aber doch von sekundärer Bedeutung ist, weil der erstrebte Verfahrenszweck - technische und wirtschaftliche Verkehrssicherheit - offenbar mit der Frage des rechtmäßigen Fahrzeugbesitzes nicht zusammenhängt. Kein Anhaltspunkt ist dafür gegeben, dass der Verfahrenszweck oder auch nur ein Nebenzweck des Verfahrens darin bestünde, die Eigentums- und Besitzverhältnisse an Kraftfahrzeugen anlässlich ihrer Verkehrszulassung mit öffentlichem Glauben ins Klare zu setzen und den Geschäftsverkehr gegen die Gefahren eines allfälligen Erwerbes von nicht Berechtigten zu sichern.
Bei solcher Betrachtung ergibt sich, dass der Nachweis des rechtmäßigen Besitzes im Verfahren wegen der Fahrzeugzulassung und die Annahme der Zulassungsbehörde, dass ein solcher bestehe, außer Zusammenhang mit dem rechtsgeschäftlichen Verkehr mit Kraftfahrzeugen steht. Der Zweck des § 32 Abs 2 lit a KFG liegt außerhalb des rechtsgeschäftlichen Bereiches. Wenn daher in dem Verfahren wegen Zulassung eines Kraftfahrzeuges die Rechtmäßigkeit des Besitzes nicht oder nicht ausreichend geprüft worden ist, so ist damit keine Norm verletzt, die dem rechtsgeschäftlichen Bereich angehört oder auch nur Grundlagen für den rechtsgeschäftlichen Verkehr liefern oder sicherstellen soll. Daraus folgt aber, dass das Unterlassen der Prüfung der behaupteten Rechtmäßigkeit des Besitzes des Zulassungswerbers gegenüber dem Kläger, der das Fahrzeug von dem von der Zulassungsbehörde als rechtmäßigen Besitzer hingenommenen Anmelder erworben hat, keine durch die Zulassungsbehörde gegenüber dem Kläger begangene Rechtswidrigkeit darstellen kann. Diese Prüfung hatte nach dem Gesetz nicht den Zweck, dem Kraftfahrzeugerwerber eine Grundlage für seinen Erwerb zu liefern. Über die Eigentumsverhältnisse an dem zu erwerbenden Fahrzeuge musste er sich vielmehr auf eigene Gefahr ins Klare kommen.
In der gleichen Richtung liegt es, wenn der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom 12. 5. 1954, 1 Ob 295/54, ausgeführt hat, das der Zulassung vorausgehende Genehmigungsverfahren nach den §§ 25-31 KfVO solle verhindern, dass nicht einwandfreie Kraftfahrzeuge die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer gefährden. Das in diesem Verfahren angenommene Baujahr des Kraftfahrzeuges sei nicht dazu bestimmt, dritten Personen die Überzeugung zu verschaffen, dass das angegebene Baujahr unbedingt richtig sein müsse, und sie aus dieser Bezeichnung Schlussfolgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art ableiten zu lassen, die mit der Verkehrssicherheit nichts zu tun haben. Ein Rechtswidrigkeitszusammenhang im Verhältnis zum Kläger, der im Hinblick auf das von der Genehmigungsbehörde angenommene Baujahr des deutschen Kraftfahrzeuges mit 1939 Zollschulden für ausgeschlossen gehalten habe, während das richtige Baujahr 1949 gewesen und der Kraftwagen nicht zollabgefertigt gewesen sei, sei daher abzulehnen. Analoges muss für den Nachweis des rechtmäßigen Besitzes im Zulassungsverfahren gelten. Auch dann, wenn bei der Zulassung des Kraftfahrzeuges die Rechtmäßigkeit des Besitzes des Antragstellers nicht oder nicht gehörig geprüft wurde, fehlt es an einer Rechtswidrigkeit im Verhältnis zum Erwerber, der auf die von der Zulassungsbehörde angenommene Rechtmäßigkeit des Besitzes vertraute, so dass schon aus dieser Erwägung der erhobene Amtshaftungsanspruch unbegründet ist.
Der Revision war daher nicht Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)