OGH 3Ob446/53

OGH3Ob446/5324.6.1953

SZ 26/165

Normen

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §879
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §7
UrhG §74
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §879
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §7
UrhG §74

 

Spruch:

Unlauterer Wettbewerb durch Systemvergleich.

Entscheidung vom 24. Juni 1953, 3 Ob 446/53.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Im Verlag des beklagten G.-Bundes ist die Schrift "Neues Wohnen" erschienen, die für einen, wie sie behauptet, "neuen Wohnungsstil" Propaganda macht und gegen die "Vollrundbaugarnituren" Stellung nimmt. Auf Seite 55 wird die Photographie eines Zimmers im "Vollrundbaustil", wiedergegeben; die Legende zu dieser Photographie lautet: "Ein noch verhältnismäßig harmloses Beispiel einer "modernen" Vollrundbaugarnitur. Die protzig überdimensionierten Formen dieser Möbel passen ebensowenig in unsere kleinen Wohnräume wie ein dreistöckiges Haus in einen Schrebergarten." Die angeführte Photographie ist einem Prospekt der gefährdeten Partei, überschrieben "G.-Möbel", entnommen.

Die gefährdete Partei begehrt die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, den Beklagten zu verbieten, daß sie eine mit einem Texte versehene Abbildung einer Wohnzimmereinrichtung in den Verkehr bringen und vertreiben.

Das Erstgericht wies den Antrag hinsichtlich des beklagten G.Bundes mit der Begründung ab, der Kläger habe nicht bescheinigt, daß jener das genannte Buch herausgegeben habe, denn im Handelsregister sei die offene Handelsgesellschaft: "Verlag des G.Bundes Friedrich K. & Co." eingetragen. Gesellschafter seien der G.Bund in Wien, Friedrich K., Josef Z. und Leopold F. Vertretungsbefugt sei Leopold F. gemeinsam mit Josef Z. oder Friedrich K.

Das Rekursgericht hat die einstweilige Verfügung bewilligt und ausgeführt, durch den Handelsregisterauszug sei bescheinigt, daß der G.Bund Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft "Verlag des G.Bundes Friedrich K. & Co." sei. Er hafte daher gemäß § 128 Handelsgesetzbuch für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft, auch für solche aus unerlaubten Handlungen im Sinne des § 1 UWG. Daher könne der Kläger von ihm die Unterlassung der Verbreitung begehren.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des beklagten G.Bundes nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es mag dahingestellt bleiben, ob das Erstgericht berechtigt war, den vorgelegten Handelsregisterauszug zu berücksichtigen, weil die Heranziehung von Beweis- oder Bescheinigungsmitteln auch gegen bestehende gesetzliche Vorschriften im Rechtsmittelverfahren nicht gerügt werden kann, da durch die Heranziehung die Entscheidung niemals unrichtig werden kann. Das hat der Oberste Gerichtshof rücksichtlich des rechtsähnlichen Falles der Verletzung des Neuerungsverbotes wiederholt ausgesprochen.

Übrigens kommt es auf den vorgelegten Handelsregisterauszug gar nicht an, da nach dem Impressum der vorgelegten Eingriffschrift diese nicht im Verlag der registrierten Firma "Verlag des G.Bundes Friedrich K. & Co." erschienen ist, sondern im Verlag des G.Bundes. Damit ist bescheinigt, daß der G.Bund die vorgelegte Schrift verlegt hat. Ob er dazu gewerberechtlich berechtigt war oder nicht, ist für die Entscheidung bedeutungslos. Maßgebend ist, daß er sich nach dem Impressum als Verleger betätigt hat und das genügt, um ihn als passiv-legitimiert anzusehen, da nicht glaubhaft gemacht worden ist, daß das Impressum "Verlag des G.Bundes" gegen den Willen und ohne Wissen des G.Bundes in das Titelblatt aufgenommen worden ist oder daß diese Schrift ohne sein Wissen und gegen seinen Willen vertrieben worden ist.

Es ist aber auch der Unterlassungsanspruch bescheinigt.

Der Oberste Gerichtshof hält in konstanter Praxis seit der Entscheidung ZBl. 56 Nr. 185 daran fest, daß der kritische Vergleich mehrerer Systemegrundsätzlich zulässig ist. Anderseits hat aber der Oberste Gerichtshof immer darauf Gewicht gelegt, daß der Vergleich mehrerer Auffassungen nicht dazu mißbraucht werden darf, um unter dem Scheine des Systemvergleichs gegen eine bestimmte Firma Propaganda zu treiben. Das ist aber der Fall, wenn eine Schrift, die für die Möbel, die nach dem System gewisser "moderner" Ansichten gebaut sind, Propaganda macht, unter Hinweis auf die Erzeugnisse einer bestimmten Firma diese als "protzig überdimensioniert" bezeichnet werden, die sich in kleinen Wohnräumen ausnehmen, wie "ein dreistöckiges Haus in einem Schrebergarten". Eine solche herabsetzende Propaganda für die "modernen Möbel", also zugunsten der diese Möbel erzeugenden Firmen und der diese Möbeltypen planenden Architekten auf seine Kosten muß sich der Antragsteller nicht gefallen lassen. Daß er in dem Prospekt nicht namentlich bezeichnet wird, tut nichts zur Sache, weil es offenbar ist, daß die inkriminierte Photographie dem Prospekt Beilage B entnommen ist, und jeder, der solche Prospekte kennt, die Photographie im "Neuen Wohnen" sofort als Abbild dieser Prospekte erkennt.

Die Handlungsweise der Rekurswerberin fällt demnach unter § 1 UWG., da im Sinne der Entscheidung Rsp. 1932 Nr. 277 auch die Voraussetzungen des Handelns im geschäftlichen Verkehr vorliegen, ganz abgesehen davon, daß die Nachbildung auch § 74 Urheberrechtsgesetz verletzt.

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