OGH 3Ob291/54

OGH3Ob291/5414.7.1954

SZ 27/205

Normen

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §2
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §9
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §2
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §9

 

Spruch:

Die bloße Gegenüberstellung der eigenen Warenbezeichnungen, mit denen der gefährdeten Partei, verstößt daher an sich nicht gegen die guten Sitten und stellt weder den Tatbestand des § 1 noch den des § 2 UWG. her (pharmazeutische Industrie).

Synonymaverzeichnisse sind nicht unter allen Umständen sittenwidrig.

Entscheidung vom 14. Juli 1954, 3 Ob 291/54.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die gefährdete Partei beantragte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher ihrem Gegner verboten werde, im geschäftlichen Verkehr

1. Prospekte (Warenbeschreibungen), die dem Inhalt und der Zusammenstellung nach denen der Klägerin in den Prospekten Beilagen ./B bis ./D verwechslungsfähig ähnlich sind,

2. Gegenüberstellungen der markenmäßigen Bezeichnungen und

Erzeugnisse der Klägerin mit denen der Antragsgegnerin, wie Cetylan

1 in Schuppen = Cetylalkohol DHW, Cetylan 0 = Lanette 0, Cetylan N =

Lanette N, Cetylan CL extra = Cetiol extra, Ogylan D= Ocenol D,

Ogenol AE Pulver = Lanette E Pulver und Ogenol AE Paste = Lanette E

Paste zu verwenden und

3. ihre Erzeugnisse mit den markenmäßigen Bezeichnungen Cetylan 1, Cetylan 4, Cetylan 0, Cetylan CL, Ogylan H, Ogenol AE Pulver, Cetylan N, Ogenol Extrakt und Emulog F zu benennen.

Sie begrundete ihren Antrag damit, daß die Antragsgegnerin, deren Geschäftsführer und Gesellschafter Rudolf S. als Alleinvertreter der gefährdeten Partei für Österreich tätig gewesen war, Werbematerial verwende, welches sich bewußt und systematisch an die bisherige von der gefährdeten Partei verwendeten Werbeschriften, die diese ihr für die Abnehmer während der Dauer des Vertragsverhältnisses zur Verfügung gestellt habe, anlehnen, und ihren Erzeugnissen Bezeichnungen gebe, die eine weitgehende Ähnlichkeit mit denen der gefährdeten Partei haben, wobei sie die Beschreibung der einzelnen Produkte zum größten Teil wörtlich abschreibe. Sie unterstreiche auch die Ähnlichkeit durch die Gegenüberstellung der Warenbezeichnungen der gefährdeten Partei und der von ihr für dieselben Waren verwendeten Beschreibungen in einer Art, die es unklar erscheinen lasse, ob nicht etwa auch die nunmehr von ihr angebotenen Waren Erzeugnisse der gefährdeten Partei wären. So heiße es in einem Geschäftsbrief der Antragsgegnerin vom 7. Oktober 1953:

"Ferner geben wir Ihnen tieferstehend eine Gegenüberstellung der

Dehydag-Bezeichnungen mit unseren heutigen Namen bekannt: Cetylan 1

in Schuppen = Cetylalkohol DHW, Cetylan 0 = Lanette 0, Cetylan N =

Lanette N, Cetylan CL extra = Cetiol extra, Ogylan D = Ocenol D,

Ogenol AE Pulver = Lanette E Pulver, Ogenol AE Paste = Lanette E

Paste."

Das Erstgericht bewilligte die beantragte einstweilige Verfügung zu

1. und 2. und wies den zu 3. gestellten Antrag ab.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß in Punkt 1 und wies das Begehren zu Punkt 2 mit der Begründung ab eine vergleichende Reklame sei dann nicht unzulässig und stelle keinen unerlaubten Verstoß gegen die Bestimmungen des UWG. dar, wenn die Gegenüberstellung nur über Aufforderung eines Umworbenen erfolge, wenn also der Umworbene sich darüber unterrichten wolle, welche Waren gleicher Gattung der Warenkennzeichnung des Werbenden entsprechen. Aus dem zur Bescheinigung des Anspruches von der gefährdeten Partei vorgelegten Schreiben vom 7. Oktober 1953 ergebe sich aber, daß die Antragsgegnerin die gerügte Gegenüberstellung nur über Aufforderung eines Geschäftspartners vorgenommen habe.

Gegen die Abweisung des Begehrens zu Punkt 2 durch das Rekursgericht erhob die gefährdete Partei Revisionsrekurs; der Oberste Gerichtshof gab nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Oberste Gerichtshof kann der Meinung der Rekurswerberin, daß die vergleichende Reklame bereits an sich unzulässig sei, nicht beipflichten.

Es ist zwar richtig, daß die sogenannte vergleichende Werbung von

der deutschen Lehre und zum Teil auch von der deutschen

Rechtsprechung für unzulässig erklärt wird (siehe Aufstellung von

Reimer in "Wettbewerbs- und Warenrecht" S. 548 ff.). Die

österreichische Rechtsprechung vertritt aber seit nahezu 20 Jahren

den Standpunkt, daß eine vergleichende Reklame nur dann als gegen

die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb

verstoßend beurteilt werden kann, wenn die Waren des anderen als minderwertig bezeichnet oder herabgesetzt werden, keineswegs aber dann, wenn sich die Aufklärung der Öffentlichkeit im Rahmen der Sachlichkeit hält (JBL. 1937 S. 520 SZ. XIX/1, SZ. XXIV/79, 3 Ob 89/54). Die bloße Gegenüberstellung der eigenen Warenbezeichnungen mit denen der gefährdeten Partei verstößt daher an sich nicht gegen die guten Sitten und stellt weder den Tatbestand des § 1 noch den des § 2 UWG. her.

Insbesondere in der pharmazeutischen Industrie werden heute vielfach gleichartige Präparate von mehreren Erzeugerfirmen unter verschiedenen Bezeichnungen in den Handel gebracht. So sollen, wie der Oberste Gerichtshof einer Eingabe des Fachausschusses für Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz vom 28. Mai 1954 (abgedruckt im Mitteilungsblatt 1954, S. 41) entnimmt, für Diäthylbarbitsäure mehr als zehn zeichengeschützte Präparate im Handel sein. Bei dieser Sachlage kann es nicht schlechthin als sittenwidrig bezeichnet werden, wenn eine Handelsfirma auf Anfrage bekanntgibt, welche Präparate einer Konkurrenzfirma bestimmten von ihr erzeugten Präparaten entsprechen.

Ein solches Vorgehen kann unter Umständen sittenwidrig sein, muß es

aber nicht sein. Eine Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist

daher nur dann möglich, wenn glaubhaft gemacht wird, daß die

Gegenüberstellung der Synonyma unter Umständen ergangen ist, die

diese Gegenüberstellung als sittenwidrig erscheinen lassen.

Das ist aber in dem dem Obersten Gerichtshof zur Beurteilung vorgelegten Falle nicht geschehen. Es liegt nicht mehr vor, als daß die Antragsgegnerin einer unbekannten Firma nach Rücksprache mit einer gewissen Frau Dr. R. eine Gegenüberstellung der Dehydag-Bezeichnungen mit ihrem heutigen Namen bekanntgegeben hat. Das genügt aber noch nicht, um eine Sittenwidrigkeit anzunehmen. Die in Deutschland von der chemischen Industrie vertretene Auffassung, daß Synonymaverzeichnisse unter allen Umständen sittenwidrig sind, eine Auffassung, die auch in Deutschland, wie die vorzitierte Eingabe zeigt, insbesondere in den Kreisen der Apotheker und Krankenkassen nicht geteilt wird, lehnt der Oberste Gerichtshof ab.

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