OGH 3Ob320/54

OGH3Ob320/541.7.1954

SZ 27/193

Normen

EO §37
EO §37

 

Spruch:

Zu den Voraussetzungen der Exszindierungsklage.

Entscheidung vom 1. Juli 1954, 3 Ob 320/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Peuerbach; II. Instanz: Kreisgericht Wels.

Text

Mit Beschluß vom 18. Juni 1953 wurde dem Beklagten (als betreibendem Gläubiger) gegen den Verpflichteten Hubert J. der neuerliche Vollzug der bereits am 5. Juni 1952 bewilligten Fahrnisexekution, besonders durch Pfändung "des dem Verpflichteten gehörenden und bei seiner Mutter Maria J. befindlichen Motorrades" bewilligt.

In der vorliegenden am 27. Mai 1953 eingebrachten Klage behauptet Maria J., daß dieses Motorrad ihr Eigentum sei, da es ihr vom Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, dem sie bereits am 8. September 1949 den Kaufpreis hiefür bezahlt habe, rechtmäßig ins Eigentum übertragen worden sei. Der Einzelgenehmigungsbescheid des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. August 1953 weist die Eigentumsübertragung an die Klägerin aus.

Das Erstgericht nahm den Eigentumserwerb mit 7. August 1953 für erwiesen an, gelangte aber zur Abweisung des Klagebegehrens, weil die Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht Eigentümerin gewesen sei.

Das Berufungsgericht erklärte die Exekution auf das Motorrad für unzulässig.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Soweit veröffentlichte Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vorliegen, hat er sich mit der hier im Vordergrund stehenden Frage, ob ein im Laufe des Verfahrens bewirkter Rechtserwerb für die Klagsberechtigung eines Widerspruchsklägers ausreiche, bisher nicht befaßt. Die Fragestellung ging in der Mehrzahl der veröffentlichten Entscheidungen dahin, ob ein nach dem Exekutionsvollzug eingetretener Verlust des der Exekution entgegenstehende Eigentumsrechtes durch Veräußerung des Eigentums an einen anderen die Klageberechtigung desjenigen, dem das Eigentum im Zeitpunkt der Pfändung zustand, vernichte (GlUNF. 6142; GH. 1939 S. 699; ZBl. 1927 Nr. 305; ZBl. 1933 Nr. 27). Während aber der Entscheidung GlUNF. 6142 ein vor der Klageerhebung (aber nach der Pfändung) bewirkter Eigentumswechsel zugrunde lag, behandelt die Entscheidungen ZB1. 1927 Nr. 305 und 1933 Nr. 27 den Fall, daß der Exszindierungskläger während des Verfahrens das Eigentum der gepfändeten Sache auf einen anderen übertrug. Die Entscheidung ZBl. 1927 Nr. 305 vertrat nun die Auffassung, daß das Exszindierungsrecht durch die nachträgliche Veräußerung der gepfändeten Sache nicht erlösche und der neue Erwerber nur allenfalls als Rechtsnachfolger des nach § 37 EO. ursprünglich Klageberechtigten exszindieren könne. Von dieser Auffassung ist der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen SZ. X/2 und ZBl. 1933 Nr. 27 wieder abgegangen. In der ersten Entscheidung ist der Oberste Gerichtshof unter Heranziehung der Ausführungen von Petschek zur Entscheidung ZBl. 1927 Nr. 305 positiv zu dem Ergebnis gekommen, daß zur Widerspruchsklage nach § 37 EO. auch derjenige berechtigt sei, der den im Zeitpunkt der Pfändung nicht dem Verpflichteten gehörigen Gegenstand nach der Pfändung vom Eigentümer erwirbt, und die Entscheidung ZBl. 1933 Nr. 27 spricht aus, daß eine Exszindierungsklage abzuweisen sei, wenn der Exszindierende während des Verfahrens sich des Eigentumsrechtes durch Veräußerung begibt.

Dieser Entwicklung der Judikatur entspricht die Auffassung des Berufungsgerichtes. Die Exszindierungsklage setzt etwas Negatives und etwas Positives voraus. Der betroffene Gegenstand darf zur Zeit der Vornahme der ersten Vollzugshandlung nicht dem Verpflichteten gehört haben und das der Exekution entgegenstehende Recht muß zu dieser Zeit bereits begrundet gewesen sein, gleichviel, ob für den Exszindierungskläger oder seinen Rechtsvorgänger, und es muß überdies zur Zeit des Schlusses der Verhandlung erster Instanz dem Exszindierungskläger zustehen. Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, müssen die Rechtsschutzvoraussetzungen im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz vorliegen; es genügt daher, daß der Exszindierungskläger das die Veräußerung hindernde Recht in diesem Zeitpunkt hat. Allerdings muß das Recht zur Zeit der ersten Vollzugshandlung bereits bestanden haben. Nach herrschender Praxis gilt auch für Feststellungsklagen der aus § 406 ZPO. folgende Grundsatz über das Vorhandensein der Rechtsschutzvoraussetzungen im Zeitpunkte des Schlusses der Verhandlung erster Instanz (OGH. 7. Dezember 1926, ZBl. 1927 Nr. 55; 17. Oktober 1929, Rsp. 1929 Nr. 384 u. a.).

Beigefügt sei, daß die hier vertretene Rechtsauffassung nicht in Widerspruch zur Entscheidung 1 Ob 591/53 steht. Denn im vorliegenden Fall handelt es sich um den Erwerb eines im Zeitpunkt der Pfändung schon vorhandenen Rechtes durch Übertragung. Der Entscheidung 1 Ob 591/53 lag aber der originäre Erwerb eines zur Zeit des Exekutionsvollzuges noch gar nicht vorhandenen Rechtes im Laufe des Exszindierungsverfahrens zugrunde.

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