OGH 1Ob650/54

OGH1Ob650/5430.9.1954

SZ 27/245

Normen

ABGB §879
ABGB §1090
ABGB §1098
Mietengesetz §18
ABGB §879
ABGB §1090
ABGB §1098
Mietengesetz §18

 

Spruch:

Dem Bestandnehmer kann die nach dem § 18 MietG. zulässige Neugestaltung eines Geschäftsportales nicht mit der Begründung verweigert werden, er habe das mit dem Bestandgeber vereinbarte Konkurrenzverbot verletzt.

Entscheidung vom 30. September 1954, 1 Ob 650/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Klagenfurt; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Die Klägerin, die im Hause der Beklagten in K., O.-Platz 1, ein Geschäftslokal in Miete hat, verlangt von den Beklagten gemäß § 18 MietG. die Zustimmung, daß nach den Plänen des Dipl.-Arch. Walter M. vom Juli 1953, Beilage O, allenfalls Beilage P, ihre Firmentafel und ihr Portal geändert und die Firmenaufschrift in Leuchtschrift ausgeführt werden.

Das Erstgericht gab der Klage insofern statt, als die Änderungen nach dem Plan des Dipl.-Arch. Walter M., Beilage P, zugelassen wurden. Am 5. Oktober 1949 sei zwischen den Parteien vereinbart worden, daß die Klägerin das Innere ihres Geschäftslokales neu gestalten dürfe, dagegen sich verpflichtet habe, ihre Verkaufsartikel als Modewarengeschäft im bisherigen Rahmen zu belassen und nicht auf Konfektion zu erweitern. Im Jahre 1953 habe die Klägerin die Beklagten ersucht, ihre Zustimmung zur Vornahme der Ausgestaltungsarbeiten am Portal gemäß den Plänen des früher genannten Architekten zu erteilen. Wenngleich nach der Bauordnung für K. eine baubehördliche Genehmigung der Änderungen nicht erforderlich sei hätten die Beklagten ihre Zustimmung verweigert. Es handle sich um die heute in K. allgemein übliche Art der Modernisierung der Außenansicht von Geschäften. Die Beklagten seien nicht berechtigt, ihre Zustimmung von der Einhaltung des im Jahre 1949 vereinbarten Konkurrenzverbotes durch die Klägerin abhängig machen, da die damalige Abmachung sich auf die Außenausgestaltung des Geschäftes nicht bezogen habe und die Klägerin nach § 18 Abs. 1 MietG. zu den geplanten Änderungen berechtigt sei. Die Interessen der Beklagten würden durch diese nicht beeinträchtigt werden.

Infolge Berufung der Beklagten bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

... In rechtlicher Beziehung kann den Beklagten zugegeben werden, daß die Vereinbarung des Konkurrenzverbotes vom Jahre 1949 eine Nebenabmachung zum Bestandvertrag der Streitteile darstellte. Allein auch bei dieser Annahme waren die Beklagten nicht berechtigt, ihrerseits den Bestandvertrag zu verletzen, wenn die Klägerin das bedungene Konkurrenzverbot widerrechtlich nicht eingehalten haben sollte. Bei zweiseitig verbindlichen, entgeltlichen Dauerschuldverhältnissen kann ein Vertragspartner die Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen normalerweise nicht davon abhängig machen, daß auch der andere Teil vertragstreu sei. Er muß vielmehr seinen Pflichten nachkommen, u. zw. auch dann, wenn er dem Vertragsgenossen dadurch von dessen Verpflichtungen erleichtern sollte. Die Beklagten waren nicht berechtigt, ihre Zustimmung zu den Portalarbeiten von der Einhaltung der Konkurrenzklausel, d. h. davon abhängig zu machen, daß die Klägerin nicht weiter Konfektionsware verkaufe. Denn der Hauseigentümer ist nach § 18 Abs. 1 MietG. grundsätzlich gehalten, Änderungen am Mietgegenstand, die den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen, dem Mieter bedingungslos zu gestatten. Die Untergerichte sind mit Recht zur Überzeugung gekommen, daß das in Aussicht genommene Portal keineswegs das normale Ausmaß der zum Wettbewerb notwendigen und in Klagenfurt sowie in anderen Städten üblichen Geschäftsausgestaltungen übersteigt und daß die Interessen der Beklagten dadurch nicht beeinträchtigt werden. Dabei kann nur von dem Zustand ausgegangen werden, wie er sich bei Zuhaltung des Vertrages durch die Klägerin darstellt. Wenn diese das bedungene Konkurrenzverbot einhält, kann sich die beklagte Partei, von der ein andersgeartetes Textilwarengeschäft in der Nähe betrieben wird, nicht beeinträchtigt fühlen.

Falls es aber zutrifft daß die Beklagten ihre Verpflichtungen aus dem Mietvertrag mißachtet haben, wird es den Beklagten freistehen, die Lösung des Mietvertrages auszusprechen. Sie können aber die Vertragsverletzung der anderen Seite nicht mit einer solchen Verletzung ihrerseits beantworten.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte