Normen
Zivilprozeßordnung §530 Abs1 Z7
Zivilprozeßordnung §541 Abs2
Zivilprozeßordnung §530 Abs1 Z7
Zivilprozeßordnung §541 Abs2
Spruch:
Im wiederaufgenommenen Verfahren können die Beweise des Vorprozesses insbesondere im Zusammenhange mit den den Wiederaufnahmsgrund bildenden Beweismitteln neu gewürdigt werden.
Entscheidung vom 11. November 1953, 2 Ob 835/53.
I. Instanz: Bezirksgericht Klagenfurt; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.
Text
Der am 2. September 1947 von Josefine L. außer der Ehe geborene Kläger hat am 29. Oktober 1947 zur GZ. 2 C 508/47 des Bezirksgerichtes K. gegen den Beklagten eine Vaterschafts- und Unterhaltsklage eingebracht. Das Klagebegehren ist mit dem vom Berufungsgerichte bestätigten Urteile vom 15. Dezember 1948 mit der Begründung abgewiesen worden, daß die Kindesmutter während der Empfängnisfrist mit August J. geschlechtlich verkehrt habe, daß ihre Zeugenaussage deshalb, weil sie einen in diese Zeit fallenden Verkehr mit J. in Abrede gestellt habe, und noch aus anderen Gründen insofern keine Glaubwürdigkeit zukomme, als sie im Widerspruch zu den Angaben des Beklagten einen Verkehr mit diesem behauptet habe, und daß daher der Kläger den ihm für den Eintritt der Vermutung des § 163 ABGB. obliegenden Beweis nicht erbracht habe. Am 13. Feber 1951 hat der Kläger des Bezirksgerichtes K. ein gleichartiges Klagebegehren gegen J. erhoben; dies ist jedoch mit dem Urteile vom 17. Mai 1952 (ONr. 10) auf Grund des eine Zeugung des Klägers ausschließenden Ergebnisses der Blutgruppenuntersuchung ebenfalls abgewiesen worden. Unmittelbar nach diesem Urteil, das unangefochten geblieben ist, nämlich am 23. Mai 1952, hat der Kläger die Wiederaufnahme des zu 2 C 508/47 anhängig gewesenen Verfahrens beantragt und seinen Antrag darauf gestützt, daß er ganz dem Beklagten ähnlich sehe und daß es jetzt auch schon möglich sei, den Beweis durch die erbbiologische Untersuchung durchzuführen.
Das Erstgericht hat nach der Aufnahme dieses Beweises die Wiederaufnahmebewilligt, ausgesprochen, daß der Beklagte als Vater des Klägers anzusehen sei, und ihn zu einer Unterhaltsleistung, rückwirkend mit dem 29. Oktober 1947, verpflichtet.
Das Berufungsgericht hat das erstrichterliche Urteil bestätigt.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach der unbekämpft gebliebenen und auch vom Berufungsgericht übernommenen Feststellung des Prozeßgerichtes, das hiebei dem Sachverständigengutachten gefolgt ist, bestehen zwischen dem Kläger und dem Beklagten in verschiedenen Richtungen solche Ähnlichkeiten, daß die Zeugung des Klägers durch den Beklagten mit 87% wahrscheinlich ist. Das neue Beweismittel, nämlich die anthropologisch-erbbiologische Begutachtung des Klägers, ist mit Recht vom Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Prozeßgericht für geeignet befunden worden, eine für den Kläger günstigere Entscheidung als die im Vorprozeß ergangene, herbeizuführen. Nach der ständigen Rechtsprechung (siehe die in der großen Ausgabe der Zivilprozeßordnung 1951 zu § 530 Z. 7 unter Nr. 26 angeführten Entscheidungen) reicht bereits die Möglichkeit eines günstigeren Ergebnisses zur Bewilligung der Wiederaufnahme aus. Der Revisionswerber rügt jedoch, daß die Vorgerichte bei der Behandlung der Wiederaufnahmsklage über den Rahmen der bewilligten Wiederaufnahme hinausgegangen seien, wenn auf Grund einer teilweisen Beweiswiederholung nunmehr im Gegensatz zum früheren Verfahren die Würdigung der Zeugenaussage der Kindesmutter geändert worden sei. DieserVorwurf entbehrt jeder Berechtigung; wenn nämlich die Wiederaufnahme bewilligt worden ist, ist damit das im Vorprozeß ergangene Urteil beseitigt und die Verhandlung daher vollkommen neu durchzuführen. Ebenso wie eine weitere Beweisaufnahme zulässig ist, ist das Gericht im wiederaufgenommenen Verfahren auch berechtigt, die Beweise des Vorprozesses, insbesondere im Zusammenhang mit den den Wiederaufnahmsgrund bildenden Beweismitteln, selbstverständlich, soweit es sich um unmittelbare Beweisaufnahmen handelt, nach einer Wiederholung der wesentlichen und noch vorhandenen Beweise, selbständig zu würdigen. Die Beweiswürdigung selbst ist aber im Revisionsverfahren nicht mehr zu überprüfen.
Aus diesen Erwägungen war der Revision ein Erfolg zu versagen.
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