OGH 3Ob251/53

OGH3Ob251/5320.5.1953

SZ 26/130

Normen

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §922
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §931
Zivilprozeßordnung §41
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §922
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §931
Zivilprozeßordnung §41

 

Spruch:

Kosten eines Gewährleistungs- oder Eviktionsprozesses sind vom Gewährleistungspflichtigen nur dann zu ersetzen, wenn ihm ein Verschulden bei der Veräußerung zur Last fällt.

Entscheidung vom 20. Mai 1953, 3 Ob 251/53.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Nach den Feststellungen des Erstrichters wurde mit Bescheid der Landeshauptmannschaft Steiermark vom 29. Juni 1946 ein dem Josef N. gehöriger Personenkraftwagen gemäß § 15 des Reichsleistungsgesetzes für den Beklagten Willibald N. zur Verfügung in Anspruch genommen. Dieser überwies den Schätzbetrag von 800 S an Josef N., der ihn zu Gericht erlegte.

Der Beklagte verkaufte den Kraftwagen um 16.000 S an den Kläger, dieser vertauschte ihn an Herbert N., der ihn dem Karl G. verkaufte. Nachdem der erwähnte Beorderungsbescheid mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1950 wegen Gesetzwidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden war, stellte Karl G. den Kraftwagen an N. zurück; auch der Regreßanspruch des Karl G. gegen Herbert N. wurde bereinigt, worauf Herbert N. den Kläger zu 5 Cg 42/52 des Kreisgerichtes Leoben aus dem Titel der Gewährleistung auf Wandelung des Tauschvertrages und Zahlung von 15.000 S klagte. Der Kläger verkundigte seinem Vormanne Willibald N. den Streit, doch dieser lehnte es ab, sich als Nebenintervenient am Verfahren zu beteiligen.

Dem Klagebegehren des Herbert N. wurde rechtskräftig stattgegeben.

Der Kläger begehrt nun in der vorliegenden Klage aus dem Titel der Gewährleistung Aufhebung des mit dem Beklagten Willibald N. im Feber 1949 geschlossenen Kaufvertrages und Verurteilung des Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises von 16.000 S s. A. und von 2893.40 S s. A. an Kosten des Verfahrens 5 Cg 52/52 des Kreisgerichtes Leoben.

Der Beklagte wendete ein, er habe gemäß § 367 ABGB. am Kraftwagen Eigentum erworben. Außerdem machte er eine Gegenforderung von 16.000 S mit der Begründung geltend, daß er den Kraftwagen als Wrack übernommen und unter Aufwendungen von 16.000 S fahrbereit gemacht habe.

Das Gericht erster Instanz hat den Kaufvertrag aufgehoben und dem Kläger16.000 S s. A. zugesprochen. Das Mehrbegehren wies es mit der Begründung ab daß die Voraussetzungen für eine Schadenersatzpflicht des Beklagten nicht gegeben seien.

Das Berufungsgericht bestätigte den stattgebenden Ausspruch und verurteilte den Beklagten auch zum Ersatz von 2688.04 S s. A. an Kosten des Vorprozesses.

Es führte aus, der Beklagte sei nicht durch § 367 ABGB. geschützt, da die Landeshauptmannschaft Steiermark nicht als befugter Gewerbsmann anzusehen sei.

Der Beklagte könne auch seine Aufwendungen nicht mit Erfolg geltend machen, da ihm vom Kläger im Vorprozeß der Streit verkundet worden war und der Beklagte eine Intervention ablehnte.

Der Kläger sei berechtigt, aus dem Titel des Schadenersatzes Erstattung der Kosten des Vorprozesses zu begehren, da es der Beklagte in prozessualer Fahrlässigkeit unterlassen habe, auf Grund der Streitverkündigung den Sachverhalt zwecks Vermeidung des Vorprozesses klarzustellen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten teilweise Folge und stellte das Urteil des Prozeßgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Aufhebung des gesetzwidrigen Reichsleistungsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof hat zur Folge, daß es an einem Titel zum Erwerbe des Eigentums des Beklagten und seiner Nachmänner fehlt. Die Anwendung des § 367 ABGB. kommt aus dem Gründe nicht in Frage, weil die auf Grund des § 15 RLG. beabsichtigte Eigentumsübertragung aus einem öffentlich-rechtlichen Titel hätte erfolgen sollen. In solchen Fällen sind die Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches nicht anwendbar. Einen Kaufvertrag hat der Beklagte mit der Landeshauptmannschaft nicht abgeschlossen, wie aus deren Akt erhellt. Daß die Ware dem Eigentümer zurückgestellt werden mußte, schließt die Wandelung nicht aus, denn bei Geltendmachung des Gewährleistungsanspruches wegen Eviktion der Ware durch den Eigentümer liegt es in der Natur der Sache, daß der Käufer die Ware dem Verkäufer nicht zurückstellen kann. Dieser ist dadurch nicht beschwert, da er selbst auch zur Rückstellung verpflichtet wäre.

Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Unterlassung der Streitverkündigung durch die Nachmänner des Klägers nicht ins Gewicht fällt. Entscheidend ist, daß der Kläger dem Beklagten gemäß § 931 ABGB. den Streit verkundet hat, denn er hätte bei gehöriger Vertretung durch den Beklagten die von diesem behauptete Gegenforderung wider den Anspruch des Herbert N. einwenden können; hiebei wird allerdings vorausgesetzt, daß nicht Herbert N. dem Kläger den Streit verkundet hatte und der Kläger nicht in den gleichen Fehler verfallen war wie der Beklagte. Träfe dies zu, dann hätte der Kläger trotz Nebenintervention des Beklagten die Gegenforderung gegenüber Herbert N. nicht mit Erfolg geltend machen können und es stunde ihm kein Rückgriff auf den Beklagten zu. Ein solcher Sachverhalt wurde aber nicht behauptet; das Berufungsgericht geht vielmehr unangefochten von der Annahme aus, daß die Nachmänner des Klägers keinen Streit verkundet haben. Demnach steht dem Beklagten die Gegenforderung nicht zu; bei dieser Rechtslage bestand kein Anlaß, über die Kosten der Instandsetzung des Kraftwagens durch den Beklagten Beweise aufzunehmen.

Die Mängelrüge ist daher nicht begrundet. Soweit sie sich dagegen wendet, daß das Berufungsgericht nicht berücksichtigt habe, daß der Kläger den Wagen längere Zeit benützt habe und daher um diese Benützung bereichert sei, ist sie unbeachtlich, weil die Berufung einen Mangel in dieser Richtung gar nicht geltend gemacht hat. Im übrigen hat das Berufungsgericht eine Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens verneint; es kann daher nach ständiger Praxis ein bereits im Berufungsverfahren verneinter Mangel nicht neuerlich im Revisionsverfahren geltend gemacht werden.

Es konnte infolgedessen der Revision gegen den bestätigten Teil des Berufungsurteiles keine Folge gegeben werden.

Dagegen ist die Revision begrundet, soweit sie sich gegen den abändernden Teil des Berufungsurteils wendet.

Kosten eines Gewährleistungs-, bzw. Eviktionsprozesses sind vom Gewährleistungspflichtigen nur dann zu ersetzen, wenn ihm ein Verschulden bei der Veräußerung zur Last fällt. Das ist zweifellos nicht der Fall, weil Beklagter durch den Beorderungsbescheid gedeckt war und annehmen konnte, die Abordnung gehe in Ordnung. Daß er sich am Vorprozeß trotz Streitverkündigung nicht beteiligt hat, bewirkt nur, daß ihm das Recht genommen ist, geltend zu machen, daß der Kläger gewisse Einwendungen hätte erheben sollen und daß dann das Ergebnis der Vorprozesse für ihn günstiger gewesen wäre. Eine Prozeßkostenersatzpflicht trifft ihn aber nicht, weil ihm keine Verpflichtung zur Beistandsleistung obliegt.

Es war daher das erstrichterliche Urteil in diesem Punkte wieder herzustellen.

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