Spruch:
Ausnahmen vom Zugabenverbot (Zugaben geringen Wertes, Reklamegegenstände).
Entscheidung vom 1. Juni 1954, 3 Ob 218/54.
I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Das Rekursgericht bewilligte in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses die von den klagenden und gefährdeten Parteien beantragte einstweilige Verfügung und Verbot der beklagten Partei, ihren Kaugummipackungen einen Pfeil mit Gummisauger oder einen Bogen oder einen Armreifen unentgeltlich beizugeben.
Das Erstgericht hatte seinen Abweisungsbeschluß damit begrundet, daß die in den Packungen enthaltenen Beigaben durch auffallend sichtbare und dauerhafte Bezeichnungen als Reklamegegenstände gekennzeichnet seien, so daß sie nicht als verbotene Zugaben im Sinne des Zugabengesetzes gelten können.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zunächst kann der Ansicht des Rekursgerichtes nicht beigepflichtet werden, daß der Pfeil samt Gummisauger und der Bogen nicht als Reklamegegenstände gewertet werden können, weil sie als solche nicht der Vorschrift des § 3 Abs. 1 lit. b des Zugabegesetzes vom 3. August 1934, BGBl II Nr. 196, entsprechen. Alle diese Gegenstände enthalten die deutlich sichtbare Bezeichnung "Reklame Kiddy". Der Zweck der Bestimmung des § 3 Abs. 1 lit. b des Zugabegesetzes ist der, zu verhindern, daß der Verkäufer einer Ware die mit der Zugabe verbundene Reklameabsicht verbirgt, indem er die Reklamebezeichnung so undeutlich anbringt, daß sie bei flüchtigem Anblick nicht wahrgenommen werden kann. Dies trifft beispielsweise dann zu, wenn Kaffeepackungen Kaffeeschalen mit einer kaum sichtbaren Reklamebezeichnung beigepackt werden, sodaß der Käufer in die Lage versetzt wird, weitere derartige Kaffeepackungen nur deshalb zu kaufen, um ein ganzes Kaffeeservice zu erhalten, ohne daß für seine Besucher erkennbar ist, daß es sich bei diesen Kaffeetassen nur um Reklamegegenstände handelt. Aus diesem Gründe ordnet die bezogene Gesetzesstelle an, daß erlaubte Zugaben so deutlich als Reklamegegenstände gekennzeichnet werden müssen, daß ein Zweifel daran, es handle sich bei der Zugabe lediglich um eine Reklame für den Verkäufer der Waren, denen die Zugabe beigepackt ist, nicht entstehen kann. Rücksichtlich der Deutlichkeit dürfen die Forderungen nicht überspannt werden. Dem Erfordernis der Deutlichkeit ist Genüge geleistet, wenn die überhaupt nach der technischen Beschaffenheit des Stoffes bestmögliche Hervorhebung erzielt wurde. Das ist diesmal der Fall. Die Firmenbezeichnung ist im Stoff eingepreßt. Bei fast wertlosen Reklameartikeln kann aber keine kostspieligere Ausführung der Reklamebezeichnung verlangt werden. Sie muß nur so auffallend sein, als dies technisch zumutbar ist. Das Erfordernis des Auffallens ist also nicht absolut zu verstehen, sondern im Rahmen des überhaupt Möglichen. Die vorliegende Kennzeichnung reicht daher aus, um erkennen zu lassen, es handle sich bei der Zugabe um eine Reklame für den Antragsgegner. Damit wird aber auch dem Erfordernis der auffallend sichtbaren Bezeichnung der Zugabe als Reklamegegenstand im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. b Zugabegesetz Genüge getan.
Was den Armreifen anlangt, so sind bei diesem allerdings die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 lit. b Zugabengesetz nicht gegeben, da seine Bezeichnung als Reklamegegenstand mit freiem Auge nur schwer wahrgenommen werden kann und eine zumindest ebenso große Deutlichkeit der Anbringung der Reklamebezeichnung verlangt werden durfte, wie bei den beiden anderen Reklamegegenständen. Allein auf diesen Armreifen ist die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1 lit c des Zugabengesetzes anzuwenden. Die Auffassung der gefährdeten Parteien, daß Beigaben, die mit der verkauften Ware nichts zu tun haben, an sich bereits als eine verwerfliche Verkaufsmethode anzusehen sind, entspricht nicht dem Sinne des Gesetzes. Wenn der Gesetzgeber Zugaben von geringem Werte von unzulässigen Zugaben ausnimmt, so hat er damit dieses Werbemittel gebilligt. Er verlangt nur, daß es sich um Zugaben handelt, die als Bagatelle zu werten sind. Das trifft aber im vorliegenden Fall zu. Der Armreifen ist höchsten einige Groschen wert; Zugaben von noch geringerem Wert sind kaum denkbar. Diese Zugabe ist aber auch nicht zu Zusammenstellungen bestimmt, die einen die Summe des Wertes des gewährten Einzelgegenstandes übersteigenden Wert besitzen, denn beim Armreifen fehlt die Bestimmung der Zusammenstellung mit anderen Zugaben. Von einer Zusammenstellung kann man nur dann sprechen, wenn aus einzelnen Zugabegegenständen eine neue Gesamtsache gebildet werden kann, wie bei den beiden anderen Zugaben, die aber nach § 3 Abs. 1 lit. b Zugabengesetz nicht zu beanstanden sind. Daß sich der Rekurs des Antragsgegners nicht auf § 3 Abs. 1 lit. c Zugabengesetz stützt, ist bedeutungslos, weil ein Rekurs überhaupt keine Begründung enthalten muß, die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses vielmehr im Rekursverfahren von Amts wegen zu prüfen ist.
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