OGH 3Ob424/53

OGH3Ob424/531.7.1953

SZ 26/174

Normen

Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §115
Außerstreitgesetz §122
Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §115
Außerstreitgesetz §122

 

Spruch:

Der Erbe hat gegen die Annahme einer Erbserklärung eines anderen Erben ein Rekursrecht.

Entscheidung vom 1. Juli 1953, 3 Ob 424/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Feldkirchen; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

In den Nachlaß gehört ein Hof im Sinne des Kärntner Erbhöferechtes. Erben sind eheliche und außereheliche Kinder. Der älteste Sohn Bernhard W. wurde zum Anerben bestimmt. Die Erben mit Ausnahme der Agnes H. haben am 5. September 1952 ein Erbübereinkommen getroffen. Eine Einantwortung ist noch nicht erfolgt. Am 26. Februar 1953 hat die Genannte vor dein Abhandlungsgerichte die bedingte Erbserklärung auf Grund des Gesetzes abgegeben.

Diese Erbserklärung wurde vom Erstgericht angenommen.

Das Rekursgericht hat diese Entscheidung bestätigt.

Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs des Anerben zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zunächst muß die Frage erörtert werden, ob dem Anerben ein Rekursrecht gegen die Annahme der Erbserklärung einer angeblichen Miterbin zukommt. Diese Frage ist zu bejahen. Der Oberste Gerichtshof vermag der Entscheidung GlUNF. 5376 vom 28. Februar 1911, wonach einem Erben gegen die Annahme der Erbserklärung eines anderen Erben kein Rekursrecht zustehe, nicht zu folgen, denn nach der heute herrschenden Praxis hat das Gericht nicht jede Erbserklärung anzunehmen, vielmehr solche Erbserklärungen, von denen von vornherein feststeht, daß sie zu keiner Einantwortung führen können, zurückzuweisen. Da die widerrechtliche Annahme einer Erbserklärung im Hinblick auf § 125 AußstrG. eine Verzögerung der Abhandlung und unnötige Kosten verursachen kann, muß auch einem Miterben das Rekursrecht zuerkannt werden, weil durch die Annahme der Erbserklärung seine Rechtsstellung im Abhandlungsverfahren wesentlich beeinträchtigt wird.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes hat der Anerbe den Revisionsrekurs mit dem Antrage eingebracht, die Erbserklärung der Agnes H. zurückzuweisen und auszusprechen, daß ihr gegen den Nachlaß keinerlei Rechte zustehen, allenfalls den angefochtenen Beschluß aufzuheben oder dahin abzuändern, daß auch sämtliche Erben zu gleichen Teilen den Erbteil der Agnes H. aufzubringen haben.

Der Revisionsrekurs wird darauf gestützt, daß der angefochtene Beschluß aktenwidrig und offenbar gesetzwidrig sei.

Diese Rekursgrunde liegen nicht vor.

Da der bestätigte Beschluß, abgesehen von nicht angefochtenen Gebührenbestimmungen, nur die Annahme der Erbserklärung der Agnes H. enthält, hat der Oberste Gerichtshof seine Überprüfung auf diesen Ausspruch zu beschränken und sich nicht damit zu befassen, wie die Erbteilung vorzunehmen ist.

Die Rechtsansicht der Untergerichte, daß bis zur Einantwortung des Nachlasses ohne Rücksicht auf ein Erbenübereinkommen Erbserklärungen anzunehmen sind, entspricht der Lehre und der Praxis. Es gibt auch keine gesetzliche Vorschrift, die das Gegenteil bestimmte. Daher kann die Annahme der Erbserklärung keine offenbare Gesetzwidrigkeit darstellen.

Daß die Untergerichte eine Ausschlagung der Erbschaft durch Agnes H. nicht als gegeben ansahen, ist ebenfalls nicht offenbar gesetzwidrig.

Am 28. September 1945, als die Genannte zu Protokoll gab, daß sie sich mit 2000 RM zufrieden gebe und keine weiteren Ansprüche stelle, galt noch das Reichserbhofgesetz, wie aus den §§ 2, 8 des Gesetzes vom 21. März 1947, BGBl. Nr. 85, erhellt. Nach dem Reichserbhofgesetz stand der Agnes H. kein Erbrecht zu. In der später auf Grund des Kärntner Höferechtes weitergeführten Abhandlung muß daher die auf dem aufgehobenen Gesetze beruhende Erklärung der Agnes H. nicht unbedingt als eine Erbschaftsausschlagung gedeutet werden. Auch kann die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes, die Genannte habe damals auf ein Recht, das ihr nicht zustand, nicht verzichten können, keineswegs als offenbar gesetzwidrig bezeichnet werden.

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