OGH 2Ob604/54

OGH2Ob604/5422.9.1954

SZ 27/234

Normen

ABGB §161
AußStrG §11
ABGB §161
AußStrG §11

 

Spruch:

Die Feststellung der durch die Heirat der Eltern eingetretenen Legitimierung läßt sich über Rekurs einer Landesregierung ohne Nachteil Dritter nicht mehr abändern (§ 11 Abs. 2 AußstrG.).

Entscheidung vom 22. September 1954, 2 Ob 604/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Waidhofen a. d. Ybbs; II. Instanz:

Kreisgericht St. Pölten.

Text

Das Erstgericht hat mit dem Beschluß vom 2. März 1954 festgestellt, daß die minderjährigen Kinder Karl Albert H., geboren 10. Oktober 1946, und Erika H., geboren 22. Jänner 1948, gemäß Artikel 331 des französischen Zivilgesetzbuches in Verbindung mit Artikel 334 dieses Gesetzbuches durch die Heirat ihrer Eltern am 17. Feber 1951 die Rechtsstellung ehelicher Kinder erlangt haben, die Beischreibung am Rande des Geburtseintrags angeordnet und die zuständigen Standesämter ersucht, die angeordnete Beischreibung zu vollziehen. Der Beschluß ist dem Amte der niederösterreichischen Landesregierung laut Zustellnachweis am 16. März 1954 zugestellt worden. Erst am 14. April 1954 langte beim Erstgerichte laut Eingangsvermerkes ein vom 12. April 1954 datierter Rekurs des Amtes der niederösterreichischen Landesregierung ein, in dem der Antrag gestellt wurde, den Beschluß des Erstgerichtes aufzuheben und diesem aufzutragen, eine Stellungnahme der Heimatbehörde des Kindesvaters, der französischer Staatsbürger ist, darüber einzuholen, ob seine beiden außerehelichen Kinder nach französischem Recht die Rechtsstellung ehelicher Kinder und die französische Staatsbürgerschaft erlangt haben, und sodann auf Grund jener Stellungnahme über den Feststellungsantrag neuerlich zu entscheiden. Für den Fall, daß der Rekurs wegen der bereits abgelaufenen Rechtsmittelfrist zurückgewiesen werden sollte, stellte die Rekurswerberin den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf der Rechtsmittelfrist.

Das Rekursgericht hat dem Rekurs Folge gegeben und den erstgerichtlichen Beschluß aufgehoben, ohne auf die Frage der Verspätung des Rekurses einzugehen.

Im Revisionsrekurs gegen den Beschluß des Rekursgerichtes macht der Kindesvater unter anderem geltend, daß der Rekurs des Amtes der niederösterreichischen Landesregierung verspätet angebracht worden sei. Das Rekursgericht hätte auf diesen Rekurs nicht eingehen dürfen, sondern ihn wegen Überreichung nach Ablauf der Rechtsmittelfrist zurückweisen müssen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Kindesvaters Folge, hob den Beschluß des Kreisgerichtes St. Pölten als nichtig auf und wies den Rekurs des Amtes der niederösterreichischen Landesregierung gegen den Beschluß des Erstgerichtes zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Den Ausführungen des Beschwerdeführers ist zuzustimmen. Nach § 11 Abs. 2 AußstrG. bleibt es dem Ermessen des Gerichtes überlassen, auch nach verstrichener Frist auf Vorstellungen und Beschwerden in denjenigen Fällen Rücksicht zu nehmen, wo sich die Verfügung noch ohne Nachteil eines Dritten abändern läßt. Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, muß der Rekurs als verspätet zurückgewiesen werden. Selbst im Falle der Nichtigkeit kann ein verspäteter Rekurs nur berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 AußstrG. vorliegen (GlUNF. 7226; GlUNF. 5299). Ein verspätetes Rechtsmittel ist selbst dann unzulässig, wenn die Abänderung auch nur mit Verschlechterung der Prozeßlage für den Dritten (Änderung der Parteirolle) verbunden ist (Entscheidung vom 18. April 1916, ZBl. 1916 Nr. 294). Durch die Legitimation haben die außerehelich geborenen Kinder die Rechtsstellung ehelicher Kinder und damit sowohl nach inländischem wie auch nach dem für den Vater geltenden Heimatrecht eine wesentliche Besserstellung erfahren, ganz abgesehen davon, daß die Legitimation im allgemeinen als im Interesse des Kindes, ja aus Rücksichten der öffentlichen Ordnung wünschenswert angesehen werden muß (vgl. 2 Ob 513/54; SZ. XXVI/172). Unter einem Dritten im Sinne des § 11 Abs. 2 AußstrG. ist jede an einem Verfahren beteiligte, vom Rechtsmittelwerber verschiedene Person zu verstehen (3 Ob 326/51, 2 Ob 805/52).

Da sich im vorliegenden Falle die Verfügung des Erstgerichtes ohne Nachteil Dritter nicht abändern ließ, war der verspätet überreichte Rekurs der niederösterreichischen Landesregierung nicht meritorisch zu erledigen.

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