OGH 3Ob333/54

OGH3Ob333/5419.5.1954

SZ 27/141

Normen

ABGB §918
ABGB §999
HGB §352
Zinsengesetz §3
ABGB §918
ABGB §999
HGB §352
Zinsengesetz §3

 

Spruch:

Anwendung des § 918 ABGB. bei Nichteinhaltung einer Ratenvereinbarung.

Ein die gesetzlichen Zinsen übersteigendes Zinsenbegehren wegen Inanspruchnahme eines Bankkredits. Höhe der Zinseszinsen.

Entscheidung vom 19. Mai 1954, 3 Ob 333/54.

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Mit Versäumungsurteil wurde der Beklagte schuldig erkannt, dem Kläger einen Betrag von 33.337.32 S samt 9.5% Zinsen seit 6. November 1953 zu bezahlen. Der Betrag von 33.337.32 S setzt sich zusammen aus einer "alten Schuld" von 17.660.35 S samt 9.5%igen gestaffelten Zinsen bis zum Klagstag und einer "neuen Schuld" in der Höhe von 11.189.32 S samt ebensolchen Zinsen bis zum Klagstag. Der gegen dieses Versäumungsurteil erhobenen Berufung des Beklagten wurde teilweise Folge gegeben und das Urteil dahin abgeändert, daß der Beklagte schuldig erkannt wird, dem Kläger den Betrag von 31.148 S samt 9.5% Zinsen seit 6. November 1953 zu bezahlen, während das Mehrbegehren auf Zahlung von 2189.32 S samt 9.5% Zinsen seit 6. November 1953 abgewiesen wird. Bei der Abweisung des Teilbetrages von 2189.32 S ging das Berufungsgericht davon aus, daß zufolge einer vom Kläger selbst behaupteten Ratenvereinbarung von der "neuen Schuld" bis zum Klagstag nur ein Betrag von 9000 S fällig geworden sei.

Auf die Revision des Klägers erkannte der Oberste Gerichtshof für schuldig, den vollen Betrag von 33.337.32 S samt 9.5% Zinsen vom Kapitalbetrag von 28.849.67 S zu bezahlen, ermäßigte aber auf die Revision des Beklagten die von den im Klagsbetrag steckenden Zinsen (4487.65 S) zu entrichtenden Zinseszinsen auf 5%.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Zur Revision des Klägers:

Die von der Revision erhobene Rechtsrüge, womit die Abweisung eines Teilbetrages von 2189.32 S s. A. mangels Fälligkeit am Klagstag bekämpft wird, ist begrundet. Es ist der Revision beizupflichten, daß die Nichteinhaltung einer Ratenvereinbarung nach der für entgeltliche Geschäfte überhaupt zur Anwendung kommenden Vorschrift des § 918 ABGB. zu beurteilen ist, wobei grundsätzlich nicht die Notwendigkeit besteht, daß die Frist zur Nachholung ausdrücklich gesetzt wird, sondern es genügt, daß diese Frist tatsächlich gewährt wird (EvBl. 1946, Nr. 214). Wenngleich aus dem Klagsvorbringen der Zeitpunkt der Mahnung nicht hervorgeht, ergibt sich die Gewährung einer angemessenen Frist zur Nachholung schon daraus, daß nach dem Vorbringen der erschienenen klagenden Partei bei der ersten Tagsatzung vom 21. November 1953 der Beklagte auch nach Zustellung der Klage (12. November 1953) Ratenzahlungen nicht geleistet hat (S. 4 des A.). Es bedarf aber auch nicht einer ausdrücklichen Rücktrittserklärung, da diese durch die Klage ersetzt wird (SZ. XV/205) mit welcher die gesamte Schuld geltend gemacht wurde. Die Klage ist somit auch hinsichtlich der sub b) des Klagevorbringens geltend gemachten Teilschuld von 11.189.32 S schon aus rechtlichen Gründen schlüssig und war in Stattgebung der Revision des Klägers bei der Entscheidung der Zuspruch dieses Betrages in voller Höhe zu berücksichtigen.

Zur Revison des Beklagten:

Mit Recht betont das Berufungsgericht, daß gemäß § 226 ZPO. die Tatsachen in der Klage grundsätzlich in einer Weise zu behaupten sind, daß der Anspruch hinsichtlich der Haupt- und Nebenforderungen tatsächlich und rechtlich begrundet ist.

Diesem Erfordernisse erscheint jedoch auch hinsichtlich der staffelweise vom Fälligkeitstage der geschuldeten Beträge für jede einzelne Lieferung berechneten Zinsen zu a) im Betrage von 3732.30 S und zu b) im Betrage von 755.35 S entsprochen, da das auf den Gegenstand des Rechtsstreites bezügliche tatsächliche Vorbringen der erschienenen Partei, soweit dasselbe nicht durch die vorliegenden Beweise widerlegt wird, für wahr zu halten ist (§ 396 ZPO.). Es waren daher die als Ergebnis der staffelweisen Zinsenberechnung mit Rücksicht auf die Schuldigkeiten für die einzelnen Lieferungen und deren Fälligkeit behaupteten Endbeträge der Entscheidung zugrunde zu legen. Die Notwendigkeit einer Überprüfung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen dieser als Endergebnis der staffelweisen Berechnung geltend gemachten Zinsenforderungen hätte sich nur im Falle der Bestreitung des Klagebegehrens ergeben. Aber auch zur Geltendmachung der Verzugszinsen in der Höhe von 9.5% vom Klagstag erscheint die in der Klage angeführte Begründung der Notwendigkeit der Inanspruchnahme von Bankkredit zu den gleichen Konditionen schlüssig. Die Behauptung eines Verschuldens des Beklagten am Zahlungsverzug ist nicht erforderlich, um ein die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigendes Zinsenbegehren zu stellen, da der Gläubiger einer fälligen, nicht bezahlten Geldschuld nach Handelsrecht Anspruch auf Ersatz jenes die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigenden wirklichen Schadens und entgangenen Gewinnes hat, der aus dem Verschulden des säumigen Schuldners entstanden ist (Art. 8 Nr. 2, der 4. EVzHGB.), der Beweis aber, an der Erfüllung einer vertragsmäßigen oder gesetzlichen Verbindlichkeit ohne Verschulden verhindert worden zu sein, dem säumigen Schuldner obliegt (§ 1298 ABGB.). Unschlüssig erscheint das Klagebegehren aus rechtlichen Gründen nur insoweit, als Verzugszinsen in der Höhe von 9.5% nicht nur von den beiden Kapitalsbeträgen per insgesamt 28.849.67 S, sondern auch von den bis zur Klagseinbringung fälligen Zinsen per 4487.65 S gefordert werden. Gemäß § 3 des Gesetzes, RGBl. Nr. 62/1868, dürfen zwar Zinsen von Zinsen, wenn fällige Zinsen eingeklagt werden, von diesen vom Tag der Klagsbehändigung an gefordert werden, doch haben hinsichtlich der Höhe der Zinseszinsen, falls hierüber nichts bedungen wurde, die gesetzlichen Zinsen zu gelten. Da nach dem Klagsvorbringen sich die geltend gemachten Ansprüche aus beiderseitigen Handelsgeschäften ergeben, waren daher von den bis zur Klagseinbringung fälligen Zinsen, im Gesamtbetrag von 4487.65 S lediglich 5% Zinseszinsen (§ 352 HGB.) vom Tage der Klagsbehändigung (12. November 1953) zuzusprechen und war der Revision des Beklagten insoweit ein Teilerfolg beschieden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte