OGH 2Ob30/53

OGH2Ob30/538.4.1953

SZ 26/89

Normen

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §901
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §914
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1170a
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §901
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §914
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1170a

 

Spruch:

Unterschied zwischen einem Pauschalpreis und einem Schätzungsanschlag.

Entscheidung vom 8. April 1953, 2 Ob 30/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Raab; II. Instanz: Kreisgericht Ried i.

I.

Text

Im Zug der zwischen den Streitteilen gepflogenen Verhandlungen über die Wiederherstellung eines dem Beklagten gehörenden beschädigten Bauernwagens erklärte der Kläger, "die Arbeit werde nicht mehr als 800 S kosten, weil das ganze Eisen vorhanden sei." Der Beklagte hat daraufhin die Herstellung des Werkes dem Kläger übertragen, während er diese Arbeit sonst einem anderen Schmiedemeister, der hiefür 800 bis 900 S verlangt hatte, hätte zukommen lassen. Der Kläger verrechnete jedoch dem Beklagten nach der Durchführung der Arbeiten einen Betrag von 1513 S und begehrte, da dieser nur 800 S bezahlen wollte, seine Verurteilung zur Zahlung des Mehrbetrages von 713 S.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht wies es ab.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte das Urteil des Berufungsgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Es ist von der Feststellung auszugehen, daß bei den Verhandlungen über den abzuschließenden Werkvertrag ("bei dem Anbot des Klägers") der Kläger als Unternehmer ein Entgelt von "nicht mehr als 800 S" oder von "700 bis 800 S" genannt hat, "weil das ganze Eisen vorhanden sei", und daß der Beklagte als Besteller daraufhin mit der Herstellung des Werkes durch den Kläger einverstanden war. Den Untergerichten ist darin beizupflichten - und dies ist ja auch der Standpunkt der Revision -, daß nach dieser Feststellung in der Erklärung des Klägers nicht die Erstattung eines Kostenvoranschlages erblickt werden kann - mangels einer Zergliederung des genannten Entgeltes, einer endgültigen, ausführlichen Berechnung der mutmaßlichen Kosten, getrennt nach Arbeit, Material usw. (Ehrenzweig, Obligationenrecht, 1928, S. 524; Klang - Höller, Kommentar, 2. Auflage, zu § 1170 a ABGB., S. 420 f.). Die streitentscheidende Frage ist sonach nur die, ob in der Erklärung des Klägers das Anbot eines nach oben limitierten Gesamtpreises (Pauschalentgeltes) oder bloß ein "Schätzungsanschlag", ein "summarischer Überschlag" (Ehrenzweig, a. a. O.) zu erblicken ist, wie also die Erklärung des Klägers auszulegen ist. Wird berücksichtigt, daß die Erklärung des Klägers nach Feststellung der Untergerichte aus Anlaß der Einholung seines Anbotes, betreffend die entgeltliche Herstellung des Werkes, abgegeben worden ist und daß dieser Erklärung vom Kläger kein Vorbehalt beigesetzt wurde, in dem Sinne, daß die genannte Entgeltsangabe nur eine beiläufige sei, daß Beklagter unter Unständen mit einer Erhöhung dieses Entgeltes rechnen müsse, kann die Erklärung des Klägers nach der Übung des redlichen Verkehres (§ 914 ABGB.) nur alsVersprechen der Einhaltung des genannten Höchstpreises und nicht als bloße Wissenserklärung in der Art eines Sachverständigengutachtens über die beiläufigen Kosten verstanden werden, noch kann nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten ein Vorbehalt im gedachten Sinne als stillschweigend (§ 863 ABGB.) beigesetzt angenommen werden. Insbesondere kann ein solcher Vorbehalt nicht stillschweigend oder schlüssig in der vom Kläger beigesetzten Begründung erblickt werden, "daß das ganze Eisen vorhanden sei", denn, wenn dieser Umstand vielleicht auch der Beweggrund des Klägers war, wurde er doch nach dem Inhalt der Erklärung des Klägers nicht von ihm zur ausdrücklichen Bedingung gemacht (§ 901 ABGB.). Auch der Umstand, daß kein fester Betrag als Entgelt vereinbart wurde, sondern nur ein Höchstbetrag, tut der Verbindlichkeit der Vereinbarung keinen Abbruch, während die Nennung eines unteren Limits, eines Mindestpreises, durch den Kläger in diesem Zusammenhang überhaupt jeder Bedeutung entbehrt, da die Unterschreitung des Mindestpreises für den Beklagten ja nur von Vorteil wäre und sohin die Nennung eines Mindestpreises offenbar nur den Zweck hatte, im Beklagten die Hoffnung zu erwecken, allenfalls noch unter dem Höchstpreis bedient zu werden.

Wenn das Berufungsgericht festgestellt hat, daß die Herstellung des Werkes um ein Entgelt von höchstens 800 S schon nach Besichtigung des vorrätigen Eisens durch den Kläger vereinbart wurde, ist es für die Entscheidung des Rechtsstreites unerheblich, wenn der Beklagte dem Kläger später noch weiteres Eisen zur Verfügung gestellt haben sollte (nach der Zeugenaussage des J. B.), denn daraus könnte allenfalls der Anspruch auf eine Preisermäßigung, nicht aber auf eine Preiserhöhung abgeleitet werden. Daß aber diese Draufgabe von Eisen durch den Beklagten von allem Anfange an vereinbart war und daß das vom Beklagten daraufgegebene Eisen den Vereinbarungen nicht entsprochen hat, ist vom Kläger nicht behauptet worden.

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