OGH 3Ob34/54

OGH3Ob34/5420.1.1954

SZ 27/16

Normen

ZPO §57
ZPO §57

 

Spruch:

Kautionspflicht eines Klägers aus Tanger.

Entscheidung vom 20. Jänner 1954, 3 Ob 34/54.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Prozeßgericht trug der klagenden Partei auf Antrag der beklagten Partei auf, als Sicherheit für Prozeßkosten den Betrag von 6000 S binnen 14 Tagen zu erlegen.

Das Rekursgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, daß auf Grund der Feststellungen des Prozeßgerichtes zwischen dem Hoheitsträger in der internationalen Zone Tangers und der Republik Österreich zwar kein Staatsvertrag bestehe, daß der Begriff der Prozeßkostensicherheit dem in Tanger geltenden Recht jedoch fremd sei. Auch ein in Tanger als Kläger auftretender Österreicher brauche daher keine Prozeßkostensicherheit zu leisten. Ein vorschußweiser Erlag von Gerichtsgebühren könne nicht unter den Begriff einer Sicherheitsleistung für Prozeßkosten gefaßt werden. Gemäß § 57 Abs. 2 Z. 1 ZPO. sei daher das Begehren der beklagten Partei nicht begrundet.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei Folge und stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es ist davon auszugehen, daß materielle Gegenseitigkeit zwischen der Republik Österreich und dem Hoheitsträger in der internationalen Zone Tangers insofern nicht besteht, als nach den dortselbst bestehenden Gesetzen von jeder als Kläger auftretenden Partei, daher auch von österreichischen Staatsbürgern, eine Sicherheitsleistung für Prozeßkosten verlangt wird, wogegen die im Inland als Kläger auftretenden Parteien ausnahmslos von einer Sicherheitsleistung für Gerichtsgebühren befreit sind. Der Meinung des Rekursgerichtes, daß ein vorschußweiser Erlag von Gerichtskosten nicht unter dem Begriff einer Sicherheitsleistung für Prozeßkosten gefaßt werden könne, vermag sich der Oberste Gerichtshof nicht anzuschließen. Von der Rekurswerberin wird mit Recht darauf hingewiesen, daß die im Zuge eines Rechtsstreites auflaufenden und zunächst von beiden Parteien gemeinsam zu bestreitenden Gerichtsgebühren einen Teil der Prozeßkosten bilden, deren Ersatz die im Prozeß obsiegende Partei vom Prozeßgegner nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 40f. ZPO. begehren kann. Die Zivilprozeßordnung kennt nur eine volle Befreiung von der Kautionspflicht oder eine volle Kautionspflicht und die völlige Befreiung greift nur Platz, wenn auch der ausländische Staat einem Österreicher volle und unbedingte Kautionsfreiheit gewährt. Auf den Umfang der zu leistenden Sicherheit kommt es dabei nicht an. Es ist daher belanglos, ob die von dem ausländischen Gericht üblicherweise verlangte Kaution nur der Sicherstellung der vom Kläger vorzustreckenden Gerichtsgebühren oder auch der Sicherstellung der Anwaltskosten dient. Sofern nur überhaupt eine Sicherheitsleistung verlangt wird, kann der inländische Beklagte Sicherheit für die Prozeßkosten aller Instanzen begehren (vgl. SZ. XXII/18).

Aus diesen Gründen war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der erstrichterliche Beschluß wieder herzustellen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte