OGH 2Ob1015/53

OGH2Ob1015/5326.5.1954

SZ 27/151

Normen

ABGB §1327
Reichsversicherungsordnung §1542
ABGB §1327
Reichsversicherungsordnung §1542

 

Spruch:

Nach dem Grundsatz der kongruenten Deckung kein Rechtsübergang des Begräbniskostenanspruches auf den Sozialversicherungsträger zur Bedeckung der von diesem gewährten Hinterbliebenenrente.

Entscheidung vom 26. Mai 1954, 2 Ob 1015/53.

I. Instanz: Kreisgericht Krems; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Erstbeklagte wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 4. September 1948, 7 E c VR 3295/48-19, wegen Vergehens nach § 335 StG. verurteilt, weil er am 20. Dezember 1947 in H. den Tod des Josef W. fahrlässig herbeigeführt hat. Aus den Gründen des Strafurteils ergibt sich, daß das Gericht die fahrlässige Handlung des Erstbeklagten darin erblickt hat, daß er, wie es feststellte, dem W. verspätet links ausgewichen und vorgefahren ist.

Die Klägerin begehrt nunmehr von dem Erstbeklagten als dem Schädiger und dem Zweitbeklagten als Halter des Kraftfahrzeuges, mit dem der Verkehrsunfall herbeigeführt wurde, aus dem Titel des Schadenersatzes eine Rente sowie den Ersatz der Begräbniskosten in der Höhe von 2570.02 S.

Das Erstgericht nahm ein Mitverschulden des Getöteten als erwiesen an und erkannte demgemäß mit Zwischenurteil vom 6. Juli 1953 zu Recht, daß die von der Klägerin gegenüber den Beklagten geltend gemachten Ansprüche dem Gründe nach zu 4/5 zu Recht bestehen.

Über von beiden Parteien erhobene Berufung änderte das Berufungsgericht das Ersturteil dahin ab, daß es aussprach, das Klagebegehren bestehe dem Gründe nach zur Gänze zu Recht.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Geht man von den Feststellungen der Untergerichte aus, dann hat der Getötete sein Fahrrad auf der Fahrbahn der Straße geschoben. Vom rechten Rande der Asphaltdecke, neben der sich ein Bankett befindet, bis zur Fahrspur des Rades war ein Abstand von 30 cm. Von der Fahrspur des Kraftwagens betrug die Entfernung zum rechten Fahrbahnrand 1.50 m, zum rechten Rand des Bankettes 2.20 m. Da der Kraftwagen seitlich 30 cm über die Räder hinausragte, stand dem Radfahrer ein Bewegungsraum zwischen rechtem Fahrbahnrand und der äußersten Begrenzung des Lastkraftwagens von 1.20 m zur Verfügung, als er von dem vom Erstbeklagten gelenkten Kraftfahrzeug überholt wurde.

Das Revisionsgericht pflichtet dem Berufungsgerichte darin bei, daß dem Erstbeklagten das Alleinverschulden an dem Verkehrsunfalle anzulasten ist. Der Zweitbeklagte haftet als Halter des Fahrzeuges solidarisch mit dem Lenker, der durch sein schuldhaftes Verhalten das schädigende Ereignis herbeigeführt hat.

Voraussetzung für die Fällung eines Zwischenurteiles ist allerdings, daß der geltend gemachte Schadenersatzanspruch dem Gründe nach zu Recht besteht, d. h., daß der Beklagte schuldig erklärt werden wird, einen Betrag zu bezahlen. Ein Zwischenurteil kann daher erst dann gefällt werden, wenn alle dem Gründe des Anspruches entgegenstehenden Einwendungen erledigt sind, so daß die Frage, ob überhaupt ein Anspruch besteht, auch nicht teilweise dem Verfahren über die Höhe überlassen bleiben darf (SZ. XVI/176, 2 Ob 468/53). Richtig ist daher, daß die Anrechnung der der Klägerin zufließenden Witwenrente nicht nur eine Frage der Schadenshöhe ist. Wäre diese nämlich höher als die, die ihr aus dem schädigenden Ereignisse gegenüber dem Beklagten zustunde, dann wäre ein Anspruch auf Leistung einer solchen Rente gegenüber dem Beklagten nicht gegeben. Darauf folgt aber noch nicht, daß die Sache zur Erledigung mit Zwischenurteil nicht spruchreif war. Die Klägerin macht nämlich, gestützt auf § 1327 ABGB., nicht nur die erwähnte Rente, sondern auch die Begräbniskosten geltend. Der zuletzt angeführte Anspruch auf Ersatz der Beerdigungskosten geht nämlich nur dann und in dem Ausmaße nach § 1542 RVO. auf den Versicherungsträger über, als dies dem Grundsatze der kongruenten Deckung entspricht (so Geigel, Haftpflichtprozeß, 6. Aufl., 1952, S. 357, Wussow, 4. Aufl., Das Unfallhaftpflichtrecht 1952, S. 315, und nunmehr in letzter Zeit die Rechtsprechung: 2 Ob 674/53, 2 Ob 19/52). Ein Rechtsübergang bezüglich des Begräbniskostenanspruches auf die Allgemeine Invalidenversicherungsanstalt zur Deckung der von dieser gewährten Hinterbliebenenrente findet demnach nicht satt. Die Beklagten haben die Begräbniskosten von 2570.02 S der Höhe nach anerkannt und nur eingewendet, daß die Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte ein Sterbegeld von 600 S ausbezahlt habe. Demnach würde der Klägerin noch eine Forderung aus dem Titel des Ersatzes der Beerdigungskosten in der Höhe von 1970.02 S zustehen. Da somit der Klägerin ein Betrag gemäß dem von ihr gestellten Klagebegehren zu leisten sein wird, ist die Grundlage für die Fällung eines Zwischenurteiles gegeben gewesen.

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