OGH 3Ob49/54

OGH3Ob49/5417.2.1954

SZ 27/35

Normen

ABGB §888
ABGB §896
ABGB §1301
ABGB §1302
ABGB §888
ABGB §896
ABGB §1301
ABGB §1302

 

Spruch:

Ausgleichspflicht verschiedener an einer strafbaren Handlung beteiligter Übeltäter bei Schadensvergütung durch einige von ihnen.

Jeder Ausgleichspflichtige haftet grundsätzlich nur für seinen Kopfanteil; es besteht keine gesamtschuldnerische Haftung aller.

Bei einer den Kopfteil des Zahlenden zwar übersteigenden aber nicht den ganzen Schaden erschöpfenden Leistung haftet ein anderer Ausgleichspflichtiger dem Zahlenden nur für einen Anteil auf seinen Kopfteil.

Entscheidung vom 17. Feber 1954, 3 Ob 49/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Klagenfurt; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Einer Bergwerksgesellschaft wurden größere Mengen Bleiweiß gestohlen. Im Zusammenhang damit wurden insgesamt acht Personen wegen Verbrechens des Diebstahles, der Diebstahlsteilnehmung und der Übertretung des bedenklichen Ankaufes verurteilt. Der Beklagte war an dem Diebstahl von 12 bis 15 Fässern Bleiweiß im Gewicht von je 250 kg beteiligt, während der mit dem Beklagten und noch einem anderen als Diebsgenosse verurteilte Kläger an dem Gesamtdiebstahl von insgesamt 36 Fässern Bleiweiß beteiligt war. Der Beklagte hat für seine Mithilfe an den Diebstählen 1830 S erhalten, während der Kläger, der das gestohlene Bleiweiß zum Abnehmer, einem Farbhändler, führte, nach den Feststellungen des Strafurteiles 4500 S empfangen hat.

Die B. Bergwerksgesellschaft hat gegen fünf Beteiligte, darunter auch den Kläger, Schadenersatzforderungen erhoben. Die in Anspruch Genommenen wurden mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 15. Feber 1952, 14 Cg 400/50, schuldig erkannt, als Solidarschuldner der geschädigten Bergwerksgesellschaft den Schaden zu ersetzen. Der Kläger hat insgesamt 39.240.48 S an die Geschädigte bezahlt. Der Gesamtschaden betrug ungefähr 80.000 S. Der Kläger macht gegen den Beklagten Regreßansprüche geltend und begehrt dessen Verurteilung zu einer Leistung von 2080.76 S samt Anhang. Er berechnet die auf den Beklagten entfallende Kopfquote mit 3529.01 S. Da der Beklagte hievon bereits einen Betrag von 1458.25 S an die geschädigte Bergwerksgesellschaft geleistet habe, so betrage seine Restschuld den eingeklagten Betrag. Im Laufe des Verfahrens hat die klagende Partei infolge Zahlung eines Betrages von 150 S das Begehren auf 1920.76 S eingeschränkt.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen. Es ging hiebei von der Ansicht aus, daß gemäß § 896 ABGB. die Ausgleichung in der Regel nach Kopfteilen zu erfolgen habe; im vorliegenden Fall aber nicht, weil sich der Anteil der einzelnen Regreßpflichtigen nach dem aus der gestohlenen Sache gezogenen Vorteil bestimmen lasse. Dieser Vorteil betrage für den Beklagten 1830 S. Nur in Höhe dieses Betrages könne er in Anspruch genommen werden. Da der Beklagte Schadengutmachung in Höhe von 1458.25 S geleistet habe, sei nur ein Betrag von 371.75 S als aus dem Diebstahl gezogener Vorteil in den Händen des Beklagten geblieben. Da aber an dem Diebstahl der 12 Fässer neben dem Beklagten und dem Kläger noch ein dritter Täter beteiligt gewesen sei, gebühre von diesem Vorteil des Beklagten dem Kläger nur ein Drittel. Nachdem der Beklagte 150 S bereits an den Kläger bezahlt habe, entbehre der erhobene Regreßanspruch der Berechtigung.

Infolge Berufung der klagenden Partei hat das Berufungsgericht das Urteil der ersten Instanz insoferne geändert, als es den Beklagten zur Zahlung von 1082.12 S verurteilte. Das Berufungsgericht ging dabei von der Auffassung aus, daß der von allen Beteiligten, den Kläger und den Beklagten eingeschlossen, erzielte Gesamtvorteil aus dem Diebstahl 54.403.40 S und der Gesamtschaden 80.005 S betrage. Daraus leitete das Berufungsgericht ab, daß der Beklagte dem Regreß nicht bloß in der Höhe der von ihm bezogenen 1830 S unterliege, sondern in Höhe eines Betrages, der zu dem vom Beklagten erzielten Vorteil (1830 S) im Verhältnis von 100 : 68 stunde. Auf diese Weise kam das Berufungsgericht zu einer Regreßsumme von 2691.17 S, woraus sich nach Abrechnung der vom Beklagten bereits zur Schadensgutmachung an die B. Bergwerksgesellschaft und an den Kläger geleisteten Zahlungen der zugesprochene Betrag ergibt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge und verurteilte sie nur zur Zahlung eines Betrages von 23.75 S, wies das Mehrbegehren jedoch ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Oberste Gerichtshof ist der Ansicht, daß das interne Verhältnis der Angehörigen einer Diebsbande nicht nach Art einer Gesellschaft zu beurteilen ist, es daher gar nicht auf den vom Einzelnen erzielten Vorteil ankomme. Eine Unrechtsgemeinschaft stellt kein "besonderes Verhältnis" her. Nach § 896 ABGB. tritt daher in einem solchen Fall die Ausgleichung nach Kopfteilen ein.

Beide Vorinstanzen gehen nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes von einer unrichtigen Auffassung aus § 896 ABGB. hat den Fall im Auge, daß von einem der Gesamtschuldner die ganze Schuld abgetragen wird. Soweit nichts anderes bestimmt ist, tritt dann Ausgleich nach Kopfteilen ein. Jeder Ausgleichspflichtige haftet grundsätzlich nur auf seinen Pflichtanteil, es besteht keine gesamtschuldnerische Haftung aller Ausgleichspflichtigen. Da die Ausgleichspflichtigen bei vollständiger Abstattung der Schuld für die ganze Schuld nur anteilsmäßig haften, so haften sie auch bei einer den Kopfteil des Zahlenden zwar übersteigenden, aber nicht den ganzen Schaden vergütenden Leistung diesem nur anteilsmäßig. Da der Kläger nach den Feststellungen der Vorinstanzen etwa 49% der ganzen Schuld aus dem seinigen abgetragen hat, kann er von den Mithaftenden nur eine entsprechende Quote ihrer Haftung, das ist ihres Kopfteils verlangen. Der Kläger konnte daher nicht von einem der Mitschuldner zur ungeteilten Hand, da er ja nicht die ganze Schuld bezahlt hat, den ganzen Kopfteil begehren, sondern kann nur jeden Mithaftenden auf die entsprechende Quote in Anspruch nehmen. Mehr zu begehren, wäre er nur dann berechtigt, wenn einer von den mehreren Mitschuldnern unvermögend wäre, seiner Verpflichtung Genüge zu leisten. In diesem Fall müßte der Ausfall von den Mithaftenden getragen werden.

Der Schaden aus dem Diebstahl von 12 Fässern Bleiweiß, woran der Beklagte nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichtes mit sieben anderen beteiligt war, beträgt 26.646 S; der Kopfteil des Beklagten daher 3330.75 S. Davon machen 49%, die der Kläger entsprechend seiner Mehrleistung (gedacht im internen Verhältnis) ersetzt verlangen kann, 1632 S aus. Da der Beklagte nach den Feststellungen auf seine Kopfquote schon 1608.25 S bezahlt hat, war das Begehren des Klägers nur in Höhe des Betrages von 23.75 S begrundet.

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