OGH 1Ob534/54

OGH1Ob534/547.7.1954

SZ 27/194

Normen

EO §35
EO §294
EO §303 f.
EO §35
EO §294
EO §303 f.

 

Spruch:

Pfändung und Überweisung zur Einziehung der Forderung, zu deren Hereinbringung für die Verpflichteten vorher ein Exekutionsverfahren eingeleitet wurde, kann nicht vom Drittschuldner mit Oppositionsklage geltend gemacht werden.

Entscheidung vom 7. Juli 1954, 1 Ob 534/54.

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Dem Beklagten wurden in der Rechtssache 12 C 7/53 des Bezirksgerichtes für ZRS. G. gegenüber der Klägerin Kosten im Betrage von zusammen 893.17 S zugesprochen. Zur Hereinbringung dieser Forderung und weiterer Exekutionskosten von 85.80 S wurde dem Beklagten am 14. September 1953 die Exekution gegen die Klägerin bewilligt. In der vorliegenden Oppositionsklage bringt die Klägerin vor, daß die Forderung des Beklagten mit dem Beschluß vom 28. Oktober 1953 von Albin F. zur Hereinbringung einer Kostenforderung gepfändet und ihm zur Einziehung überwiesen wurde. Am 10. November 1953 habe die Klägerin den Betrag von 893.17 S bei Dr. Sch. für Albin F. erlegt. Auf der letzten Seite der Klage spricht die Klägerin offenbar im Hinblick auf dieses Vorbringen von einer Zahlung. Dr. Sch. ist sowohl Anwalt der Klägerin, als Anwalt des Albin F. In der Streitverhandlung wurde das Vorbringen der Klage dahin präzisiert, daß der Betrag von 893.17 S von der Klägerin bei ihrem Anwalt in seiner Eigenschaft als Anwalt der Klägerin erlegt wurde, mit dem Auftrage, diesen Betrag dem Albin F. zu übermitteln, gutzuschreiben und mit ihm zu verrechnen. Die Zahlung an Dr. Sch. sei nicht in seiner Eigenschaft als Vertreter des Albin F. erfolgt. Daß Dr. Sch. seinen Auftrag erfüllt hätte, wurde nicht behauptet.

Das Erstgericht hat das Klagsbegehren abgewiesen. Es folgt der in SZ. XIII/10 ausgesprochenen Rechtsansicht, daß der Erwerb eines Pfandrechtes an einer Forderung, zu deren Hereinbringung bereits Exekution geführt wird, und die Überweisung dieser Forderung zur Einziehung, den Grund zur Einbringung einer Oppositionsklage nicht abgeben könne. In dem in der Klage und bei der Verhandlung geschilderten Erlag von 893.17 S erblickte das Erstgericht nicht eine Zahlung. Es hat also die Behauptung der Klage, die Forderung sei dem Überweisungsgläubiger bezahlt worden, lediglich als eine Rechtsbehauptung angesehen, durch welche der vorher geschilderte tatsächliche Vorgang einer Geldhinterlegung bei Dr. Sch. - allerdings rechtlich verfehlt - als Zahlung charakterisiert werden sollte.

In der Berufung meint die Klägerin, das Verfahren sei mangelhaft geblieben; wenn das Erstgericht Dr. Sch. vernommen hätte, so wäre es daraufgekommen, daß dieser den bei ihm bezahlten Betrag in seinen Büchern auf Rechnung seiner Kostenforderung gegen Albin F. diesem gutgeschrieben habe.

Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, daß der Anspruch des Beklagten durch Pfändung der Forderung gehemmt sei und daß deswegen die zur Hereinbringung dieser Forderung geführte Exekution für unzulässig erklärt werde. Das Berufungsgericht folgt der in der Entscheidung GlUNF. 2723 zum Ausdruck gebrachten und von Petschek in einer Glosse zu der vom Erstgericht herangezogenen Entscheidung (ZBl. 1931, S. 311) vertretenen Meinung, daß schon die Pfändung und Überweisung zur Einziehung einer Forderung dem Verpflichteten das Recht entziehe, diese Forderung weiter zu betreiben, und daher einen Oppositionsgrund bilde.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge und stellte in Abänderung der zweitinstanzlichen Entscheidung das erstrichterliche Urteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Revisionswerber sieht zunächst einen Verfahrensmangel darin, daß das Berufungsgericht etwas anderes verfügt hat, als vom Kläger beantragt war. Dieser habe auf Grund der angeblichen Zahlung den Ausspruch verlangt, die Forderung sei erloschen. Das Berufungsgericht hat aber ausgesprochen, daß die Forderung gehemmt sei, somit etwas anderes, als verlangt wurde. Dieser Einwand ist jedoch nicht berechtigt, denn der Ausspruch, die Exekution sei unzulässig, weil der Anspruch gehemmt ist, steht zum Ausspruch, die Exekution sei unzulässig, weil der Anspruch erloschen ist, im Verhältnis eines minus zu einem maius.

Mit derselben Rechtsmaterie beschäftigt sich noch die Entscheidung Richterzeitung 1937, S. 426. Dort steht der Oberste Gerichtshof auf dem Standpunkt, däß die Pfändung und Überweisung zur Einziehung einer Forderung, für die Exekution geführt wird, unmittelbar eine Einstellung der Exekution nach § 39 Z. 5 rechtfertigt. In der Entscheidung DREvBl. 1942, Nr. 81 hat das Reichsgericht den Standpunkt eingenommen, daß die sicherungsweise Übertragung einer Forderung ihre weitere Betreibung durch den Zedenten im Wege einer Exekution zur Sicherstellung nicht hindere, daß aber der Umwandlung der Sicherstellungsexekution in eine Exekution zur Befriedung mit einer Klage nach § 35 EO. entgegengetreten werden könnte.

Der § 234 ZPO. zählt nicht zu den durch § 78 EO. für das Exekutionsverfahren übernommenen Bestimmungen der Zivilprozeßordnung. Es läßt sich also der Gedanke, daß die Legitimation des betreibenden Gläubigers zur Fortführung der Exekution durch den Verlust seiner materiellen Verfügungsberechtigung über die Forderung nicht berührt wird, nicht aufrechterhalten. Auch der in der Entscheidung SZ. XIII/10 vom Berufungsgericht zum Ausdruck gebrachte Gedanke, es handle sich bei der Pfändung und Überweisung zur Einziehung nur um einen den Anspruch hemmenden Umstand, den Anspruch hemmende Umstände könnten aber im Wege des § 35 EO. nur geltend gemacht werden, wenn sie vor Beginn der Exekution eingetreten seien, kann nicht als zutreffend angesehen werden. Denn es ist nicht einzusehen, warum nach Beginn des Exekutionsvollzuges eintretende hemmende Umstände nicht zur Einstellung der Exekution führen sollten. Es wird allerdings nach der Einleitung der Exekution selten wirklich ein hemmender Umstand eintreten und einer Stundung des betreibenden Gläubigers wird meist nur die Bedeutung eines Exekutionsaufschubes, nicht aber die Bedeutung einer Fälligkeitsverschiebung zu geben sein. Außerdem bedeutet die Pfändung und Überweisung einer Forderung gar nicht eine Hemmung des Anspruches. Durch die Einstellung der Exekution kann wohl der frühere Zustand wieder hergestellt werden. Diese Möglichkeit besteht bei jeder Übertragung der Aktivlegitimation. In der Regel wird aber durch die Überweisung zur Einziehung eine Übertragung der Aktivlegitimation bewirkt, bei der es bis zur Tilgung der Forderung verbleibt. Von einer hemmenden Einrede kann man jedoch nur dort sprechen, wo von vornherein feststeht, daß die Einrede einmal wegfallen wird. Das Besondere der Situation, die sich bei der Pfändung und Überweisung einer im Zwangsvollstreckungsverfahren betriebenen Forderung ergibt, ist nicht, daß die weitere Betreibung der Forderung nur gehemmt ist, sondern daß nur die Berechtigung des bisherigen Gläubigers entfallen ist, die Forderung geltend zu machen, obwohl diese nicht erloschen ist.

Der § 9 EO. sieht vor, daß eine andere, als die in einem Exekutionstitel bezeichnete Person Exekution zur Hereinbringung der zugesprochenen Forderung führen kann, wenn sie durch öffentliche Urkunden den Forderungsübergang nachweist. Auch während des laufenden Exekutionsverfahrens kann derjenige, auf den die Berechtigung, eine Forderung zu betreiben, übergangen ist, den betreibenden Gläubiger gegen seinen und des Verpflichteten Willen aus seiner Stellung verdrängen, indem er den Übergang der Forderung nachweist, eine Möglichkeit, die im Prozeß durch § 234 ZPO. ausgeschlossen wäre.

Zu untersuchen ist nun, ob auch der Verpflichtete diesen Wechsel in der Person des Gläubigers erzwingen kann. Das Berufungsgericht scheint in der Entscheidung SZ. XIII/10 eine solche Klage im Auge gehabt zu haben, meint aber, daß das Begehren einer solchen Klage von dem einer Oppositionsklage verschieden sei. Petschek hält in der angeführten Glosse eine solche Klage, durch die der Überweisungsgläubiger gegen seinen Willen in die Rolle des betreibenden Gläubigers gezwungen wird, wohl mit Recht für nicht gegeben. Auch er verschließt sich nicht den für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in SZ. XIII/10 maßgebenden Bedenken, die Walker - Jaitner, Exekutionsrecht 3, S. 270, äußert, daß nämlich eine Einstellung der Exekution gar nicht am Platze sei, weil dem Überweisungsgläubiger die Möglichkeit offengehalten werden muß, die Exekution unter Ausnützung aller für die gepfändete Forderung erworbenen Pfandrechte fortzusetzen. Petschek meint allerdings, daß dem Überweisungsgläubiger diese Möglichkeit durch die Einstellung auf Grund der Oppositionsklage nicht genommen wird. Es ist aber nicht einzusehen, wie ein eingestelltes Exekutionsverfahren vom Überweisungsgläubiger wieder aufgenommen werden könnte. Die Schwierigkeiten, die die Situation bietet, lösen sich bei folgenden Erwägungen:

Durch die Pfändung und Überweisung zur Einziehung einer Forderung soll der Drittschuldner an sich weder von einer Verpflichtung befreit werden, noch ein Recht erlangen. Dem Drittschuldner, gegen den bereits ein Exekutionstitel vorliegt, könnte ein selbständiges Recht, sich gegen die Betreibung der Exekution durch den Verpflichteten zu wehren, nur zuerkannt werden, wenn ihm die Verpflichtung obläge, sich im Interesse des Pfändungsgläubigers der Betreibung der Forderung durch den Dritten bei sonstigen Nachteilen zu widersetzen. Eine solche Verpflichtung könnte man wohl daraus ableiten, daß es ihm nach § 294 EO. verboten ist, an den Verpflichteten zu zahlen. Es ist auch wohl klar, daß der Drittschuldner im Rechtsstreit über eine Klage des Verpflichteten die Überweisung zur Einziehung wird einwenden müssen. Er wird sich aber wohl durch eine Streitverkündigung an den Überweisungsgläubiger davor schützen können, daß er, wenn er dem Verpflichteten gegenüber mit seiner Einwendung nicht durchdringt, zu einer zweiten Zahlung an den Überweisungsgläubiger verurteilt wird. In einer ähnlichen Situation befindet sich der Inhaber einer Sache, auf die von dritter Seite Ansprüche erhoben werden. Auch er muß sich gegen die Ansprüche des Dritten verteidigen, wenn er sich auch durch die Benennung seines Auktors der Gefahr entziehen kann, dem Kläger und dem Auktor leisten zu müssen. Daraus ist aber noch nicht zu schließen, daß sich der Drittschuldner, der vor der Pfändung und Überweisung zur Zahlung an den Verpflichteten verurteilt wurde und gegen den vom Verpflichteten bereits Exekution geführt wird, selbständig gegen die Durchführung der Exekution auf Grund dieses Urteils zu wehren berechtigt oder gar verpflichtet ist. Im Exekutionsverfahren ist kein Platz mehr für solche Einwendungen des Verpflichteten. Auch der Inhaber einer fremden Sache kann sich in einem gegen ihn geführten Exekutionsverfahren nicht mehr gegen die Pfändung dieser Sache wehren. Nur der Dritte, in dessen Rechte durch die Exekution eingegriffen wird, kann dies tun. Ebenso wird man auch im Falle einer Pfändung und Überweisung einer urteilsmäßig dem Verpflichteten zugesprochenen Forderung dem Drittschuldner das Recht aberkennnen müssen, sich selbständig gegen die Exekutionsführung durch den Verpflichteten zu wehren. Der Drittschuldner wird nur verpflichtet sein, dem Pfändungs- und Überweisungsgläubiger von der Einleitung des Exekutionsverfahrens Mitteilung zu machen, um ihn so in die Lage zu versetzen, von dem ihm allein zustehenden Rechte Gebrauch zu machen, den Verpflichteten aus seiner Stellung bei Betreibung der Drittschuld zu verdrängen. Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung macht ihn schadenersatzpflichtig. Solange der Überweisungsgläubiger aber nicht selbst in das zwischen Verpflichteten und Drittschuldner schwebende Exekutionsverfahren eingreift, wird dieses zwischen ihnen wirksam ablaufen. Der Drittschuldner wird nicht berechtigt sein, sich selbständig gegen die Schritte des Verpflichteten zu wehren. Die Erklärungen des Verpflichteten bleiben als Erklärungen des betreibenden Gläubigers in diesem Exekutionsverfahren wirksam und die Schuld des Drittschuldners wird, auch mit Wirksamkeit für den Pfändungs- und Überweisungsgläubiger, getilgt, soweit die Exekution Erfolg hat, wenigstens dann, wenn der Drittschuldner ihn von der Exekutionsführung verständigt hat.

Das gilt aber nur für das Exekutionsverfahren. Die materiellrechtlichen Folgen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bleiben unberührt. Der Drittschuldner wird also dem Verpflichteten einwenden können, daß er auf Grund der Überweisung den Überweisungsgläubiger bezahlt oder zugunsten beider Forderungsprätendenten die Schuld bei Gericht hinterlegt und damit seine Schuld getilgt hat, ein Forderungsverzicht des Verpflichteten bringt die Forderung nicht mit Wirkung für den Überweisungsgläubiger zum Erlöschen.

Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, daß die Pfändung und Überweisung an sich den Kläger nicht berechtigt, der Exekutionsführung zu opponieren, daß aber eine Zahlung der Klägerin an den Drittschuldner auch gegenüber dem Beklagten schuldbefreiend wirken müßte. Aber eine rechtswirksame Zahlung läge erst in der Verrechnung der bei Dr. Sch. erlegten Beträge mit dem Überweisungsgläubiger. Diese Verrechnung ist in der Klage insbesondere nach der Aufklärung, die das Vorbringen der Klage bei der ersten Streitverhandlung erhalten hat, gar nicht behauptet worden. Mit der erst im Berufungsverfahren behaupteten Verrechnung hat sich das Verfahren nicht zu beschäftigen. Das Erstgericht hatte also keinen Anlaß, Dr. Sch. zu vernehmen, um von ihm etwas zu erfahren, was in erster Instanz nicht behauptet wurde. Da die Pfändung und Überweisung einen Oppositionsgrund nicht bildet, entfällt die Notwendigkeit, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob sie in ihrer Wirkung durch das Pfandrecht des Rechtsanwaltes an der Kostenforderung beeinträchtigt ist. Das Erstgericht hat also die Klage mit Recht abgewiesen. Die Entscheidung der ersten Instanz war also wieder herzustellen.

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