OGH 3Ob754/53

OGH3Ob754/539.12.1953

SZ 26/299

Normen

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §908
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §908

 

Spruch:

12% des Kaufpreises: Angeld oder Anzahlung?

Entscheidung vom 9. Dezember 1953, 3 Ob 754/53.

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Die Untergerichte nahmen als erwiesen an, daß der Kläger am 10. Oktober 1952 von der beklagten Partei einen Volkswagentransporter um 76.000 S gekauft hat, wobei folgende Zahlungsbedingungen vereinbart wurden:

Der Kläger leistet 9000 S Anzahlung. Weitere 45.000 S werden durch die "AVA" erlegt. Der Rest von 22.000 S wird innerhalb der nächsten 14 Tage entweder in bar entrichtet oder durch Übergabe eines Aero-Minor Stationswagens abgestattet.

Der Kläger behauptet, die beklagte Partei habe ungeachtet des empfangenen Angeldes von 9000 S den Volkswagentransporter anderweitig verkauft und begehrt aus dem Gründe des § 908 ABGB. Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung des doppelten Angeldes, d. i. des Betrages von 18.000 S samt Anhang. Das Begehren auf Zahlung des 9000 S übersteigenden Betrages stützt er auch auf den Titel des Schadenersatzes.

Die beklagte Partei hat Klagsabweisung beantragt und eingewendet, daß die Vertragserfüllung durch das Verschulden des Klägers vereitelt wurde.

Das Gericht erster Instanz gab dem Klagebegehren mit der Begründung statt, daß die beklagte Partei mangels Setzung einer Nachfrist gemäß § 918 ABGB. an den Kaufvertrag gebunden geblieben sei. Wegen Nichterfüllung schulde sie dem Kläger das doppelte Angeld.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren aus rechtlichen Erwägungen ab.

Es führte aus, daß nach dem Vertragsinhalte die bar berichtigten 9000 S jenen Teil des Kaufpreises darstellten, den der Kläger wirklich bar bezahlen mußte. Die weiteren 45.000 S waren von der "AVA" im Rahmen des bewilligten Kredites zu liquidieren und für die restlichen 22.000 S war die Hingabe des Lieferwagens Aero-Minor durch den Kläger vorgesehen. Der Kläger habe also nicht ein Angeld geleistet, sondern den gesamten von ihm zu zahlenden Barbetrag hingegeben. Die schriftliche Vereinbarung vom 10. Oktober 1952 spreche demgemäß auch nicht von einem Angelde, sondern von einer Anzahlung. Daß die Parteien selbst bei Vertragsabschluß und sogar noch nach Zerschlagung des Geschäftes in den bezahlten 9000 S kein Angeld erblickten, ergebe sich aus der Korrespondenz. So fragte die beklagte Partei im Schreiben vom 18. Oktober 1952, ob sie die 9000 S als Abzahlung für einen Ersatzwagen behalten oder an den Kläger rücküberweisen soll. Ein Angeld sei nur als ein Zeichen der Abschließung oder als Sicherstellung für die Erfüllung des Vertrages zu betrachten. Eines solchen Zeichens bedurfte es im vorliegenden Falle, wo der Vertragsinhalt schriftlich niedergelegt und von den Vertragsteilen mit ihrer Unterschrift bekräftigt wurde, gar nicht. Die hingegebenen 9000 S können daher nach den Ausführungen des Berufungsgerichtes nur jenen Barbetrag darstellen, den der Kläger insgesamt bar zu leisten hatte. Es wurde daher kein Angeld, sondern eine a conto-Zahlung gegeben.

Da die Klage ausdrücklich nur auf § 908 ABGB. gegrundet sei, müsse das Begehren zur Gänze abgewiesen werden.

Der geltend gemachte Klagsgrund gestatte nicht die Verurteilung der beklagten Partei zur Rückerstattung der geleisteten Teilzahlung.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers teilweise Folge undverurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von 9000 S. Das Klagebegehren auf Zahlung weiterer 9000 S blieb abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Soweit die Revision sich mit der Frage auseinandersetzt, wen das Verschulden an der Nichterfüllung des Kaufvertrages trifft, sind diese Ausführungen gegenstandslos, da streitentscheidend der rechtliche Charakter der geleisteten 9000 S ist. Zu dieser Frage führt der Kläger aus, die 9000 S seien bei Abschließung des Vertrages sofort bar bezahlt worden. Dies weise darauf hin, daß sie als Angeld gegeben wurden. Eine besondere Vereinbarung sei nicht behauptet worden. Im Zweifel und bei Mangel einer besonderen Vereinbarung müsse die Anzahlung als Angeld angesehen werden. Es habe sich um nichts anderes handeln können als um eine Sicherheitsleistung für die Erfüllung des Vertrages. In jedem Falle wären zumindest die hingegebenen und in der Klage zurückgeforderten 9000 S dem Kläger zuzusprechen gewesen.

Daß die 9000 S bei Abschließung des Vertrages vom Käufer bezahlt worden sind, ist nicht entscheidend.

Bei Beurteilung der Frage, ob der genannte Betrag als Anzahlung geleistet worden ist, müssen auch alle anderen Umstände berücksichtigt werden. Diese schließen aber, wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, die Annahme aus, daß die 9000 S nur als ein Zeichen der Abschließung oder als eine Sicherstellung für die Erfüllung des Vertrages gegeben wurden.

Mit der Zahlung der 9000 S hat der Kläger den ganzen bar zu leistenden Kaufpreis berichtigt. Mehr zu zahlen war er nicht verpflichtet, denn die45.000 S hat die "AVA" zu erlegen und die restlichen 22.000 S konnten durch Hingabe eines anderen Kraftwagens abgestattet werden. Da der Kaufvertrag schriftlich geschlossen wurde, bedurfte es weder eines weiteren Zeichens der Abschließung noch einer Sicherstellung der Erfüllung. Schließlich machten die 9000 S fast 12% des Kaufpreises aus; sie überstiegen das bei Leistung einer Angabe übliche Ausmaß. Daher steht dem Kläger kein Anspruch nach § 908 ABGB. zu.

Daß die 9000 S nicht als Angeld, sondern als Teilzahlung gegeben wurden,schließt die Verurteilung der vom Vertrage zurückgetretenen beklagten Partei zur Rückerstattung der erhaltenen 9000 S nicht aus, denn auch die Forderung unter Hinweis auf § 908 ABGB. stellt eine Kondiktion dar. Daß der Kläger hiebei von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung ausgegangen ist, muß nicht zur Klagsabweisung führen.

Aus diesem Gründe waren ihm 9000 S samt Anhang zuzusprechen.

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