OGH 3Ob278/54

OGH3Ob278/5414.7.1954

SZ 27/204

Normen

ABGB §879
ABGB §1295 Abs2
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
ZPO §526
ABGB §879
ABGB §1295 Abs2
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
ZPO §526

 

Spruch:

Sklavischer Nachbau ist an sich nicht sittenwidrig. Er wird es nur, wenn besondere Umstände den Nachbau als sittenwidrig erscheinen lassen.

Dem Rekursgericht steht das Recht zu, bei Überprüfung einer einstweiligen Verfügung in unlauteren Wettbewerbssachen die Verwechslungsfähigkeit vorgelegter Augenscheinsgegenstände selbständig zu beurteilen.

Sittenwidrigkeit ist von vornherein auszuschließen, wenn der Nachbau technisch bedingt ist.

Raumlufterhitzer "Heim-Klima" - "Klimarex".

Entscheidung vom 14. Juli 1954, 3 Ob 278/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Das Erstgericht hat antragsgemäß mit Beschluß vom 4. März 1954 zur Sicherung des Anspruches der gefährdeten Partei auf Unterlassung, Schadenersatz und Beseitigung eines gesetzwidrigen Zustandes dem Gegner der gefährdeten Partei verboten, den von ihm erzeugten Raumlufterhitzer, der derzeit unter dem Namen "Heim-Klima" in den Verkehr gesetzt wird, weiter anzukundigen, feilzubieten oder in den Verkehr zu bringen. Es wurde weiter an den Gegner das Gebot gerichtet, die bereits in den Handel ausgelieferten Exemplare dieses Apparates zurückzuziehen.

Das Rekursgericht hob die am 4. März 1954 bewilligte einstweilige Verfügung zur Gänze auf.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte den Beschluß des Rekursgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Umstand, daß die gefährdete Partei für die äußere Ausgestaltung ihres Apparates einen Musterschutz in Anspruch nimmt, hat außer Betracht zu bleiben, weil Eingriffe in Musterschutzrechte bei der politischen Behörde zu verfolgen sind. Die Gerichte haben sich daher auf die Frage zu beschränken, ob eine unlautere Wettbewerbshandlung vorliegt.

Eine Verletzung nach § 9 (3) UWG. ist schon deswegen zu verneinen, weil diese Gesetzesstelle voraussetzt, daß das angeblich nachgeahmte Zeichen innerhalb der in Betracht kommenden Verkehrskreise als Kennzeichen eines bestimmten Unternehmens gilt. Das ist aber weder behauptet noch bescheinigt worden.

Es könnte daher höchstens Schutz nach § 1 UWG. verlangt werden, insbesondere wegen sklavischen Nachbaues des Erzeugnisses der gefährdeten Partei. Nach der Praxis des Obersten Gerichtshofes ist sklavischer Nachbau an sich nicht sittenwidrig. Er wird es nur, wenn besondere Umstände den Nachbau als sittenwidrig erscheinen lassen (Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 17. November 1931, Rsp., 1932, Nr. 79).

Sittenwidrigkeit ist von vornherein auszuschließen, wenn der Nachbau technisch bedingt ist. Soweit die gefährdete Partei sich darüber beschwert, daß der Antragsgegner die innere Konstruktion ihres Apparates nachgeahmt hat, hätte sie bescheinigen müssen, daß die Konstruktion nicht technisch bedingt ist und daß auch eine andere Konstruktion hätte gewählt werden können, die den gleichen technischen Effekt erzielt. Ein Konstruktionsschutz an sich besteht nur dann, wenn es sich um patentierte Erfindungen handelt.

Die gefährdete Partei kann sich auch nicht darüber beschweren, daß der Antragsgegner ihre in Verkehr befindlichen Apparate angekauft und nachgeahmt hat. Nicht patentierte Konstruktionen dürfen von jedermann nachgeahmt werden. Daß der Antragsgegner die nachgeahmten Erzeugnisse vom Antragsteller erworben hat, ist schon deshalb rechtlich bedeutungslos, weil diese gar nicht behaupten kann, daß die Apparate nur bei ihr käuflich waren.

Es kann auch nicht gesagt werden, daß auch der äußere Anschein der Erzeugnisse des Antragstellers so nachgeahmt werde, daß die Erzeugnisse verwechslungsfähig sind.

In diesem Zusammenhang bestreitet der Revisionsrekurs zu Unrecht dem Rekursgericht das Recht, selbständig zu untersuchen, ob die vorgelegten Augenscheinsgegenstände verwechslungsfähig sind. Die Auffassung, daß das Rekursgericht an die diesbezügliche Beurteilung des Erstgerichtes gebunden sei, ist rechtsirrig. Das Rekursverfahren kennt abweichend vom Revisionsverfahren keine taxativ aufgezählten Anfechtungsgrunde, an welche die höhere Instanz gebunden ist. Es kann hier unerörtert bleiben, inwieweit die höheren Instanzen von der Überprüfung erstinstanzlicher Erwägungen ausgeschlossen sind; jedenfalls steht ihnen nach ständiger Rechtsprechung das Recht zu, bei Überprüfung einer einstweiligen Verfügung in unlauteren Wettbewerbssachen die Verwechslungsfähigkeit vorgelegter Augenscheinsgegenstände selbständig zu beurteilen.

Wenn also das Rekursgericht bei dieser Überprüfung zu einem anderen Ergebnis gekommen ist als das Erstgericht, so kann darin keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erblickt werden. Entscheidend ist vielmehr allein, ob das Rekursgericht bei dieser Prüfung zu einem richtigen Ergebnis gekommen ist.

Der Oberste Gerichtshof bejaht dies.

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