Spruch:
Gleichberechtigung aller Erben eines Unternehmens rücksichtlich der Geschäftsführung. Keine Majorisierung hinsichtlich der Ausübung von Gesellschaftsrechten.
Entscheidung vom 29. September 1954, 3 Ob 554/54.
I. Instanz: Bezirksgericht Klagenfurt; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.
Text
Auf Grund der Einantwortungsurkunde vom 30. August 1953, 1 A 632/52- 10, des Bezirksgerichtes Klagenfurt, wurde der Nachlaß des Anton Sch. sen. der erblasserischen Witwe Johanna Sch. zu ein Viertel, und dem erblasserischen Sohn Anton Sch. zu drei Viertel eingeantwortet. Anton Sch. sen. war Inhaber eines gewerblichen Unternehmens und zwar einer Photohandlung und eines Photoateliers. Er hat das Photogewerbe auf Grund eigener Gewerbeberechtigung ausgeübt. Die Antragsgegnerin hat von ihrem Recht zur Fortführung des Gewerbes des Verstorbenen im Sinne des § 56 Abs. 4 Gew.O. Gebrauch gemacht und ist im Unternehmen auf Grund dieser Gewerbeberechtigung tätig. Zum Unternehmen gehören auch die Bestandrechte über die Geschäftsräume in Klagenfurt, B.- Straße 22 zu ebener Erde und im Dachgeschoß.
Der Antragsteller ist ebenfalls Inhaber eines Gewerbes der Photographen. Er hat mit Schreiben vom 29. März 1954 der Antragsgegnerin mitgeteilt, daß er in Ausübung seiner "Verwaltungsrechte" in der Erbengemeinschaft vom 1. April 1954 an in den oben bezeichneten Räumen das Photographengewerbe und den Handel mit photografischen Artikeln auf Grund der ihm zustehenden eigenen Gewerbeberechtigung ohne Mitarbeit der Antragsgegnerin ausüben werden, daß er dem Unternehmen seine gesamte Arbeitskraft ausschließlich zur Verfügung stellen werde und der Antragsgegnerin monatlich ein Viertel der Nettoeinnahmen, mindestens aber garantierte 500 S, jeweils monatlich im vorhinein bezahlen werde, sobald der Antragsteller in den Besitz der bezeichneten Geschäftsräume komme. Der Antragsteller beantragt, diese Verwaltungsmaßnahme als wichtige Änderung zuzulassen und zu genehmigen und der Antragsgegnerin aufzutragen, dem Antragsteller die Geschäftsräume samt Inventar sofort zu übergeben.
Das Erstgericht hat diesen Antrag im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß diese Maßnahme als wichtige Änderung in der Eigentumsgemeinschaft hinsichtlich des Unternehmens angesehen werde, diese Maßnahme aber der Antragsgegnerin nachteilig sei, weil sie gehindert sei, ihre Rechte im Sinne der §§ 825 ff. und 1175 ff. ABGB. wahrzunehmen.
Das Rekursgericht hat diesen Beschluß bestätigt. Der Antragsgegnerin stunden in der Erbengemeinschaft (richtig Gesellschaft der Miterben) Miteigentumsrechte an einem gewerblichen Unternehmen zu. Im Sinne der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 17. Feber 1954, 3 Ob 70/54-12 sei die Rechtsstellung in dieser Gesellschaft nach den Bestimmungen der §§ 825 ff. und 1175 ff. ABGB. zu beurteilen. Bei den vom Antragsteller angestrebten Maßnahmen handle es sich nicht um eine wichtige Veränderung in der Ausübung von Angelegenheiten der Verwaltung (Geschäftsführung), sondern um Änderungen in den Gemeinschaftsrechten, die auch der Minderheit nicht genommen werden können. Nach Inhalt des gestellten Antrages soll die Antragsgegnerin von allen Gemeinschaftsrechten (Mitwirkung, Kontrolle des Geschäftsganges, Einflußnahme auf den Gang des Geschäftes, Ausübung des Rechtes nach § 56 GewO.) ausgeschlossen werden. Diese Rechte, die einem Enteignungsrecht gleichkommen, stehen aber auch der Kapitalsmehrheit in der Gemeinschaft nicht zu. Nur in der Verwaltung der gemeinschaftlichen Berechtigungen (Geschäftsführung) sei der Antragsteller als Inhaber der Kapitalsmehrheit führend; nur in diesem Bereiche sei die Antragsgegnerin als Inhaberin der Kapitalsminderheit an die Beschlüsse des Antragstellers gebunden.
Der Revisionsrekurs des Antragstellers blieb ohne Erfolg.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung des Obersten Gerichtshofes:
Es trifft aber auch der Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzeswidrigkeit nicht zu. Das gilt zunächst hinsichtlich der Frage, ob die vom Antragsteller angestrebten Maßnahmen eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung (Geschäftsführung) betreffen oder ob sie einen Eingriff in die Gesellschaftsrechte darstellen, da das Gesetz eine Abgrenzung der Begriffe "ordentliche Verwaltung" (§ 833 ABGB.) und "wichtige Veränderungen" (§ 834 ABGB.) nicht vornimmt.
Davon abgesehen ist der Rechtsansicht der Untergerichte beizupflichten, daß die vom Antragsteller zufolge seines Schreibens vom 29. März 1954 getroffenen Maßnahmen eine Änderung der Gesellschaftsrechte zum Gegenstande haben. Da die Parteien bisher Vereinbarungen über den Betrieb des ihnen im Erbweg zugefallenen Unternehmens nicht getroffen haben, steht jeder von ihnen das gleiche gesetzliche Recht auf selbständige Führung der Geschäfte zu (§§ 1185, 1188 ABGB.). Hinsichtlich Ausübung von Gesellschaftsrechten dieser Art ist aber in gleicher Weise wie in Fragen der Ausübung von Miteigentumsrechten eine Majorisierung ausgeschlossen (SZ. XXIII/366, 2 Ob 536/52, 2 Ob 683/52 u. a. m.).
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