OGH 3Ob551/53

OGH3Ob551/5319.8.1953

SZ 26/210

Normen

Kriegsopferversorgungsgesetz §55
Lohnpfändungsverordnung §3
Lohnpfändungsverordnung §4
Opferfürsorgegesetz §13a Opferfürsorgegesetz §13b
Kriegsopferversorgungsgesetz §55
Lohnpfändungsverordnung §3
Lohnpfändungsverordnung §4
Opferfürsorgegesetz §13a Opferfürsorgegesetz §13b

 

Spruch:

Der Anspruch auf Auszahlung einer Entschädigungssumme für erlittene Haft nach § 13a und 13b OpferfürsorgeG. ist pfändbar.

Entscheidung vom 19. August 1953, 3 Ob 551/53.

I. Instanz: Kreisgericht St. Pölten; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Erstgericht hat im Sinne des von der betreibenden Partei gestellten Antrages dieser auf Grund des Urteiles des Kreisgerichtes St. Pölten vom 4. Juni 1952 wider die verpflichtete Partei zur Sicherung des Anspruches auf Bezahlung der mit S 4826.80 bestimmten Prozeßkosten die Exekution mittels Pfändung der dem Verpflichteten auf Grund des Bundesgesetzes vom 18. Juli 1952, BGBl. Nr. 180, gegen die Republik Österreich (BM. für soziale Verwaltung) zustehenden Forderung auf Auszahlung einer Entschädigungssumme für erlittene Haft und entstandene Haft- und Gerichtskosten im Betrage von 6000 S mehr oder weniger bewilligt.

Auf den Rekurs der verpflichteten Partei hat das Rekursgericht diesen Beschluß in dem Sinne geändert, daß es den Antrag der betreibenden Partei auf Bewilligung der Sicherungsexekution abgewiesen hat.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei Folge und stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Dem Rekursgericht kann zunächst nicht gefolgt werden, wenn es annimmt, daß das Opferfürsorgegesetz vom 4. Juli 1947, BGBl. Nr. 183, in der derzeit geltenden Fassung keine Bestimmungen über die Pfändbarkeit der Opferfürsorgerenten enthalte. § 11 Abs. 1 Z. 1 des Opferfürsorgegesetzes erklärt für seinen Bereich die Grundsätze und Bestimmungen des Kriegsopferversorgungsgesetzes (KOVG.), BGBl. Nr. 197/1949, für maßgebend, und damit auch den § 55 KOVG., der seinerseits wieder auf § 4 Abs. 1 und 6 der Lohnpfändungsverordnung verweist und die Abtretung der Versorgungsgebührnisse mit Zustimmung desLandesinvalidenamtes zuläßt.

Richtig ist allerdings, daß im Opferfürsorgegesetz weder ein Verbot der Pfändung von, noch der Verfügung über Entschädigungsansprüche nach §§ 13a und 13b vorgesehen ist. Wenn § 2 des Opferfürsorgegesetzes, der nunmehr nach der 7. Opferfürsorgenovelle auch die Entschädigungsmaßnahmen betrifft, im Abs. 2 bestimmte, ziffernmäßig bezeichnete Vorschriften des KOVG. für sinngemäß anwendbar erklärt, kann daraus noch nicht geschlossen werden, daß für die Entschädigungsmaßnahmen auch der nicht unter die sinngemäß anwendbaren Bestimmungen aufgenommene § 55 KOVG. gelten soll. Das Rekursgericht schließt daraus auf ein offenbares Versehen des Gesetzgebers und will aus dem Gesichtspunkt der Rechtsanalogie die Vorschriften des § 2 des Gesetzes vom 18. August 1918, RGBl. Nr. 318, über die Entschädigung für Untersuchungshaft anwenden und demgemäß auch die Unpfändbarkeit der Entschädigungsansprüche nach §§ 13a und 13b des Opferfürsorgegesetzes annehmen.

Der Oberste Gerichtshof vermag dieser Ansicht nicht beizutreten. Die Entschädigungsmaßnahmen nach dem Opferfürsorgegesetz weisen gegenüber dem Gesetz über die Entschädigung für Untersuchungshaft - und desgleichen gegenüber dem Gesetz vom 2. August 1932, BGBl. Nr. 242, über die Entschädigung ungerechtfertigt verurteilter Personen - so viele Verschiedenheiten hinsichtlich der Gebührlichkeit des Anspruches, seines Umfanges und seiner Vererblichkeit auf, daß das Argument, es liege sowohl dem Opferfürsorgegesetz als auch den Gesetzen über die Entschädigung für Untersuchungshaft und Verurteilung die Abgeltung von wirtschaftlichen Nachteilen zugrunde, nicht ausreicht, um die Vorschriften des § 2 der letzterwähnten Gesetze für die Entschädigungsmaßnahmen des Opferfürsorgegesetzes zu übernehmen. Der Oberste Gerichtshof glaubt hier umso weniger eine Lücke des Opferfürsorgegesetzes annehmen zu können, als aus § 4 Abs. 4 des Beamtenentschädigungsgesetzes hervorgeht, daß Entschädigungsansprüche nach § 13a des Opferfürsorgegesetzes auf die Ansprüche nach dem Beamtenentschädigungsgesetz anzurechnen sind. Daraus muß wohl auf den gleichen Zweck der Entschädigungsansprüche nach dem Opferfürsorgegesetz und dem Beamtenentschädigungsgesetz geschlossen werden. Es enthält aber auch das Beamtenentschädigungsgesetz keine Vorschriften über die Beschränkung von Exekutionsmaßnahmen oder Verfügungen.

Abgesehen davon ist nicht anzunehmen, daß dem Gesetzgeber die Vorschriften der Gesetze über die Entschädigung für Untersuchungshaft und über die Entschädigung für Verurteilung einfach entgangen wären.

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