OGH 3Ob19/54

OGH3Ob19/5420.1.1954

SZ 27/14

Normen

ZPO §6
ZPO §7
ZPO §6
ZPO §7

 

Spruch:

Der Ausspruch der Nichtigkeit nach § 7 ZPO. ist unzulässig, sobald der Mangel der Prozeßfähigkeit, wenn auch nach Ablauf der gesetzten Frist, beseitigt worden ist.

Entscheidung vom 20. Jänner 1954, 3 Ob 19/54.

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Gegen die Prozeßfähigkeit des Beklagten ergaben sich bei der ersten Streitverhandlung Bedenken, weshalb der Prozeßrichter mit dem Beschluß vom 15. Oktober 1952 dem Kläger auftrug, binnen drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters des prozeßunfähigen Beklagten und die Vorlage einer Erklärung jenes Vertreters zu erwirken, ob und inwieweit er das bisherige Verfahren genehmige. Der Ausspruch über die Rechtsfolgen des Mangels der Prozeßfähigkeit wurde bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist vorbehalten.

Am 7. Februar 1953 beantragte der Beklagtenvertreter infolge fruchtlosen Ablaufes der dem Kläger erteilten dreimonatigen Frist gemäß § 7 ZPO. die Nichtigkeit des bisherigen Verfahrens auszusprechen und gemäß § 51 ZPO. dem Kläger den Ersatz der Kosten des aufgehobenen Verfahrens aufzuerlegen.

Am 16. Juli 1953 wurde der Beklagte mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Widerspruchsgerichtes, in teilweiser Abänderung des Beschlusses des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 22. April 1953, 3 L 37/52-12 - der die volle Entmündigung des Beklagten wegen Geistesschwäche ausgesprochen hatte - beschränkt entmundigt.

Am 8. September 1953 legte der Kläger dem Prozeßgericht eine Erklärung des Beistandes des Beklagten Franz P. vom 4. September 1953 vor, wonach dieser die bisherige Prozeßführung genehmigte. Der Kläger beantragte, das Verfahren durch Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung fortzusetzen.

Mit dem angefochtenen Beschluß vom 11. September 1953 erklärte das Prozeßgericht das bisherige Verfahren gemäß § 7 ZPO. wegen Mangels der Prozeßfähigkeit der beklagten Partei für nichtig und legte dem Kläger den Ersatz der bisher aufgelaufenen Verfahrenskosten an den Beklagten auf. Auf Grund des Beschlusses des Widerspruchsgerichtes vom 16. Juli 1953 stehe fest, daß dem Beklagten tatsächlich die Prozeßfähigkeit mangle. Wenn auch der Kläger nunmehr eine Erklärung des für den Beklagten bestellten Beistandes vorgelegt habe, daß dieser das bisherige Prozeßverfahren genehmige, so müsse doch die Nichtigkeit des bisherigen Verfahrens ausgesprochen werden, weil die klagende Partei weder in der ihr gestellten Frist von drei Monaten diese Erklärung vorgelegt, noch vor Ablauf dieser Frist um eine entsprechende Verlängerung angesucht habe.

Diesen Beschluß hob das Rekursgericht infolge Rekurses des Klägers auf und wies den Antrag der beklagten Partei, die Nichtigkeit des bisherigen Verfahrens auszusprechen, ab. Zugleich verpflichtete es den Beklagten zur Zahlung der Rekurskosten an den Kläger. Das Rekursgericht war der Ansicht, daß, sobald der Mangel der Prozeßfähigkeit saniert sei, aus dem Gründe der Versäumung der zur Behebung des Mangel gewährten Frist das Verfahren nicht mehr als nichtig erklärt werden könne.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.

Der Rekurs blieb ohne Erfolg.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Im Rekurs wird der Standpunkt vertreten, § 7 ZPO. schreibe die Nichtigkeitserklärung des Verfahrens zwingend schon dann vor, wenn die zur Behebung des Mangels erteilte Frist nicht eingehalten wurde.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Sie ist weder mit dem Wortlaut, noch weniger mit dem Sinn der Vorschrift des § 7 ZPO. vereinbar. Auch in dieser Bestimmung kommt, wie bereits vom Rekursgericht richtig erkannt wurde, das ökonomische Prinzip der ZPO. zum Ausdruck, mit möglichst geringem Aufwand den größtmöglichen Erfolg zu erreichen. Ziel dieser Vorschrift ist, ein bereits durchgeführtes, aber mit Nichtigkeit bedrohtes Verfahren (Prozeßhandlung) zu heilen, nicht aber umgekehrt, das geheilte Verfahren zu vernichten. Wäre die Ansicht des Rekurses richtig, dann könnte das Gericht, auch wenn beide Parteien, nachdem der Mangel behoben wurde, auf die Fortsetzung des Verfahrens antrügen, einem solchen Antrag nicht entsprechen, sondern müßte wegen Überschreitung der zur Behebung des Mangels gewährten Frist, die Nichtigkeit des Verfahrens aussprechen. Ja selbst die höhere Instanz müßte, wenn dies von der unteren Instanz unterlassen wurde, mit einer Nichtigkeitserklärung vorgehen. Daß ein solches, geradezu absurdes Ergebnis vom Gesetzgeber niemals gewollt war, ergibt sich im übrigen auch zwanglos aus dem Wortlaut des § 7 im Zusammenhalt mit dem des § 6 ZPO. Danach handelt es sich um eine richterliche, jederzeit erstreckbare Frist, die vom Gericht von Amts wegen zur Behebung des Mangels zu erteilen ist. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist tritt die Nichtigkeit des Verfahrens bzw. der sonst in Betracht kommenden Prozeßhandlung nicht von selbst, sondern erst durch den Ausspruch des Gerichtes ein. Wird vor diesem Ausspruch der Mangel saniert, dann ist die Nichtigkeit behoben und es kann daher das Gericht eine Nichtigkeit nicht mehr aussprechen.

Aus allen diesen Gründen ergibt sich die Haltlosigkeit des Rekurses, dem daher nicht Folge zu geben war.

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