OGH 1Ob963/53

OGH1Ob963/5316.12.1953

SZ 26/303

Normen

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §880a
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §880a

 

Spruch:

Nach § 880a ABGB. hat der Versprechende nur dann volle Genugtuung zu leisten, wenn er für den Erfolg ausdrücklich eingestanden ist.

Entscheidung vom 16. Dezember 1953, 1 Ob 963/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Linz; II. Instanz: Landesgericht Linz.

Text

Der Beklagte war Verwalter des Hauses L., T.straße 19, das bis 15. September 1949 im Eigentum der Klägerin stand. Aus dieser Verwaltung schuldet der Beklagte der Klägerin, wie er anerkennt, noch den eingeklagten Betrag von 1548.65 S. Der Beklagte wendet aber eine Gegenforderung im Betrage von 1728.30 S ein. Mit dem Beklagten und anderen Mietern, die ihre Ansprüche dem Beklagten übertragen haben, hatte die Klägerin Mietverträge auf 25 Jahre abgeschlossen, die intabuliert werden sollten. Hiezu wäre die Zustimmung der Mutter der Klägerin erforderlich gewesen, weil zu ihren Gunsten ein Belastungsverbot auf der Liegenschaft eingetragen war. Die Mutter erteilte jedoch ihre Zustimmung nicht. Der Beklagte und seine Zedenten waren nunmehr genötigt, mit den neuen Hausbesitzern in Vertragsverhandlungen einzutreten, bei denen sie rechtsfreundlich vertreten wurden. So erwuchsen 1355.30 S an Rechtsanwaltskosten und 383 S an Gebühren für die neuen Mietverträge. Der Beklagte und die Mieter, die ihm ihre Ansprüche zediert haben, nehmen die Klägerin wegen dieser Beträge in Anspruch, weil sie die Garantie dafür übernommen hat, daß ihre Mutter die Zustimmung zur Einverleibung der Mietverträge erteile. Die Klägerin hat wohl die Höhe des Gegenanspruches anerkannt, die Forderung aber bestritten mit der Begründung, sie habe sich nicht verpflichtet, die Zustimmung der Mutter zu erwirken, selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, fehle die Kausalität, insbesondere habe sie die Verpflichtung zur Zahlung von Anwaltskosten nicht übernommen.

Das Erstgericht hat den Beklagten zur Zahlung des eingeklagten Betrages verpflichtet und ausgesprochen, daß die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe.

Das Berufungsgericht hat das Urteil dahin abgeändert, daß die Klage abgewiesen wird. Es hat angenommen, daß die Gegenforderung zu Recht besteht.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Meinung des Berufungsgerichtes, eine Erfolgsgarantie sei immer dann anzunehmen, wenn nicht ausdrücklich von bloßer Verwendung gesprochen werde, widerspricht dem § 880a ABGB., der nach dem Herrenhausbericht zu § 161 der dritten Teilnovelle eine Auslegungsregel geben sollte und nach seinem Wortlaut dahin aufgefaßt werden muß, daß der Versprechende volle Genugtuung nur dann zu leisten hat, wenn er für den Erfolg ausdrücklich eingestanden ist. Der Bericht Gschnitzers in Klang, 2. Aufl. zu § 880a ABGB. S. 221, die Meinung, die das Berufungsgericht vertritt, entspreche der herrschenden Auslegung, kann sich mit Recht nur auf die Entscheidung eines Berufungsgerichtes (EvBl. 1936 Nr. 733) berufen, die wohl schon durch den gleichlautenden Bericht in der ersten Auflage des genannten Kommentars beeinflußt ist. Die zur Stützung des Berichtes sonst herangezogenen Entscheidungen sind jedoch, soweit sie überhaupt aus der Zeit nach der dritten Teilnovelle stammen, hiezu nicht geeignet. SZ. XIV/85 wird die Haftung einer Annoncenexpedition für das auftragsgemäße Erscheinen einer Anzeige zunächst aus § 1165 ABGB. abgeleitet. Ergänzend wird ausgeführt, daß sich auch die Haftungsübernahme nach § 880a daraus ergebe, daß die Annoncenexpedition sich für ihre Leistung zahlen lasse und sich zur Vorlage eines Belegexemplars verpflichtet. In der Entscheidung GlUNF. 7235 wurde nach den Feststellungen ausdrücklich die Haftung für den Erfolg übernommen. Es bleibt also nur die Entscheidung Rsp. 1933 Nr. 204, die aber, wie der Kommentar selbst ausweist, die Gegenmeinung vertritt. Der Bestand der Gegenforderung läßt sich also nicht daraus ableiten, daß die Erklärung der Klägerin, ihre Mutter werde die Zustimmung zur Intabulation geben, schon deshalb ein Einstehen für den Erfolg bedeutet, weil sie nicht ausdrücklich darauf eingeschränkt war, sie werde sich nur dafür verwenden.

Die Frage nach der Haftung der Klägerin ist aber aus einem anderen Rechtsgrunde zu bejahen, der vom Beklagten in erster Instanz und auch in den Rechtsmittelschriften geltend gemacht wurde und der sich aus dem vorgetragenen und außer Streit stehenden Sachverhalt ergibt. Die Klägerin hat mit dem Beklagten und seinen Zedenten Mietverträge auf 25 Jahre abgeschlossen. Es ist nicht gelungen, die Mietverträge grundbücherlich eintragen zu lassen. Dennoch hätte die Klägerin bei Abschluß des Kaufvertrages den Eintritt der neuen Eigentümer in die Mietverträge bedingen sollen. Da die Klägerin dies unterlassen hat, haftet sie nach § 1120 ABGB. den Mietern für volle Genugtuung. In dem genannten Paragraphen ist zwar ausdrücklich nur der Fall geregelt, daß der Mieter infolge einer Kündigung des neuen Hauseigentümers vorzeitig ausziehen muß. Aber der frühere Hauseigentümer muß auch für die Kosten haften, die der Mieter aufwenden mußte, um vom neuen Eigentümer einen ebenso guten Mietvertrag zu erlangen (ähnlich GlUNF. 1286).

Da die Klägerin nach § 1120 verpflichtet ist, dem Beklagten und seinen Zedenten volle Genugtuung dafür zu leisten, daß sie die neuen Eigentümer nicht an die mit ihr abgeschlossenen 25jährigen Verträge gebunden hat, so muß sie ihnen auch die angemessenen Kosten einer anwaltlichen Vertretung bei ihren Bemühungen gegenüber den neuen Eigentümern ersetzen, die darauf gerichtet waren, den Rechtszustand herzustellen, den die Klägerin hätte herstellen sollen. Daß die geltend gemachten Anwaltskosten übermäßig hoch wären, wurde nicht geltend gemacht. Die Klägerin hat im Gegenteil die Forderung der Höhe nach anerkannt. Auch die Gebühren, die für die neuen Verträge entrichtet werden mußten, gehören zu den dem Beklagten und seinen Zedenten beim Abschluß der neuen Verträge erwachsenen Auslagen. Daß dafür die Kosten der Vergebührung der erstabgeschlossenen Verträge erspart worden wären und daß dieser Umstand als Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen sei, wurde von der Klägerin nicht behauptet und geltend gemacht.

Die Revision erweist sich also nicht als begrundet.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte